Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
Vom Netzwerk:
entgegen.
    »Komm, Elizabeth!«
    Das kleine Mädchen ist ganz geblendet von dem hellen Licht, doch während ihre Eltern sie schluchzend umarmen, suchen ihre Augen nach Buster. den sie gleich darauf an ihrer Seite entdeckt.
    »Nun, haben sie ihn erwischt?«
    Der Junge lacht fröhlich.
    »Und ob! Aber es war höchste Zeit. Er wollte gerade verschwinden. Anscheinend hast du es doch irgendwie fertiggebracht, ihm Angst einzujagen!«
    Inspektor March kommt auf sie zu. Er zwirbelt seinen Schnurrbart und hüstelt verlegen, um seine Rührung zu verbergen.
    »Du hast uns allen Angst eingejagt! Du bist wirklich ein verflixtes kleines Frauenzimmer!«
     
    Franck Graham — so hieß der Mörder — wurde im darauffolgenden Jahr in Old Bailey, dem Londoner Schwurgericht, der Prozeß gemacht. Er wurde zum Tode verurteilt und gehängt. Buster und Elizabeth, deren Schicksale in jeder Hinsicht voneinander getrennt waren, haben sich nach der dramatischen Verfolgung in den Docks niemals wiedergesehen.
    Was unsere kleine Detektivin betrifft, so hat sie zwar weiterhin ihre Kriminalgeschichten gelesen, doch von ihren Zukunftsplänen war sie ein für allemal geheilt. Ihr war nämlich klar geworden, daß Mörder einen großen Nachteil haben: Sie können mitunter furchtbar gefährlich werden.
     

Das weisse Pferd
    1905. Wir befinden uns in einem abgelegenen Teil Irlands, in der Grafschaft Cork. Hat sich dort während der letzten Jahrhunderte irgend etwas geändert?
    Allem Anschein nach nicht, zumindest nicht auf dem Lande. Die Bauern bewohnen nach wie vor dieselben gedrungen wirkenden Häuser mit den rauchenden Kaminen auf ihren strohgedeckten Dächern. Die Landschaft mit ihren kahlen, windgepeitschten Anhöhen, die von Heidekraut bewachsen sind, mit ihren Seen und Mooren ist von der Zivilisation offensichtlich unberührt geblieben.
    Nein, nichts scheint sich seit dem Mittelalter hier verändert zu haben, auch nicht das Bewußtsein der Menschen. Für die wenigen Bewohner dieser wilden, schönen Gegend wird die Heidelandschaft noch immer von jenen bevölkert, die sie »das kleine Volk« nennen, nämlich von Kobolden, Geistern, Gnomen und Feen. Diese Wesen kommen nur des Nachts hervor, aber dann ist die Heidelandschaft ihr Reich, und die Sterblichen bleiben ängstlich zu Hause.
    In diesem Jahr 1905 lebt der fünfunddreißigjährige Michael O’Leary als Böttcher in Killery, in der Nähe von Clonmel. Er ist ein braver Bursche, ein fleißiger Arbeiter und ein gewissenhafter Handwerker. Die Fässer, die er den ortsansässigen Bierbrauereien liefert, der einzigen Industrie in der Gegend, sind stets pünktlich fertig. Außerdem trinkt er nicht, er ist gottesfürchtig und ein guter Ehemann.
    Mit seiner Frau Caroll führt er eine sehr harmonische Ehe. In den zehn Jahren, die sie verheiratet sind, haben sie noch nie gestritten. Michael wirft seiner Frau als einziges vor, ihm noch keinen Nachkommen geschenkt zu haben. Er hat bereits eine Kräuterfrau zu Rate gezogen, doch deren Arzneien sind wirkungslos geblieben. Allerdings ist die zierliche, blonde Caroll noch nie von besonders kräftiger Gesundheit gewesen.
    Anfang März 1905 verschlechtert sich Caroll Learys Zustand jäh, ohne daß man von einer wirklichen Erkrankung reden könnte. Es handelt sich eher um eine Art vollkommener Erschöpfung. Sie hat an nichts mehr Freude, keinen Appetit, spricht kaum noch und wenn, dann mit schwacher Stimme. Sie bleibt den längsten Teil des Tages im Bett liegen und schläft stundenlang.
    Je mehr Zeit darüber vergeht, desto beunruhigter ist Michael O'Leary. Der Zustand seiner Frau gefällt ihm ganz und gar nicht. Wenn sie Fieber hätte oder Ausschlag, etwas Sichtbares eben, dann würde er den Viehdoktor kommen lassen, denn natürlich ist er nicht wohlhabend genug, um einen Arzt zu bezahlen. Doch das, woran Caroll leidet, ist keine richtige Krankheit, es ist etwas anderes, etwas viel Schlimmeres.
    Je länger Michael darüber nachdenkt, desto mehr ist er davon überzeugt, daß sie das Böse im Leib hat. Caroll, die ihm seit einiger Zeit so verändert erscheint und an nichts mehr Interesse findet, ist vielleicht von einer bösen Fee besessen. Wie alle Bewohner dieser Region glaubt auch Michael O'Leary an Feen. Die Feen in Irland sind boshafte Wesen, die von einem Körper und einer Seele Besitz ergreifen und dort verweilen, sofern man sie nicht vertreibt.
    Schon bald kann Michael die Augen vor der Wahrheit nicht länger verschließen. Diese seltsame Stimme, mit der

Weitere Kostenlose Bücher