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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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weiterzusprechen. »Aufgrund der Informationen, die ich mir verschaffen konnte, liefert jemand von höherer Stelle aus das Vorbild dazu... Lieutenant Levin ist diese Art von Geschäftemacherei keineswegs fremd. Es gibt sogar Anhaltspunkte dafür, daß er das Ganze selbst organisiert.«
    Der Oberbefehlshaber kräuselt seine schmalen Lippen. Er schweigt eine Weile und starrt auf die brennenden Scheite im Kamin. Ausgerechnet John Levin, sein Adjudant, der Vizekommandant für das Gebiet von Passau! Er hatte es geahnt. Andernfalls hätte er auch ihn zu dieser Zusammenkunft eingeladen, an der er normalerweise hätte teilnehmen müssen. Cofran hat Levin nie gemocht, was teilweise vielleicht etwas ungerecht gewesen ist. Zweifellos liegt es daran, daß dieser das genaue Gegenteil seiner selbst darstellt. Während Cofran Strenge und Pflichtbewußtsein verkörpert, besteht die Lebensphilosophie des anderen darin, sich mit aller Welt gut zu verstehen und zu arrangieren, was sich schon in seiner äußeren Erscheinung ausdrückt: Seine Uniformen läßt er von einem Schneider in der Stadt anfertigen, und seine stets tadellos gepflegte Frisur würde ebenso zu einem Filmstar passen. Trotz wiederholter Ermahnungen seitens seines Vorgesetzten war Levin von Anfang an nicht bereit gewesen, auf Kontakte mit der Zivilbevölkerung zu verzichten. Er liebt Geselligkeit und Glanz und ist fast jeden Abend auf einem Empfang bei der einen oder anderen Persönlichkeit der Stadt zu sehen.
    Das ist jedoch noch nicht alles. Levin hat sich wochenlang in aller Öffentlichkeit mit seiner deutschen Sekretärin gezeigt, einer großen Blonden namens Hilda. Cofran erfuhr als einer der letzten von der Liaison, doch sobald er Kenntnis davon hatte, reagierte er mit unnachgiebiger Strenge. Er entließ die Sekretärin und bedeutete Levin, daß es ihm untersagt sei, sie wiederzusehen.
    Der Kommandant gibt sich keinen Illusionen hin. Er ist sich vollkommen darüber im klaren, daß John Levin wesentlich beliebter ist als er selbst. Dieser gutaussehende Blonde mit den Allüren eines Playboys hatte von Anfang an die Sympathien der Bevölkerung genossen. Ach, wie sehr müssen die Leute hier bedauern, daß Levin nur sein Stellvertreter ist und daß ausgerechnet ein so unbeugsamer Mann wie er den Posten des Stadtkommandanten innehat!
    Cofran schüttelt den Kopf. Levin macht also Geschäfte auf dem Schwarzmarkt! Nein, das überrascht ihn keineswegs. Dies herauszufinden, war der eigentliche Grund für die Mission, mit der er den jungen Lieutenant beauftragt hatte.
    Dieser fährt fort, seinem Vorgesetzten die Ergebnisse seiner Nachforschungen darzulegen. In einigen Tagen, so versichert er, wird er die Beweise für all das erbringen können.
    Plötzlich hält der Lieutenant in seinem Vortrag inne und verzieht schmerzerfüllt das Gesicht. Der Gouverneur wirft ihm einen fragenden Blick zu.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    Der junge Offizier lächelt entschuldigend.
    »Ich leide noch immer unter den Folgen einer Beinverletzung. Von Zeit zu Zeit macht mir das zu schaffen.«
    Der andere klopft ihm auf die Schulter.
    »Nun. dann bleiben Sie am besten hier. Es ist schon elf Uhr nachts. Sie schlafen in meinem Zimmer hier unten, und ich übernachte in dem Zimmer im zweiten Stock.«
    Der Form halber macht der Lieutenant ein paar Einwendungen, nimmt dann aber das Angebot an. Ohne es zu wissen, hat Kommandant Cofran damit sein Schicksal besiegelt.
    7. Januar, drei Uhr morgens. In dieser Nacht steht eine alte Dame, die direkt hinter der Villa des Gouverneurs wohnt, am Fenster. Wie so oft leidet sie auch jetzt unter Schlaflosigkeit. Teilnahmslos betrachtet sie die Landschaft vor sich, die Bäume und die Donau, die im Mondlicht schimmert.
    Aber was hat dieser Schatten dort drüben im Garten der Villa von Kommandant Cofran zu suchen? Der Mann — denn es handelt sich eindeutig um einen Mann — scheint einen Moment zu zögern. Dann steuert er rasch auf den Fluß zu. Im nächsten Augenblick ertönt ein dumpfes Geräusch, und ein schwerer Gegenstand versinkt in den Fluten. Anschließend läuft der Mann zu der benachbarten Villa, die vom Vizekommandanten John Levin bewohnt wird.
    Genau fünf Minuten später erleidet die alte Dame den Schock ihres Lebens. Eine heftige Explosion hat soeben sämtliche Fenster ihrer Wohnung zerborsten und die Splitter ins Innere geschleudert. Die alte Dame nimmt all ihren Mut zusammen und eilt wieder zum Fenster. Das Haus des Gouverneurs steht in Flammen. So

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