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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hinter mir, vor mir Entsetzliches. Das ist keine Wahl. Das ist Folter.«
    »Es ist eine Wahl!« fuhr Sunder sie barsch an, nicht länger dazu imstande, seine Vehemenz zu bändigen. »Nichts zwingt dich, Tod oder Entsetzliches zu erleiden. Du kannst von uns Abschied nehmen. Eine neue Heimat finden. Eine Zeitlang wird man dir mißtrauen, doch das wird vorübergehen. Kein Steinhausen wird so leichtfertig sein, eine Sonnenseherin zum Opfer zu machen.«
    Seine Äußerungen überraschten Hollian und Linden gleichermaßen. Hollian war die Überlegung, die er ausgesprochen hatte, offenbar noch nicht durch den Kopf gegangen. Und Linden konnte sich nicht vorstellen, warum er ausgerechnet so ein Argument anführte. »Sunder«, meinte sie vorsichtig, »wozu soll das eigentlich gut sein?«
    »Mir ist daran gelegen, sie zu überzeugen.« Er wandte den Blick nicht von Hollian. »Ein Entschluß, der freimütig getroffen wird, ist stärker als eine abgenötigte Entscheidung. Wir bedürfen ihrer Stärke – andernfalls, so fürchte ich, werden wir Schwelgenstein nicht erreichen.«
    Linden suchte ihn zu verstehen. »Willst du damit sagen, daß du jetzt nach Schwelgenstein zu gehen beabsichtigst? «
    »Ich muß«, antwortete Sunder; aber seine Worte galten der Sonnenseherin. »Meinem Leben ist kein anderer Sinn geblieben. Ich muß für die Lügen, die in der Predigt enthalten sind, eine Erklärung haben. Während all der Geschlechter, die unterm Sonnenübel einander nachgefolgt sind, haben die Gefolgsleute im Namen der Predigt Blut gefordert. Nun muß man sie dazu bringen, die Wahrheit zu sprechen.«
    Linden nickte, schenkte ihre Aufmerksamkeit der Sonnenseherin, die über Sunders Argumente nachdachte, eine Antwort suchte. »Zumindest in bezug auf die Aliantha , wenn nicht anders«, sagte sie nach einem Weilchen bedächtig, indem sie Sunders Blick standhielt, »habe ich Anlaß erhalten, an der Predigt zu zweifeln. Und na-Mhoram-Wist Sivit hat auf meinen Tod gesonnen, obwohl's für jedermann offenkundig war, daß ich Steinhausen Kristall großen Nutzen brachte. Wenn du Ur-Lord Covenant im Namen der Wahrheit folgst, nun denn, dann will ich euch begleiten.« Unvermittelt wandte sie sich an Linden. »Aber Andelain werde ich nicht betreten. Das werde ich nicht tun.«
    Linden akzeptierte den Vorbehalt. »Na schön. Also brechen wir auf.« Sie fühlte sich schon zu lange von Covenant getrennt; ihre Sorge um ihn verkrampfte ihre sämtlichen Muskeln. Doch ein letztes Erfordernis hielt sie noch einmal auf. »Danke, Sunder«, sagte sie mit Betonung.
    Anscheinend verblüffte ihn ihr Dank. Doch dann reagierte er mit einer stummen Verbeugung. Mit dieser Geste verstanden sie einander.
    Indem sie den Beutel und das Floß den beiden Steinhausenern überließ, tauchte Linden ins Wasser und schwamm Covenant nach. Sie traf ihn hinter einer Biegung des Stroms auf einer kleinen, sandigen Landzunge an. Er wirkte müde und verlassen, als habe er nicht damit gerechnet, daß sie ihm folgte. Aber als sie sich in der Nähe aus dem Wasser erhob, konnte sie, halb verhohlen hinter den Anzeichen seiner Genesung und dem ungepflegten Bart, seine Erleichterung erkennen.
    »Bist du allein?«
    »Nein. Die anderen kommen nach. Sunder hat Hollian überredet.«
    Covenant schwieg dazu. Er senkte den Kopf auf die Knie, verbarg sein Gesicht, als wolle er sich nicht anmerken lassen, wie froh er darüber war, soviel Rückhalt zu haben.
    Kurze Zeit danach kamen Sunder und Hollian in Sicht; und bald darauf befanden sich die Gefährten von neuem flußabwärts unterwegs. Covenant blieb stumm, während das Floß in der Strömung dahintrieb, den Blick nach vorn gerichtet. Auch Linden bewahrte Schweigen, versuchte unterdessen, die verstreuten Bruchstücke ihres Privatlebens einzusammeln. Sie fühlte sich unangenehm bloß, als könne jedes beiläufige Wort, jede geringfügige Berührung sie an die Grenze ihrer persönlichen Geheimnisse zurückdrängen. Sie wußte nicht, wie sie ihre alte Autonomie wiederherstellen sollte. Im Verlauf des gesamten Tages konnte sie, während das Floß den Strom hinabschwamm, die Sonne der Seuchen wie ein Verhängnis über sich schweben spüren; und das ganze Dasein bestand allem Anschein nach nur noch aus Gefahren, gegen die kein Schutz existierte.
    Am späten Nachmittag begann der Fluß geradewegs nach Osten zu strömen, und das Terrain, das er durchfloß, wandelte sich in nahezu dramatischem Maße. Auf beiden Seiten ragten steile Hügel wie einander

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