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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Michael.
    »Ist sie manchmal in die Heide gegangen?«
    »Ja, um Holz zu suchen.«
    »Auf welcher Seite?«
    »Meistens auf dem Berg Saint-John.«
    »Dann hat sich dort eine Fee ihrer bemächtigt. Die Kräuter haben jedenfalls nicht gewirkt. Ich kann nichts mehr tun.« Und ohne ein weiteres Wort geht er von dannen.
    Michael O’Leary, sein Schwiegervater Timothy und seine beiden Schwager Jack und Patrick bleiben schweigend in dem großen, düsteren Raum zurück. Draußen ist es dunkel geworden. Obwohl keiner von ihnen etwas sagt, wissen sie, daß sie alle an dasselbe denken, nämlich an das, was sie als Kind gelernt haben. Wenn eine Frau von einer bösen Fee besessen ist, muß man sie dorthin zurückbringen, wo die Verzauberung stattgefunden hat. Und man muß ihren Körper verbrennen, der in Wirklichkeit der Körper der Fee ist. Dies ist das einzige Mittel, um sie zu erlösen. Danach wird sie noch in derselben Nacht oder in einer der darauffolgenden Nächte auf einem weißen Pferd wiedererscheinen. Ihr Ehemann muß mit einem Messer in der Hand auf sie warten und mit einem Schnitt die Zügel durchtrennen. Dann wird sie ihm in die Arme fallen und ihm wieder ganz gehören...
    Der alte Timothy ergreift schließlich das Wort.
    Mit tonloser Stimme sagt er: »Wir müssen das Nötige tun.«
    Alle haben verstanden. Niemand macht eine Einwendung. Sie stehen auf und begeben sich in die Kammer, wo nicht etwa Caroll in tiefem Schlummer liegt, sondern ein bösartiges Wesen, das ihre Gestalt angenommen hat.
    Eine Viertelstunde später schreiten die vier Männer langsam durch die Heidelandschaft und steuern auf den Berg Saint-John zu. Zwei von ihnen tragen einen in eine Decke eingewickelten Körper mit sich. Der dritte hat eine Petroleumlampe in der Hand, der vierte ein Messer.
    Kurz darauf ist oberhalb des Hügels ein heller Lichtschein zu sehen. Die wenigen Bewohner dieser Gegend, die ihn bemerken, denken sicher, daß das »kleine Volk« in dieser Nacht dort oben seinen Sabbat feiert...
     
    Sechs Nächte vergehen. Jeden Abend begibt sich Michael mit dem Messer in der Hand auf den Hügel, um die Zügel des weißen Pferdes durchtrennen zu können... Jedoch weder das Pferd noch Caroll erscheinen.
    Am 10. April entdeckt ein Schäfer dort oben einen verkohlten Leichnam und alarmiert die Polizei.
    Die Ermittlungen sind von kurzer Dauer. Das Opfer kann schnell identifiziert werden, und als man Michael O’Leary verhört, leugnet dieser nichts.
    »Natürlich war ich es, der Caroll verbrannt hat. Es ist immer der Ehemann, der das tun muß, damit die böse Fee vernichtet wird und seine Frau zu ihm zurückkehrt. Außerdem brauchen Sie nur Carolls Vater und ihre beiden Brüder zu fragen, die ihr Einverständnis dazu gegeben haben.«
    Michaels Geständnis hat seine Verhaftung zur Folge ebenso wie die seines Schwiegervaters und seiner beiden Schwager. Ein paar Monate später stehen sie alle in Cork vor Gericht. Es ist ein seltsamer Prozeß. Richter und Geschworene sind äußerst verwirrt und fühlen sich ins Mittelalter zurückversetzt. Fälle wie diesen gab es vereinzelt noch im neunzehnten Jahrhundert, aber mittlerweile glaubte jeder, derartige Dinge gehörten endgültig der Vergangenheit an.
    Das Auftreten der Angeklagten trägt zusätzlich zum allgemeinen Unbehagen bei. Michael O’Leary hat nicht das geringste von einem Ungeheuer an sich, ganz im Gegenteil. Er ist ein offenherziger, gutaussehender Bursche, der mit sich selbst vollkommen im reinen wirkt. Auch seine beiden Schwager machen den Eindruck, wackere, vor Gesundheit strotzende junge Männer zu sein, und der alte Timothy mit seinem grauen Bart erscheint geradezu wie das Ebenbild eines weisen alten Bauern.
    Dennoch bestätigen sie alle ohne einen Anflug von Gewissensbissen und ohne die geringste Scham, Caroll O’Leary bei lebendigem Leib verbrannt zu haben. Sie bereuen ihre Tat keineswegs, im Gegenteil, sie haben ihre Pflicht erfüllt. Sie haben es für Caroll getan, um sie zu erlösen. Sie haben aus Liebe gehandelt, und selbstverständlich bekennen sie sich »nicht schuldig«.
    Unter diesen Umständen kann der Staatsanwalt nicht umhin, das höchste Strafmaß zu beantragen, das heißt, die Todesstrafe für alle vier, denn die Tat wurde eindeutig mit Vorsatz begangen.
    Vom juristischen Standpunkt aus liegt der Fall vollkommen klar. Trotzdem können die Geschworenen ihre Bestürzung nicht verbergen. Sie alle haben vernommen, daß die Angeklagten von verschiedenen Zeugen als aufrechte,

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