Das verwundete Land - Covenant 04
brachte ein knappes Lächeln zustande. »Der Ur-Lord hat sein Einverständnis erteilt. Sei wohlgemuten Herzens. Ein wenig Wärme wird uns große Erleichterung verschaffen.«
Covenant stand mühsam auf und sah benommen zu, wie sich Sunder dem dicksten, dichtesten Teil der Ansammlung von Dornbüschen näherte. Am Kinn des Steinmeisters verkrampften und lockerten sich unregelmäßig die Muskeln, nicht anders als bei einem Herz, das zu versagen drohte. Dennoch zögerte er nicht. Er streckte seine linke Hand in die Dornen, preßte den Unterarm an eine der stacheligen Dornen und fügte daran seiner Haut einen Schnitt zu. Aus Ermüdung, Kälte und aufgrund der Last seiner Verantwortung war Covenant viel zu gelähmt, um zu reagieren. Linden zuckte zusammen, rührte sich jedoch nicht. Mit einem Schaudern verschmierte Sunder das Blut, das aus der Wunde quoll, auf den Händen und im Gesicht, dann holte er seinen Orkrest hervor. Er hielt den Sonnenstein so, daß frisches Blut aus der Verletzung auf ihn rann, und fing an zu singen. Für einen längeren Moment ereignete sich nichts. Covenant bebte bis ins Mark seiner Knochen, nahm bereits an, daß Sunder ohne direkten Sonnenschein der Erfolg versagt bleiben müsse. Doch auf einmal glomm in dem transluzenten Stein ein roter Glanz auf. Ein energetischer Strahl in der Farbe von Sunders Blut schoß in die Richtung der Sonne. Mittlerweile war die Sonne hinter eine Hügelkette gesunken, aber das Terrain, das sich zwischen dem Orkrest und der Sonne erstreckte, beeinträchtigte die Wirkung des Sonnensteins nicht. Sunders rötlicher Strahl entfernte sich zur verborgenen Position der Sonne. In einigem Abstand von der Bucht verschwand der Strahl in den dunklen unteren Bereichen der Hügel; aber allem Anschein nach traf die geradewegs ausgerichtete, helle Energie auf kein Hindernis. Indem er weitersang, bewegte Sunder seine Hände, so daß der Strahl auf den dicken Stamm eines Dornbuschs fiel. Fast augenblicklich schlugen Flammen aus dem Holz. Sobald der Stamm unwiderruflich brannte, lenkte Sunder die Energie auf die benachbarten Äste. Die Büsche waren durchnäßt und innen prall von Saft; der Energiestrahl jedoch entflammte ohne Schwierigkeiten weitere Stämme und Zweige, und das Dickicht war so dicht gewuchert, daß die Flammen einander noch stärker anfachten. Innerhalb kurzer Zeit hatte er ein Feuer entzündet, das sich von selbst nährte. Er verstummte, und der mit Blut geschaffene Energiestrahl erlosch. Indem er vor Entkräftung torkelte, suchte Sunder das Flußufer auf, um sich und den Sonnenstein zu waschen.
Covenant und Linden lagerten sich in der Nähe des Feuers. Rings um sie verdüsterte sich das Zwielicht. Im Rücken der beiden klang der Mithil wie die Atmung eines Meers. Im Feuerschein konnte Covenant erkennen, daß Lindens Lippen blau waren vor Kälte; ihr Gesicht war blutleer. Ihre Augen spiegelten die Flammen wider, als wären sie der Sicht für alles andere beraubt. Ingrimmig hoffte Covenant, sie werde irgendwie den Willen oder die Entschlossenheit zum Durchhalten finden.
Wenig später kam Sunder wieder; er trug das Netz mit den restlichen Ussusimiel . Linden machte Anstalten, sich um seinen Arm zu kümmern; doch er lehnte gelassen ab. »Ich bin Steinmeister«, sagte er leise. »Wäre die Heilung bei mir von langsamer Natur, mir wäre eine solche Aufgabe nicht zugefallen.« Er hob den Unterarm, um ihr zu zeigen, daß die Blutung bereits aufgehört hatte. Dann setzte er sich nahe bei den Flammen nieder und begann für das Abendessen Melonen in Stücke zu schneiden.
Alle drei aßen in völligem Schweigen, bereiteten sich ebenso gänzlich schweigsam auf die Nacht vor. Covenant forschte in seinem Innern nach genügend Mut, um noch einen Tag in derartigem Regen durchhalten zu können. Er vermutete, daß seine Begleiter das gleiche taten. Sie hüllten sich alle drei in ihre persönliche Bedrängnis wie in Totenhemden und schliefen jeder für sich allein.
Der nächste Tag übertraf Covenants ärgste Erwartungen. Sobald Wolkengebirge die Ebenen einschlossen, schwoll der Wind zu wütendem Stürmen an, wühlte den Fluß dermaßen auf, daß er zu brodeln und zu schäumen begann, und ließ den Regen herabschlagen wie die Stacheln einer Geißel. Am Himmel jagten einander Blitz und Donner. Im unausgesetzten Gelohe wirkte der Himmel zusehends so gespenstisch wie der Zusammenbruch des Firmaments, scholl so laut wie eine Lawine. Das Floß schwamm auf der Strömung wie totes Holz,
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