Das vierte Protokoll
Einsatzleiter, der mit den Observanten reist. Ich möchte dieser Einsatzleiter sein.«
»Ja, ich verstehe. Nicht einfach. Aber ich will sehen, was sich machen läßt.«
Sir Nigel seufzte. Essig mit dem Lunch, dachte er. Er ließ seinen Adjutanten kommen.
»Bestellen Sie meinen Lunch im White's ab. Meinen Wagen vorfahren lassen. Und ein Telegramm aufnehmen. In dieser Reihenfolge.«
Während der Adjutant sich an die beiden ersten Aufgaben machte, rief Sir Nigel Sir Bernard Hemmings in seinem Haus bei Farnham in Surrey an.
»Entschuldigen Sie die Störung, Bernard. Es tut sich etwas, und ich möchte Ihren Rat. Nein... lieber unter vier Augen. Könnte ich zu Ihnen hinauskommen? Prachtwetter ohnehin. Ja, gut, also dann gegen drei.«
»Das Telegramm?« sagte sein Adjutant.
»Ja.«
»An wen?«
»An mich.«
»Gewiß. Von wem?«
»Chef der Residentur in Wien.«
»Soll ich ihn benachrichtigen, Sir?«
»Nicht nötig. Sorgen Sie dafür, daß ich vom Chiffrierraum sein Telegramm in drei Minuten erhalte.«
»Selbstverständlich. Und der Text?«
Sir Nigel diktierte den Text. Daß er eine dringende Botschaft an sich selbst schickte, um zu rechtfertigen, was er ohnehin tun wollte, war ein alter Trick, den er von seinem einstigen Mentor, Sir Maurice Oldfield, gelernt hatte. Als der Chiffrierraum das Telegramm in der Form heraufschickte, in der es aus Wien eingegangen wäre, steckte der alte Fuchs es ein und ging hinunter zu seinem Wagen.
Er fand Sir Bernard in seinem Garten in Tilford, wo er, eine Decke auf den Knien, die warme Maisonne genoß.
»Wollte eigentlich heute reinkommen«, sagte der Generaldirektor von »Fünf« mit gutgespielter Munterkeit. »Aber morgen ganz bestimmt.«
»Gewiß, gewiß.«
»Also, wie kann ich helfen?«
»Kitzlig«, sagte Sir Nigel. »Jemand ist soeben aus Wien in London gelandet. Als österreichischer Geschäftsmann ausgewiesen. Aber das ist Schwindel. Wir konnten ihn gestern nacht identifizieren. Tschechischer Geheimagent, einer der Jungens vom StB. Kleiner Fisch, vermutlich ein Kurier.«
Sir Bernard nickte. »Ja, ich bin im Bilde. Auch hier draußen. Habe alles darüber erfahren. Meine Leute haben die Sache im Griff, nicht wahr?«
»Absolut. Nur, es sieht aus, als wolle er heute abend London verlassen. Richtung Norden. Fünf braucht einen Einsatzleiter, der mit den Observanten reist.«
»Selbstverständlich. Es wird sich jemand finden. Brian kann das erledigen.«
»Ja. Es ist natürlich Ihre Operation. Andererseits... Sie erinnern sich an die Affäre Berenson? Zwei Dinge konnten wir nie herausfinden. Hält Marais Verbindung über die Rezidentura hier in London oder benutzt er Kuriere, die von draußen geschickt werden? Und war Berenson der einzige Mann, den Marais führte, oder ist es ein ganzes Netz?«
»Ich weiß. Wir wollten diese Fragen auf Eis legen, bis wir von Marais ein paar Antworten kriegen würden.«
»Das stimmt. Aber heute bekam ich dieses Telegramm von meinem Residenten in Wien.«
Er holte das Telegramm hervor. Sir Bernard las es und hob die Brauen.
»Eine Verbindung zwischen den beiden? Wäre das möglich?«
»Es wäre möglich. Winkler, alias Hayek, scheint eine Art Kurier zu sein. Wien bestätigt, daß er nominell zum StB gehört, tatsächlich jedoch für den KGB arbeitet. Wir wissen, daß Marais in den letzten zwei Jahren, während er Berenson führte, zweimal in Wien gewesen ist. Jedesmal Kulturreisen, aber -«
»Das fehlende Glied?«
Sir Nigel zuckte die Achseln. Niemals übertreiben.
»Und wozu fährt er jetzt nach Sheffield?«
»Wenn wir das wüßten, Bernard. Gibt es in Yorkshire ein zweites Netz? Könnte Winkler Zulieferer für mehrere Netze sein?«
»Und was möchten Sie jetzt von Fünf? Noch mehr Observanten?«
»Nein, ich möchte John Preston. Wie Sie sich erinnern werden, ist er zuerst Berenson auf die Spur gekommen und dann Marais. Ich mag seinen Stil. Er war eine Weile in Urlaub. Anschließend hatte er eine kleine Grippe, wie ich hörte. Aber morgen soll er wieder anfangen. Nachdem er so lange weg war, hat er vermutlich ohnehin keine laufenden Fälle. Technisch gehört er zu See- und Flughäfen, C.5. (C). Aber Sie wissen, daß die Leute von K mehr als ausgelastet sind. Wenn er nur vorübergehend zu K abgestellt würde, könnten Sie ihn für dieses eine Mal zum Einsatzleiter bestimmen..«
»Well, ich weiß nicht recht, Nigel. Das ist wirklich Brians Sache...«
»Ich wäre schrecklich dankbar, Bernard. Schließlich hat Preston die Jagd
Weitere Kostenlose Bücher