Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
kleiner Beamter«, sagte Preston. »Gosh, das muß schön langweilig sein.« »Ja«, sagte Preston, »da kannst du recht haben.«
    Jewgenij Karpow erwachte gegen Mittag mit einem monumentalen Kater, den ein halbes Dutzend Aspirintabletten gerade einigermaßen im Zaum halten konnten. Nach dem Mittagessen fühlte er sich ein bißchen besser und beschloß, einen Spaziergang zu machen.
    Irgend etwas ging ihm im Kopf um; eine Erinnerung, eine Ahnung, daß er den Namen Krilow irgendwann in nicht allzu ferner Vergangenheit schon gehört hatte. Es ließ ihm keine Ruhe. In einem der nur beschränkt zugänglichen Nachschlagwerke, das er in der Datscha hatte, standen Angaben über Professor Krilow, Wladimir Iljitsch: Historiker, Professor an der Universität Moskau, langjähriges Mitglied der Partei, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Mitglied des Obersten Sowjet usw. usw. Das alles wußte Karpow: aber da war noch irgend etwas anderes.
    Mit nachdenklich gesenktem Kopf stapfte er durch den Schnee. Die Söhne waren Ski fahren gegangen, um den letzten guten Pulverschnee auszunützen, ehe das bevorstehende Tauwetter ihn verderben würde. Ludmilla Karpowa trottete hinter ihrem Mann her. Sie kannte seine Stimmungen und hütete sich, ihn zu stören.
    Sein Zustand am Abend zuvor hatte sie erstaunt, aber auch erfreut. Sie wußte, daß er kaum jemals trank, und so unmäßig überhaupt nie, ein Besuch bei seiner Freundin durfte also ausgeschlossen werden. Vielleicht war er wirklich mit einem Kollegen vom GRU, einem der sogenannten »Nachbarn«, zusammengewesen. Mit Sicherheit machte irgend etwas ihm schwer zu schaffen, und mit Sicherheit war es keine Schnepfe aus dem Arbat-Distrikt.
    Es war kurz nach fünfzehn Uhr, als ihm mit einem Schlag aufging, worüber er sich die ganze Zeit den Kopf zerbrochen hatte. Ein paar Meter vor Ludmilla blieb er plötzlich stehen, sagte: »Verdammt. Natürlich«, und war sofort wieder ganz obenauf. Strahlend lächelnd nahm er ihren Arm, und sie wanderten zu ihrer Datscha zurück.
    General Karpow wußte, daß er am nächsten Morgen in aller Stille in seinem Büro ein paar Nachforschungen würde anstellen müssen und daß er am Montagabend den Herrn Professor Krilow in dessen Moskauer Privatwohnung aufsuchen würde.

 
8. Kapitel
     
    Das Telefon klingelte am Montagmorgen, als Preston mit seinem Sohn dabei war, die Wohnung zu verlassen.
    »Mr. Preston? Hier Dafydd Wynne-Evans.«
    Einen Augenblick lang konnte er mit dem Namen nichts anfangen; dann erinnerte er sich wieder an seine Nachfrage vom Freitagabend.
    »Ich hab' mir Ihr kleines Metallstück angesehen. Sehr interessant. Könnten Sie herkommen, damit wir uns ein bißchen darüber unterhalten?«
    »Eigentlich mach' ich gerade ein paar Tage Urlaub«, sagte Preston. »Wir wär's Ende der Woche?«
    In Aldermaston trat eine Pause ein.
    »Besser vorher, wenn's Ihre Zeit erlaubt.«
    »Äh, sagen Sie, könnten Sie mir nicht telefonisch einen kleinen Hinweis geben?«
    »Besser, wir sprechen in meinem Büro darüber«, sagte Doktor Wynne-Evans.
    Preston überlegte einen Augenblick. Er wollte mit Tommy einen Tagesausflug in den Safaripark von Windsor machen. Aber der war auch in Berkshire.
    »Könnte ich heute nachmittag gegen siebzehn Uhr kommen?« fragte er.
    »Abgemacht«, sagte der Wissenschaftler. »Fragen Sie nach mir am Empfang. Ich lasse Sie heraufbringen.«
    Professor Krilow wohnte im obersten Stock eines Blocks am Komsomolski-Prospekt, mit einem weiten Blick über die Moskwa und nur einen Katzensprung von der Universität am Südufer entfernt. General Karpow drückte kurz nach achtzehn Uhr auf die Türklingel, und das Akademiemitglied machte selbst auf. Der Professor musterte seinen Besucher ohne ein Zeichen des Wiedererkennens.
    »Genosse Professor Krilow?«
    »Ja.«
    »Ich bin General Karpow. Könnte ich Sie kurz sprechen?«
    Er hielt ihm seinen Personalausweis hin. Professor Krilow betrachtete den Ausweis aufmerksam und nahm den Rang seines Besuchers zur Kenntnis sowie die Tatsache, daß er vom Ersten Hauptdirektorat war. Dann gab er den Ausweis zurück und bat Karpow, einzutreten. Er ging voraus in ein gut möbliertes Wohnzimmer, nahm seinem Gast den Mantel ab und bat ihn, sich zu setzen.
    »Welchem Umstand verdanke ich die Ehre?« fragte er, nachdem er sich Karpow gegenüber gesetzt hatte. Er war ein Mann von Rang und Format, dem ein General des KGB nicht übermäßig imponieren konnte.
    Karpow wurde klar, daß der Professor aus anderem Holz

Weitere Kostenlose Bücher