Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Bekenntnis seiner Bangigkeit erzeugte in Covenant ein Schuldgefühl. »Zugleich bist du der einzige Grund«, sagte er, um Sunders Stimmung entgegenzuwirken, »weshalb wir noch am Leben sind.«
    »Ja«, antwortete der Steinmeister, als lausche er nicht Covenant, sondern den eigenen Gedanken.
    »Ja!« schnauzte Covenant. »Und eines Tages wird jedes Steinhausen wissen, daß das Dasein mit dem Sonnenübel nicht die einzige Art ist zu leben. Wenn dieser Tag da ist, wirst du so gut wie die einzige Person im Land sein, die den Menschen irgend etwas beibringen kann.«
    Eine Zeitlang schwieg Sunder. »Was sollte ich sie lehren?« fragte er dann grüblerisch nach.
    »Das Land wiederherzustellen.« Mit voller Absicht richtete Covenant seine leidenschaftliche Entgegnung auch an Linden. »Es war einmal ein Land solchen Heils, derartiger Schönheit ... Hättet ihr es gekannt, euch würde jetzt das Herz brechen.« In seiner Stimme schwangen Andeutungen von Zorn und Liebe mit. »Und so kann es wieder werden.« Er starrte die Gefährten an, trotz ihrer Zweifel.
    Linden wich seinem Blick aus; aber Sunder drehte sich Covenant zu und stellte sich seiner Erbitterung. »Deine Worte haben keine Bedeutung. Kein Mann und kein Weib vermag am Lande, wie es ist, etwas zu wandeln. Es findet sich auf Gedeih und Verderb in der Gewalt des Sonnenübels.« Er brauste beinahe auf, als Covenant sich anschickte, ihm zu widersprechen. »Und doch sage ich dies zu dir – unternimm den Versuch!« Unvermittelt senkte er den Blick. »Ich kann's nicht länger erdulden zu glauben, daß mein Vater Nassic nichts als ein törichter Narr gewesen ist.« Er nahm das Netz mit den Melonen, entfernte sich angelegentlich und befestigte es mitten auf dem Floß.
    »Ich habe dich verstanden«, murmelte Covenant. Er verspürte einen unerwarteten Drang nach Gewalttätigkeit. »Ich habe verstanden.«
    Linden berührte seinen Arm. »Komm.« Noch immer mied sie seinen Blick. »Hier wird's gefährlich.«
    Stumm schloß Covenant sich an, während Linden und Sunder das Floß ins Wasser schoben. Bald befanden sie sich wieder in der Mitte des Stroms, schwammen unter einer rot umlohten Sonne und einem tiefblauen Himmel mit der Strömung. Die wärmere Luft machte das Wasser nahezu angenehm; und die Geschwindigkeit der Strömung hatte sich im Laufe der Nacht vermindert, so daß es nun leichter fiel, das Floß zu lenken. Doch die Aura der Sonne ließ Covenant keine Ruhe. Selbst in seiner oberflächlichen Sicht kam sie ihm vor wie eine unterschwellige Bedrohung, gefahrvoll und blutrünstig. Deswegen empfand er den warmen Sonnenschein und den klaren Himmel wie die Tarnung eines Hinterhalts. Seine Begleiter teilten mit ihm diesen Eindruck. Sunder steuerte das Floß mit angespannter Wachsamkeit, als rechne er jeden Moment mit einem Überfall. Und Lindens Verhalten bezeugte eine maßlos starke Beunruhigung, die alles übertraf, was sie seit jenem Tag an Besorgnis gezeigt hatte, an dem zum erstenmal die Sonne der Fruchtbarkeit schien.
    Doch nichts geschah, was diese vage Sorge gerechtfertigt hätte. Der Morgen verstrich, während das Wasser seine Kälte verlor, relativ mühelos. Die Luft füllte sich mit Fliegen, Mücken und sonstigen kleinen Insekten, die in der rotstichigen Helligkeit wie vorbotenhafte Falter verborgener Gewalt wirkten; dergleichen konnte jedoch die drei Leidensgefährten nicht daran hindern zu halten, wann immer sie Aliantha erspähten. Allmählich begann sich Covenant aufzulockern. Die Mittagsstunde war vorüber, ehe er merkte, daß der Fluß lebhafter strömte. Während der Regentage war der Mithil direkt nach Norden abgebogen; jetzt verbreiterte er sich unvermutet, floß aufgewühlter. Bald erkannte Covenant die Ursache. Das Floß näherte sich zügig der Einmündung eines anderen Stroms in den Mithil.
    Die Geschwindigkeit ließ dem Trio keine Zeit für irgendwelche Maßnahmen. »Festhalten!« schrie Sunder. Linden strich sich das Haar aus dem Gesicht und klammerte sich fester ans Floß. Covenant stieß seine gefühllosen Finger zwischen die Äste, aus denen das Gefährt bestand. Dann spülte der Mithil das Floß, indem er es drehte und ins Trudeln versetzte, in die turbulente Mitte der Einmündung. Das Floß rotierte um die eigene Achse. Covenant fühlte sich geradewegs durch den Tumult gezerrt, hielt angestrengt den Atem an. Doch gleich gab die Strömung dem Floß eine andere Richtung. Er schnappte nach Luft, schüttelte sich das Wasser aus den Augen und sah, daß

Weitere Kostenlose Bücher