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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Steinie, alter Halunke! Einfach perfekt! Die Mastodons und Dinosaurier und wer noch alles sollen nur kommen. Sie brauchen dich nur anzusehen, und sie werden blau pissen.« Sein Gesicht verzog sich. »Warum habe ich kein Kostüm mitgebracht? Jetzt muß ich in blöden Zivilkleidern durch das Zeitportal gehen. Du hast nie Stil gehabt, Voorhees, verdammter dummer Dutchman. Nie ein kleines bißchen Stil.«
    »Nun sei nicht traurig, Richard«, bat der Cafebesitzer. »Du willst doch dein Essen und den guten Wein nicht verderben.« In seinen Knopfaugen leuchtete die Schlauheit des Betrunkenen auf. »Ich hab's! Da ist ein Kerl in Lyon, der hat mit der Oper zu tun. Kommt her und schlägt sich den Bauch voll. und ist au ciel du cochon, wenn er einen bestimmten Wein bekommt, und ich habe eine ganze Kiste davon. Damit kannst du ihn bestechen, wenn du noch genug Geld hast. Da in der Oper haben sie jedes Kostüm, das du dir wünschen kannst. Merde alors, es ist noch nicht einmal zweihundert Uhr! Der Kerl ist vielleicht noch nicht mal im Bett! Was sagst du dazu?«
    Stein schlug seinem neuen Busenfreund auf den Rücken, und Voorhees umklammerte die Kante der Theke. »Komm, Richard! Die Rechnung teilen wir uns!«
    »Ich könnte den Kerl sofort anrufen«, überlegte grinsend der Wirt. »Aber er wird wohl in der Oper sein.«
    Sie besprachen die Sache hin und her, und schließlich steuerte Stein das Ei mit einem halb bewußtlosen Richard und einer Kiste Château Mouton-Rothschild 2095 an Bord zum Cours Lafayette im schlafenden Lyon, wo eine schattenhafte Gestalt sie zu einem unterirdischen Parkplatz und dann durch einen Irrgarten von winkligen Gängen zur Hinterbühne und zum Fundus führte.
    »Das da«, sagte Richard endlich und wies darauf.
    »Aha! Der Fliegende Holländer!« stellte der Impresario fest. »So hätte ich Sie nie klassifiziert, Junge.«
    Er half Richard, die Tracht des 17. Jahrhunderts anzulegen. Sie bestand aus einem prachtvollen schwarzen Wams mit geschützten Ärmeln und breitem Spitzenkragen, schwarzen Kniehosen, Stiefeln, deren trichterförmige Oberteile umgeschlagen werden konnten, einem kurzen Cape und einem breitrandigen Hut mit schwarzer Feder.
    »Teufel, jetzt siehst du nach etwas aus!« Wieder schlug Stein seinem Freund auf den Rücken. »Du gibst einen sehr guten Piraten ab. Also das bist du ganz tief in deinem Innern? Ein richtiger Blackbeard?«
    »Black Mustache«, berichtigte Voorhees. Er brach zusammen und verlor das Bewußtsein.
    Stein bezahlte den Impresario, flog sie zurück zu dem dunkel gewordenen Cafe, um Richards Gepäck aus dem geliehenen Ei umzuladen, und eilte dann zur Auberge du Portail. Bis sie dort eintrafen, war der ehemalige Raumhändler wieder zu sich gekommen.
    »Trinken wir noch einen«, schlug Stein vor. »Probier mal mein Oh-de-vie.«
    Richard nahm einen Schluck von dem reinen Alkohol. »Nicht viel Bouquet ... aber beträchtliche Kraft!«
    Die beiden kostümierten Helden stolperten lärmend und singend durch den Rosengarten und donnerten mit der stumpfen Seite von Steins Kampfaxt gegen die Eichentür der Herberge.
    Das Personal nahm sie gleichmütig in Empfang. Man war daran gewöhnt, daß Klienten in mehr oder weniger angeheitertem Zustand eintrafen. Sechs kräftige Hausdiener nahmen sich des Wikingers und Black Mustaches an, und in kürzester Frist schnarchten sie zwischen lavendelduftenden Laken.

12
    Felice Landry und der Psychosozialberater spazierten in den gepflasterten Hof der Auberge, einen Weg hinunter und in ein Büro, das auf den Springbrunnen und die Blumen hinausging. Der Raum war die Kopie des Arbeitszimmers einer Äbtissin aus dem 15. Jahrhundert. Der steinerne Kamin mit dem Phantasie-Wappen war mit einem riesigen Strauß feuerroter Gladiolen geschmückt, flankiert von hundeköpfigen Feuerböcken.
    »Sie haben einen so weiten Weg zu uns zurückgelegt, Bürgerin Landry«, sagte der Berater. »Ein Jammer, daß Ihre Bewerbung auf solche Schwierigkeiten gestoßen ist.«
    Er lehnte sich in dem geschnitzten Sessel zurück und legte seine Finger zum »Kirchendach mit Turm« zusammen. Er hatte eine spitze Nase, ein ständiges Halblächeln und dicht gekräuseltes schwarzes Haar mit einer auffälligen weißen Strähne über der Stirn. Seine Augen waren wachsam. Er hatte ihr Profil gelesen. Dessenungeachtet sah sie sehr fügsam aus, wie sie in diesem graublauen Kleid dasaß und vor Angst ihre armen Händchen rang.
    Freundlich fuhr er fort: »Sehen Sie, Felice, Sie sind wirklich

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