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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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war ein Zufall. Sie saß mit ein paar Bekannten an einem kleinen Platz.« Es war ein Zufall, dachte er. Als er sie das erste Mal auf dem Platz gesehen hatte, war es ein Zufall gewesen. Und dann zerrte irgendwas an seinen Beinen, und er ist wieder hingegangen. Die Trauer, die Gedanken. Vielleicht die Scham. »Ich hab sie begrüßt und bin sitzen geblieben und hab ein wenig Wein getrunken.«
    »Und das war alles?« »Im Prinzip war es das.« »Im Prinzip?«
    »Ja. Ich bin dann mit ihr nach Hause gegangen und hab noch ein bisschen Wein getrunken und... das war wirklich alles. Das meiste war Taxifahrerei und ein früher Sonnenaufgang über Torremolinos.«
    »Torremolinos?«
    »Dort wohnt sie.«
    »Und du bist mitgefahren, um dir den Sonnenaufgang anzusehen? Du bist wirklich ein sehr ehrgeiziger Tourist, Erik. Drängst dich in die Wohnung von einer fremden Frau oder was sie nun war, nur um Sonnenaufgänge anzusehen.«
    »Angela... ich weiß. Ich hätte nicht mitgehen sollen, und ich... wollte auch nicht. Das war nicht ich... es war all das andere. Aber ich schwöre dir... es ist nichts passiert.«
    »Warum soll ich das glauben?«
    »Weil es wahr ist.«
    »Ha.« Sie sah wieder aus dem Fenster. »Haha.« »Ich weiß nicht, wie ich dir... wir können sie fragen, wenn du willst.«
    »Sei nicht albern.«
    »Ich sage jetzt wirklich die Wahrheit. Wir sind zu ihr gekommen, wir haben ein Glas Wein getrunken, und ich hab eine Weile geschlafen... im Wohnzimmer. Sie hat nicht versucht, mich zu verführen, und ich hab auch nichts getan.«
    »Ihr seid ja beide richtige Gentlemen.« Er stand auf. Sein Rücken war schweißnass geworden. Er wusste nicht, was er jetzt tun oder sagen sollte. »Es war nur... eine Rastlosigkeit«, sagte er. »Es war wohl ein bisschen mehr.« »Was meinst du?«
    »Das hier unter anderem«, sagte sie und zeigte auf ihren Bauch.
    »Zum Teufel, Angela!« »Jetzt fluchst du wieder.« »Das darfst du nicht sagen.«
    »Vielleicht ist es die Wahrheit. Hier können wir uns ja Wahrheiten sagen, oder? Vielleicht bist du nicht der Mann, der eine Familie haben sollte.«
    »Du täuschst dich, du täuschst dich gewaltig.« Er setzte sich wieder, versuchte ihre Hand zu nehmen, sie ließ es aber nicht zu. »Ich freue mich so auf das Kind. Ich freue mich über alles.« Jetzt nahm er ihre Hand. »Du musst mir glauben, Angela.«
    »Alles, was du sagst?«
    »Ja.«
    »Warum hast du den Brief nicht einfach weggeworfen?«
    »Das ist eine gute Frage. Ich wollte es tun. Ich weiß nicht. Vielleicht, weil es mir im Allgemeinen schwer fällt, Papier wegzuwerfen. Für mich wird alles zu Dokumenten. Aussagen. Berichte. Du weißt ja.«
    »Hast du denn zurückberichtet?«
    »Wie?«
    »Hast du auf den Brief geantwortet?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Und das soll ich auch glauben?«
    »Es ist die reine Wahrheit.«
    Er fand sich mit der Rolle ab. Nein, nicht mit der Rolle, mit der Situation. Es war ein Verhör. Er war der Verdächtige, und sie war es, die das Verhör leitete. Und sie war gut. Sie ist besser als ich, dachte er.
    So funktionierte das also, die Suche nach der Wahrheit in den Lücken zwischen den Worten des Verdächtigen. In den Lücken befanden sich vielleicht Fragmente der Wahrheit. Es war die Wahrheit, zwischen all dem Wichtigen und Wesentlichen war es die Wahrheit, und er musste einen skeptischen Verhörleiter davon überzeugen. Das würde jetzt nicht gelingen. Das Verhör würde weitergehen, noch lange.
    Aneta Djanali spürte die Sonne in den Augen. In der Kurve wurden die Fahrer geblendet. Gleich kracht es ordentlich, dachte sie. In der Höhe der Keksfabrik Pääls nahm sie den Duft von frisch Gebackenem wahr. Halders sah stur geradeaus, in den weißen Schein, wie um ihr den richtigen Weg zu weisen.
    Bei der Abfahrt Järnbrott bog sie von der Schnellstraße ab,. und plötzlich hatte sie ihr Sehvermögen wieder.
    »Das Spielchen kann wieder beginnen«, sagte Halders und zeigte auf die meterhohen Schneewälle entlang der Straßenränder. »Schnee«, erklärte er und drehte sich zu Aneta Djanali um. »Das heißt Schnee.«
    Here we go again, dachte sie.
    Halders machte sich einen Spaß daraus, sie mit ihrer afrikanischen Herkunft aufzuziehen. Ich bin im Östra-Krankenhaus geboren, aber das ignoriert Fredrik einfach, dachte sie und bog nach links ab.
    »Tannenbaum.« Halders zeigte auf einen geschmückten Baum, der vor einer Garageneinfahrt stand. »Es gibt viele davon«, sagte er und zeigte auf weitere Tannenbäume.

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