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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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»Darf ich fragen, wo Sie dieses kleine Ausstellungsstück herhaben?« fragte er und deutete dabei auf die bleiähnliche Metallscheibe, die nun unter einem Glassturz ruhte.
    »Wurde bei jemandem am Donnerstagmorgen in Glasgow gefunden. Was ist mit den beiden anderen Scheiben?«
    »Oh, die sind nur aus ganz gewöhnlichem Alu, mein Junge. Nur als Schutz für diese da gedacht. Mich interessiert nur die eine.«
    »Wissen Sie, was das ist?« fagte Preston. Die Naivität der Frage schien Dr. Wynne-Evans zu verblüffen.
    »Natürlich weiß ich, was das ist«, sagte er. »Gehört zu meinem Beruf, zu wissen, was das ist. Es ist eine Scheibe aus reinem Polonium.«
    Preston runzelte die Stirn. Er hatte noch nie von einem derartigen Metall gehört.
    »Nun, begonnen hat alles Anfang Januar mit einem Bericht, den Philby dem Generalsekretär vorgelegt hat. Darin behauptete Philby, daß innerhalb der britischen Labour Party ein Flügel der Harten Linken existiere, der aufgrund seiner Stärke in der Lage sei, mehr oder weniger nach Belieben die völlige Kontrolle über den Parteiapparat zu übernehmen. Das entspricht auch meiner eigenen Ansicht.«
    »Und meiner«, murmelte Karpow.
    »Philby ging noch weiter. Er behauptete ferner, daß es innerhalb dieses Flügels der Harten Linken eine Gruppe von dezidierten Marxisten-Leninisten gebe, die nichts weniger als dies im Sinn hätten; doch nicht in der Zeit vor den nächsten Unterhauswahlen. Unmittelbar darauf, im Gefolge eines Labour- Wahlsieges. Kurz und gut, diese Leute wollten den Sieg von Neil Kinnock abwarten und ihn dann als Parteiführer stürzen. An seine Stelle würde Englands erster marxistisch-leninistischer Premier treten und eine Reihe von Maßnahmen einleiten, die völlig in Einklang stünden mit der sowjetischen Außen- und Verteidigungspolitik, vor allem was die einseitige nukleare Abrüstung und die Ausweisung der amerikanischen Streitkräfte anbelangt.«
    »Machbar«, nickte General Karpow. »Es wurde also ein Viererausschuß gebildet, der herausfinden sollte, wie dieser Wahlsieg am besten zu erringen sei?«
    Professor Krilow sah überrascht auf.
    »Ja. Philby, General Martschenko, ich selbst und Dr. Rogow.«
    »Der Schachgroßmeister?«
    »Und Physiker«, fügte Krilow hinzu. »Herausgekommen ist dabei der Plan Aurora, der eine massive Destabilisierung der englischen Wählerschaft bewirkt und Millionen von Menschen zu entschiedenen Verfechtern der einseitigen nuklearen Abrüstung gemacht hätte.«
    »Sie sagen... hätte?«
    »Ja. Der Plan war hauptsächlich Rogows Idee. Er setzte sich energisch dafür ein. Martschenko zog mit, aber unter Vorbehalt. Philby, nun der nickte und lächelte nur immer und wartete ab, um zu sehen, aus welcher Ecke der Wind wehte.«
    »Ganz Philby«, pflichtete Karpow bei. »Und dann hat der Ausschuß den Plan vorgelegt?«
    »Ja. Am 12. März. Ich war dagegen. Der Generalsekretär ebenfalls. Er lehnte ihn rundweg ab, befahl, daß alle Notizen und Akten vernichtet werden sollten, und vergatterte uns alle vier zu absolutem Stillschweigen. Die Sache dürfe unter keinen Umständen je wieder zur Sprache gebracht werden.«
    »Warum waren Sie eigentlich dagegen?«
    »Der Plan schien mir fahrlässig und gefährlich. Und vor allem verstieß er völlig gegen das vierte Protokoll. Ein Bruch dieses Protokolls könnte für die Welt unabsehbare Folgen haben.«
    »Das vierte Protokoll?«
    »Ja. Zum Internationalen Atomwaffensperrvertrag. Sie erinnern sich natürlich?« »Man muß sich an so vieles erinnern«, sagte Karpow sanft, »bitte helfen Sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge.«
    »Polonium, nie davon gehört«, sagte Preston.
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Dr. Wynne-Evans. »Gehört nicht zu Ihrer Bastlerausrüstung. Ein sehr seltenes Metall.«
    »Und wozu wird es verwendet?«
    »Nun, gelegentlich - nur ganz gelegentlich, wohlgemerkt - in der Medizin, bei Heilverfahren. War Ihr Mann in Glasgow auf dem Weg zu einem Ärztekongreß oder zu einer Ausstellung von medizinischen Geräten?«
    »Nein«, sagte Preston fest, »er war bestimmt nicht auf dem Weg zu einem Ärztekongreß.«
    »Nun, die Medizin deckt nur zehn Prozent von dem ab, was der Mann mit der Scheibe hätte anfangen können - bevor Sie ihn darum erleichtert haben. Wenn er also nicht zu einem Ärztekongreß ging, dann bleiben nur die restlichen neunzig Prozent. Außer diesen beiden Funktionen hat Polonium keine auf diesem Planeten bekannte Verwendung.«
    »Und die andere

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