Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
Krilow verdrießlich. »Er meinte, die Amerikaner würden mit einem heftigen und theatralischen Dementi reagieren. Am vierten Tag vor der Wahl sollte dann der Generalsekretär der Welt verkünden, daß es Sache der Amerikaner sei, wenn sie unbedingt Amok laufen wollten. Ihm seinerseits bleibe keine andere Wahl, als sämtliche Streitkräfte zum Schutz des Sowjetvolks in höchste Alarmbereitschaft zu versetzen.
    Am selben Abend würde einer unserer Herrn Kinnock sehr nahestehenden Freunde den Labour-Führer bedrängen, nach Moskau zu fliegen, um beim Generalsekretär persönlich für die Erhaltung des Friedens zu intervenieren. Beim geringsten Zögern hätte ihn unser Botschafter zu einem freundschaftlichen Gespräch über die Krise in seinen Amtssitz eingeladen. Angesichts des Kameraaufgebots würde er wohl schwerlich abgelehnt haben.
    Nun, man hätte ihm im Handumdrehen ein Visum ausgestellt und ihn am nächsten Morgen in aller Frühe mit einer Aeroflot- Maschine nach Moskau geflogen. Der Generalsekretär hätte ihn vor den Kameras der Weltpresse empfangen, und ein paar Stunden später wären sie mit ungewöhnlich ernsten Mienen auseinandergegangen.«
    »Sicher hätte man dem Labour-Führer allen Anlaß gegeben, sorgenvoll dreinzuschauen«, meinte Karpow.
    »Ganz recht. Doch noch während Kinnock sich auf seinem abendlichen Rückflug nach London befunden hätte, hätte der Generalsekretär sich mit folgender Verlautbarung an die Weltöffentlichkeit gewendet: Einzig und allein auf Ersuchen des britischen Labour-Führers werde er die höchste Alarmstufe für die Gesamtstreitkräfte wieder rückgängig machen. Kinnock wäre in London mit dem Glorienschein eines Staatsmannes von Weltformat gelandet.
    Einen Tag vor der Wahl hätte er in einer aufsehenerregenden Rede an die englische Nation gefordert, ein für allemal mit dem nuklearen Wahnsinn Schluß zu machen. Laut Plan Aurora hätten die vorangegangenen sechs Tage die traditionelle Allianz mit Amerika erschüttert, die USA von den Europäern isoliert und die zehn Prozent, die entscheidenden zehn Prozent der britischen Wählerschaft veranlaßt, für die Labour Party zu stimmen und sie ans Ruder zu bringen. Danach hätte die Harte Linke die Macht übernommen. Das, General, war der Plan Aurora.«
    Karpow stand auf.
    »Sie sind sehr freundlich gewesen, Professor Krilow, und sehr klug. Bewahren Sie Stillschweigen, und ich werde das gleiche tun. Wie gesagt, der Plan ist gestorben. Und die Akte Ihres Sohns wird für sehr lange Zeit in meinem Safe ruhen. Ich darf mich verabschieden. Ich glaube nicht, daß ich Sie nochmals belästigen muß.«
    Er lehnte sich in die Polster zurück, als der Tschaika ihn den Komosolski-Prospekt hinunterfuhr. O ja, dachte er, der Plan ist brillant. Aber ist die Zeit nicht zu knapp?
    Ebenso wie der Generalsekretär wußte er, daß die nächsten Wahlen in Großbritannien vorverlegt worden waren und in sechzig Tagen, im kommenden Juni, stattfinden sollten. Die Information an den Generalsekretär war ja schließlich durch seine Rezidentura in der Londoner Botschaft gegangen.
    Karpow ging den Plan nochmals im Geist durch und suchte nach Schwachstellen. Er ist gut, dachte er schließlich, verdammt gut. Das heißt, solange er klappt. Wenn nicht, dann gibt es eine Katastrophe.
    »Ein Initiator, mein guter Mann, ist eine Art Zünder für eine Bombe«, sagte Dr. Wynne-Evans.
    »Oh«, sagte Preston. Er war ein bißchen enttäuscht. Bomben waren etwas Alltägliches in England. Unschön, aber örtlich begrenzt. In Irland hatte er nicht wenig damit zu tun gehabt. Er hatte von Zündern, Detonatoren und Auslösern gehört, aber noch nie von Initiatoren. Sah so aus, als habe der Russe Semjonow ein Bauteil bei sich gehabt, das für eine Terroristengruppe irgendwo in Schottland bestimmt war. Was für eine Gruppe? Tartanarmee, Anarchisten oder eine IRA- Einheit? Die Verbindung nach Rußland war merkwürdig; und sehr wohl die Fahrt nach Glasgow wert gewesen.
    »Dieser, äh, Initiator aus Polonium und Lithium, könnte der in einer Hochbrisanzbombe verwendet werden?«
    »Kann man wohl sagen, Boyo«, antwortete der Waliser, »einen Initiator braucht man zur Zündung einer A-Bo.«

Teil III
      

     
     
1. Kapitel
     
    Brian Harcourt-Smith hörte aufmerksam zu. Er hatte sich zurückgelehnt, die Augen zur Zimmerdecke gerichtet, die Finger spielten mit einem schlanken goldenen Drehstift.
    »War's das?« fragte er, als Preston seinen Bericht beendet hatte. - »Ja«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher