Das vertauschte Gesicht
Augen an.
»Nicht viele Male.«
»Haben Sie schon hier gearbeitet, als Valkers eingezogen sind?«
»Ich hab immer hier gearbeitet«, sagte der Mann und hustete ein Lachen, das zu einem unangenehmen Raucherhusten wurde, und Winter dachte an seinen Frühstücksnachbarn bei Gaspar in Marbella.
Der Hausmeister hustete sich den Hals frei und ließ die Kippe in die Flasche fallen, wo sie mit einem Zischen erlosch. Er zündete sich eine neue Zigarette an und wartete auf die nächste Frage.
»Aber getroffen haben Sie Valkers?« Wir nehmen uns später jeden einzeln vor, dachte Winter.
»Getroffen, ich weiß nicht. Klar, irgendwo ist man sich über den Weg gelaufen. Aber in der Wohnung war ich nie.«
»Nie?«
»Er konnte die Dichtungen wohl selber wechseln.« Der Alte rauchte wieder, zielte auf die Flasche. »Das ist wie mit Ihnen. Ich bin auch für das Haus zuständig, in dem Sie wohnen, aber mit Ihnen hab ich noch nie geredet. Ich hab Sie gesehen, aber das ist nicht dasselbe.« Er sah zur Decke hinauf und dann wieder Winter an. »Andererseits bin ich für Ihr Haus erst seit ein paar Monaten zuständig.«
»Haben Sie mal mit Christian Valker gesprochen?«
»Nein.«
»Mit ihr? Louise?«
»Ja, irgendwann mal...« Die Falte erschien wieder zwischen den Augenbrauen des Hausmeisters. »Einmal hat sie mich gefragt, ob... tja, komisch... ich kann mich jetzt nicht mehr erinnern.«
»Da ist nichts, was Sie nachdenklich gemacht hat im Zusammenhang mit Valkers? Oder einem von beiden?«
»Was sollte das sein?«
»Ihre Besucher.« Winter hustete wieder, wandte sich ab. »Zum Beispiel, ob sie Besuch hatten.«
»In diesem Haus kommen und gehen die Leute wie in allen anderen Häusern. Man weiß doch nicht, wer wen besucht. Und ich renn nicht unnötig im Treppenhaus rum, wenn ich es so ausdrücken darf.«
Winter nickte.
»Aber gefeiert haben sie wohl mal«, sagte der Hausmeister. »Ach?«
»Irgendwann war es da ziemlich laut.« »Und wie?« Winter nickte aufmunternd.
»Da kamen und gingen ein paar Leute. Irgendwann, als ci h abends was an der Beleuchtung im Treppenhaus reparieren musste, hab ich mal was gehört.« Er langte wieder nach der Zigarettenschachtel, aber sie war leer. »Könnte aber auch jemand anders gewesen sein.«
Winter nickte wieder.
»Nee, ich erinnere mich nicht, ob die das waren«, sagte der Mann. »Sind wir bald fertig? Ich muss mal zum Kiosk.« Er wedelte mit der leeren Schachtel. »Die sind alle.«
Winter erkundigte sich nach kaputten Lampen im Treppenhaus und nach dem Datum.
»Himmel, wie du riechst«, sagte Angela, als sie ihm im Flur entgegenkam. »Ein Zeuge hat wie ein Verrückter gequalmt.« »Erlaubst du das denn?«
»Ich war bei ihm. Es war übrigens unser Hausmeister.« »Ist hier denn was passiert?«
»Nicht hier. Aber er ist auch für das andere Gebäude zuständig «, sagte Winter mit einer Kopfbewegung.
»Und hat er dir was Neues sagen können?«
»Nicht mehr als das, was er früher schon ausgesagt hat.«
Ihm macht es vor allem Spaß, wichtig zu sein, dachte Winter.
»Zieh dich aus und geh unter die Dusche«, sagte Angela.
Winter stellte die Schweinsledertasche auf den Fußboden neben die Schuhablage, zog Mantel und Sakko aus und hängte die Sachen auf. Während er ins Bad ging, knöpfte er sich das Hemd auf, dort zog er sich aus und legte alles bis auf die Hose in den großen Wäschekorb, den Angela ihm gebracht hatte.
Er zog die Tür zu, stellte sich unter die Dusche und wollte gerade das Wasser aufdrehen, als Angela aus dem Wohnzimmer rief. Er brüllte, dass er sie nicht verstehen könne, und sie öffnete die Tür.
»Ich such nach der Bescheinigung von der Mütterberatungsstelle«, sagte sie. »Ich glaub, du hast sie in deine Brieftasche gesteckt, als wir dort waren. Es ist ja schon eine Weile her, aber ich möchte gern etwas nachsehen.«
»Dann ist sie wohl in meiner Brieftasche«, sagte er, »draußen im Flur.« Sie ging, und er zog den Duschvorhang wieder vor und stellte das Wasser an. Er merkte, wie der derbe Tabakgeruch schwächer wurde und schließlich verschwand, als er sich Shampoo ins Haar massierte. Er versuchte an nichts zu denken und spülte gerade den Schaum aus seinem Haar, als er einen Ruf aus dem Flur hörte. Er stellte das Wasser ab.
»Was?«
Er bekam keine Antwort und rief wieder. Keine Antwort. »Angela?«
Er schob den Vorhang zurück, griff das Handtuch vom Haken und rubbelte sich flüchtig Haare, Schultern und Bauch trocken. Er trocknete die Füße
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