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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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fühlte, zählte für sie nur eine Frage wirklich. »Möchtest du sie wiedersehen?« wollte sie mit so gleichmäßiger Stimme und so beiläufigem Ton wie möglich wissen.
    Die Schlichtheit seiner Antwort besaß für Lindens gespanntes Gehör die Gewichtigkeit einer bedeutenden Erklärung. »Nein. Es gefällt mir nicht besonders, Leprotiker zu sein.«
    Sie wandte sich ab, damit er nicht die Tränen in ihren Augen sah. Sie mochte nicht in solchem Maße von ihm bloßgestellt werden. Die Gefahr, sich vollends zu verlieren, war zu groß. Und doch war ihre Erleichterung so stark wie Liebe. »Gönn dir noch etwas Ruhe«, sagte sie ausdruckslos über die Schulter. »Du kannst's vertragen.« Damit kehrte sie dorthin zurück, wo Sunder und Hollian lagen, streckte sich auf dem steinernen Untergrund aus; längere Zeit zitterte sie, als befände sie sich in einem Winter schutzloser Einsamkeit.
     
    Die Sonne war bereits aufgegangen, leuchtete düsterrot am Himmel, als Linden erwachte. Ein Häuflein Aliantha neben Sunders Beutel zeigte, daß der Steinhausener sich abermals mit Erfolg auf Nahrungssuche begeben hatte. Covenant und die Sonnenseherin standen beieinander und machten sich gerade gegenseitig bekannt. Sunder saß in der Nähe und machte ein Gesicht, als knirsche er fortwährend mit den Zähnen.
    Linden stand auf. Ihr Körper fühlte sich durch die Härte des Nachtlagers wie zerschlagen an, aber sie schenkte diesem Umstand keine Beachtung. Indem sie es vermied, Covenant anzuschauen – als schäme sie sich –, ging sie zum Flußufer, um sich das Gesicht zu waschen. Als sie sich wieder zu den anderen gesellte, war Sunder dabei, die Schatzbeeren zu verteilen. Die Gefährten aßen stumm; Aliantha war eine Nahrung, die andächtiges Schweigen regelrecht auferlegte. Doch Linden konnte sich den Einflüssen ihrer Begleiter nicht verschließen. Covenant war inwendig so verkrampft wie in den schlimmsten Momenten auf der Haven Farm. Hollians feine Gesichtszüge drückten so krasse Ratlosigkeit aus, als wäre sie eine Art von Furcht. Und die finstere Stimmung des Steinmeisters hatte sich nicht im geringsten gebessert; Widerwille beherrschte ihn, der entweder Hollian oder ihm selbst galt.
    Das alles bewirkte, daß sich Linden hilflos fühlte. Sie hatte in bezug auf die verschiedenen Formen des Unbehagens ihrer Begleiter eine gewisse Verantwortung – und konnte doch nichts tun, um die Situation zu verändern. Während sie Covenant am Leben gehalten hatte, waren gleichzeitig von ihr in ihrem Innern Türen geöffnet worden, die sie nun nicht zu schließen vermochte; aber sie schwor, daß sie sie wieder zuwerfen würde. Indem sie im geheimen vor sich hinschalt, verzehrte sie ihre Aliantha , verstreute die Steine außerhalb des felsigen Untergrunds und traf dann in diszipliniertem Ernst einige Vorbereitungen, wie sie erforderlich waren, ehe sie das Floß von neuem wasserten.
    Hollian jedoch war dazu außerstande, ihre Probleme noch länger in Schweigen zu ertragen. Nach einem Weilchen wandte sie sich an den Zweifler. »Du wünschst, daß ich dich Covenant nenne ... obschon das ein Name des bösen Omens ist und er mir nicht recht in den Mund passen will. Doch nun wohl. Covenant. Hast du klug erwogen, wohin du zu gehen gedenkst? Der Steinmeister und Linden Avery haben mir enthüllt, daß das Ziel deiner Reise Schwelgenstein heißt. Mein Herz schrickt zurück, wenn ich nur daran denke ... doch wenn du in der Tat dies Ziel hast, mag ich dir nicht dreinreden. Schwelgenstein liegt jedoch dort.« Sie deutete in den Nordwesten. »Elfmal zwanzig Längen entfernt. Der Mithil allerdings nimmt einen anderen Weg.«
    »Das ist uns bekannt, Sonnenseherin«, bemerkte Sunder gedämpft.
    Hollian achtete nicht auf ihn. »Mag sein, daß wir die Strecke – mit Hilfe des Voure – zu Fuß zurücklegen können.« Sie zögerte, dachte über die Schwierigkeiten dessen nach, was sie vorschlug. »Und mit viel Glück.« Ihr Blick wich nicht aus Covenants Gesicht.
    »Kann sein.« Wie sein Tonfall verriet, stand für ihn die Entscheidung längst fest. »Aber ich kann das Risiko, womöglich noch einmal gestochen zu werden, hundertprozentig ausschalten. Wir bleiben auf jeden Fall noch ein, zwei Tage auf dem Fluß.«
    »Covenant.« Hollians Blick war nun von energischer Eindringlichkeit. »Weißt du, was in dieser Richtung liegt?«
    »Ja.« Er erwiderte ihren Blick mit Festigkeit. »Andelain.«
    Andelain? Der innere Nachdruck, mit dem er den Namen aussprach, erregte

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