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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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geschnitzt war. Aus Erita Philby hatte er die Sache mit dem Chauffeur heraustricksen können; den Fahrer Gregoriew hatte er mit seinem Rang eingeschüchtert; Martschenko war ein alter Kollege und schaute gerne tief in die Flasche. Krilow dagegen war ein eminentes Mitglied der Partei, des Obersten Sowjets, der Akademie und gehörte zur Elite der Nation. Karpow beschloß, keine Zeit zu verlieren und seine Trümpfe schnell und gnadenlos auszuspielen. Das war die einzige Möglichkeit.
    »Professor Krilow, ich möchte, daß Sie mir im Interesse des Staates etwas sagen. Ich möchte, daß Sie mir sagen, was Sie über den Plan Aurora wissen.«
    Professor Krilow saß wie vom Donner gerührt. Dann wurde er rot vor Ärger.
    »General Karpow, Sie überschreiten Ihre Kompetenzen«, schnappte er. »Im übrigen weiß ich nicht, wovon Sie reden.«
    »Ich glaube schon«, sagte Karpow ruhig, »und ich glaube, Sie sollten mir erzählen, was es mit diesem Plan auf sich hat.«
    Als Antwort streckte Krilow gebieterisch die Hand aus.
    »Ihre Befugnis, bitte.«
    »Meine Befugnis ist mein Rang und mein Amt«, sagte Karpow.
    »Wenn Sie nicht eine vom Genossen Generalsekretär persönlich ausgestellte Befugnis haben, dann haben Sie überhaupt keine«, sagte Krilow eisig. »Ich glaube, es ist höchste Zeit, daß ich Ihre Fragen jemandem zu Gehör bringe, der ungleich befugter ist als Sie.«
    Er nahm den Telefonhörer ab und fing zu wählen an.
    »Das ist vielleicht keine sehr gute Idee«, sagte Karpow. »Wußten Sie, daß einer Ihrer Mitberater, der KGB-Oberst a. D. Philby, bereits vermißt wird?«
    Krilow hörte zu wählen auf.
    »Was soll das heißen: vermißt wird?« fragte er. Die erste Spur eines Zögerns machte sich in seiner bis jetzt so selbstsicheren Haltung bemerkbar.
    »Bitte setzen Sie sich wieder und hören Sie mich bis zum Ende an«, sagte Karpow.
    Krilow setzte sich. Irgendwo in der Wohnung wurde eine Tür geöffnet. Eine Sekunde lang waren die grellen Töne westlicher Jazzmusik zu hören. Dann wurde die Tür wieder geschlossen.
    »Ich meine vermißt«, sagte Karpow. »Weg von zu Hause, Fahrer fortgeschickt, Frau keine Ahnung, wo er ist und wann er, wenn überhaupt, wieder zurückkommt.«
    Es war ein Glücksspiel, und der Einsatz war verdammt hoch. Der Professor sah besorgt aus. Dann faßte er sich wieder.
    »Es kommt nicht in Frage, daß ich über Staatsangelegenheiten mit Ihnen spreche, Genosse General. Ich muß Sie jetzt bitten zu gehen.« »So einfach ist das nicht«, sagte Karpow. »Sie haben doch einen Sohn, Leonid, nicht wahr?«
    Der plötzliche Themawechsel verblüffte den Professor.
    »Ja«, sagte er, »stimmt. Warum?«
    »Vielleicht darf ich Ihnen das erklären«, meinte Karpow.
    Auf der anderen Seite Europas fuhren Preston und sein Sohn am Spätnachmittag eines warmen Frühlingstages aus dem Safaripark.
    »Ich muß nur noch jemanden besuchen, bevor wir nach Hause fahren«, sagte der Vater. »Es ist hier ganz in der Nähe. Hast du schon mal von Aldermaston gehört?«
    Der Junge riß die Augen auf.
    »Die Bombenfabrik?« fragte er.
    »Bombenfabrik stimmt nicht ganz«, korrigierte Preston, »es ist ein Forschungszentrum.«
    »Ach nein! Da fahren wir hin? Lassen die uns rein?«
    »Mich schon. Du mußt im Wagen auf dem Parkplatz bleiben. Aber es dauert nicht lange.«
    Er bog nach Norden ab zur M4.
    »Ihr Sohn ist vor neun Wochen von einer Reise nach Kanada zurückgekommen, auf der er als Dolmetscher bei einer Handelsdelegation fungiert hat«, sagte General Karpow ruhig. Krilow nickte.
    »Und?«
    »Während er dort drüben war, haben meine KR-Leute bemerkt, daß eine attraktive junge Person viel Zeit - viel zuviel Zeit, hieß es - darauf verwendete, mit den Mitgliedern unserer Delegation ins Gespräch zu kommen, vor allem mit den jüngeren, den Sekretärinnen, Dolmetschern und so weiter. Die betreffende Person wurde fotografiert und als Lockvogel identifiziert, amerikanischer, nicht kanadischer Herkunft und so gut wie sicher von der CIA.
    Dieser Lockvogel wurde also überwacht, und es stellte sich heraus, daß er sich mit Ihrem Sohn Leonid in einem Hotelzimmer verabredet hatte. Um es nicht zu spannend zu machen, das Paar hatte eine kurze, aber heftige Affäre.«
    Professor Krilows Gesicht war rotgefleckt vor Wut.
    »Wie können Sie es wagen! Wie können Sie die Unverschämtheit haben, hierherzukommen und zu versuchen, mich, ein Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des Obersten Sowjets, mit derart üblen Methoden zu

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