Das verwunschene Haus
schnell sie kann, geht sie zum Telefon und ruft die Feuerwehr.
Nach wenigen Minuten trifft die deutsche Feuerwehr am Schauplatz ein. Die Flammen haben sich mit unglaublicher Geschwindigkeit in der Villa ausgebreitet. Sie ist nur noch eine riesige brennende Fackel, deren Widerschein das Wasser der Donau illuminiert.
Nach einer Stunde Löscharbeit gelingt es der Rettungsmannschaft, die Situation in den Griff zu bekommen. Die Feuerwehrleute stürzen ins Innere. Im Zimmer des Gouverneurs, das sich in der ersten Etage befindet, stoßen sie auf den Leichnam eines Mannes, doch kann es sich nicht um den Kommandanten handeln, da der Tote sehr viel jünger ist. Er hat nur leichte Brandverletzungen davongetragen, und so muß sein Tod auf andere Weise verursacht worden sein.
Als sie den Körper auf die Seite drehen, entdecken sie eine tiefe Wunde in seinem Rücken. Und neben dem Kopfteil des Bettes, in dem der junge Mann liegt, stehen zwei volle Benzinkanister. In wenigen Minuten wären sie explodiert, und nichts wäre mehr übriggeblieben...
Doch wo ist Kommandant Cofran? Inmitten der noch züngelnden Flammen und trotz der rauchgeschwängerten Luft durchsuchen die Feuerwehrleute das, was von der Villa übriggeblieben ist. Als sie eines der Zimmer im ersten Stock betreten, machen sie die befürchtete Entdeckung. Der Gouverneur liegt in einer riesigen Blutlache auf seinem Bett. Man kann von einem regelrechten Massaker sprechen. Sein Körper ist mit einem schweren, messerscharfen Gegenstand zerstückelt worden, vermutlich mit einem Beil. Wie auch im Zimmer des jungen Mannes unten stehen Benzinkanister neben dem Bett.
Die Rettungsmannschaft muß jetzt sofort die amerikanische Militärbehörde verständigen. Es handelt sich um Mord, und wären die Feuerwehrleute nur ein paar Minuten später gekommen, so hätte man von einem perfekten Verbrechen sprechen können!
Um sich mit den Vertretern der Besatzungsmacht in Verbindung zu setzen, sind keine langen Wege erforderlich. Man braucht nur über die Straße zu gehen und sich in die Nachbarvilla zu begeben. Dort wohnt der Vizekommandant John Levin. Oder vielmehr der Kommandant John Levin, da er nun automatisch den Platz des ermordeten Cofran einnimmt. Er ist ab sofort der neue Oberbefehlshaber. Und vor allem obliegt ihm die Verantwortung bezüglich der Ermittlungen des Falles.
Erst nach mehreren Versuchen gelingt es, Levin zu wecken. Eigentlich ist es recht seltsam, daß er weitergeschlafen hatte, nachdem das ganze Viertel durch die Explosion aus dem Schlaf gerissen wurde. Aber die Leute sind durch die Geschehnisse viel zu erschüttert, um sich darüber Gedanken zu machen.
Noch während die letzten Flammen verglühen, gibt der neue Stadtkommandant, ganz Herr der Lage, seinen Männern Anweisungen: »Riegelt die Stadt ab, und nehmt jeden Verdächtigen sofort fest! Dieses Verbrechen geht auf das Konto ehemaliger Nazis!«
Ja, John Levin wirkt sehr souverän, und außerdem versteht er zu befehlen. Er formuliert seine Sätze mit fester, sicherer Stimme. Selbst mitten in der Nacht ist er in seiner tadellos geschnittenen Uniform die gewohnt elegante Erscheinung. Die Bewohner von Passau, die hinter den Polizeiabsperrungen zahlreich zusammengeströmt sind, sehen mit bewundernden Blicken auf ihren neuen Kommandanten. Zumindest macht er einen sympathischen Eindruck, und alle, die ihn kennen, erzählen nur das Beste über ihn. Unglücklicherweise ist da der Mord an dem früheren Oberbefehlshaber. Wer mag ihn getötet haben? Und vor allem warum?
Die Bevölkerung von Passau ist trotz allem in größter Sorge…
7. Januar 1946. Ein noch junger Mann, der eine Brille trägt und mit einem schwarzem Anzug bekleidet ist, klopft an die Bürotür von John Levin, dem neuen Kommandanten der Stadt Passau.
Die Art, wie dieser ihn empfängt, wirkt äußerst lässig. Er hat die Füße auf seinen Schreibtisch gelegt und ist dabei, eine dicke Zigarre zu rauchen. Mit einer Handbewegung schiebt er den Vorhang aus dichten, blauen Rauchwolken auseinander.
»Sie sind also Kommissar Köhler?«
Der Neuankömmling nickt.
»Gut, gehen Sie bei Ihren Ermittlungen nach Belieben vor. Aber vergessen Sie dabei nicht, daß die deutsche Polizei der amerikanischen Besatzungsmacht, das heißt, mir untersteht. Womit wollen Sie Ihre Nachforschungen beginnen?«
»Indem ich den Schauplatz des Verbrechens untersuche.«
Der elegante Offizier ihm gegenüber zuckt mit den Schultern.
»Die ganze Angelegenheit ist nach
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