Das vierte Protokoll
dessen Insasse die Verbindung zwischen MI5 und der Schwesterorganisation MI6 aufrechterhält. Dieser Beamte ist ein Mann aus Gruppe Sechs, der in die Charles Street abkommandiert ist. Die Sektion trägt die Bezeichnung K.7.
Referat E (hier wird die alphabetische Reihenfolge wieder aufgenommen) befaßt sich mit dem internationalen Kommunismus und dessen Anhängern, die nach Großbritannien einreisen wollen, um dem Land Schaden zuzufügen, sowie mit der einheimischen Spielart, die zum gleichen Zweck ins Ausland reisen möchte. Die zu »E« gehörige Gruppe »Fernost« hat Verbindungsstellen in Hongkong, Neu Delhi, Canberra und Wellington, während »Übrige Gebiete« die ihren in Washington, Ottawa, in Westindien und anderen Freundstaaten unterhält.
Und schließlich Referat F, zu dem John Preston - jedenfalls bis zu diesem Vormittag - gehörte und das für politische Parteien (extreme Linke), politische Parteien (extreme Rechte), Forschung und Agenten zuständig ist,
Referat F haust an der Gordon Street in der vierten Etage, und dorthin, zu seinem Büro, begab Preston sich an jenem Januarmorgen. Er wiegte sich zwar nicht in der Annahme, sein vor drei Wochen eingereichter Bericht werde ihn zu Brian Harcourt-Smiths »Herzblatt des Monats« befördern, aber er glaubte noch immer, daß der Bericht den Weg zum Schreibtisch des Generaldirektors finden würde, zu Sir Bernard Hemmings.
Hemmings, davon war Preston überzeugt, würde die darin enthaltene Information und die zugegebenermaßen zum Teil auf Vermutungen gründenden Resultate an den Vorsitzenden des Koordinierungsausschusses weiterleiten oder an den
Unterstaatssekretär im Innenministerium, dem MI5 unterstellt ist. Ein guter Unterstaatssekretär würde vermutlich der Ansicht sein, daß sein Minister einen Blick in den Bericht werfen sollte, und der Innenminister könnte die Premierministerin darauf aufmerksam machen.
Die Notiz, die Preston bei seiner Ankunft auf dem Schreibtisch fand, belehrte ihn eines anderen. Nachdem er sie gelesen hatte, lehnte er sich zurück und überlegte. Wäre der Bericht an höhere Stellen weitergeleitet worden, so hätte es eine Menge Fragen gegeben, darauf war er vorbereitet gewesen. Er hätte die Antworten gewußt und gegeben, denn er war überzeugt, daß er recht hatte. Das heißt, als Leiter von F.1. (D) hätte er sie geben können, aber nicht, nachdem er in eine andere Abteilung versetzt worden war.
Nach einer Umbesetzung würde der neue Leiter von F.1. (D) den Preston-Report aufs Tapet bringen müssen. Preston wußte nur zu gut, daß zu seinem Nachfolger fast mit Sicherheit einer von Harcourt-Smiths getreuesten Schützlingen ausersehen war, der nichts dergleichen tun würde.
Er rief in der Registratur an. Ja, der Bericht war abgelegt worden. Er ließ sich das Aktenzeichen geben, nur für den Fall künftiger Wiedervorlage.
»Was sagen Sie? KWV?« fragte er ungläubig. »Schon gut, tut mir leid, ja, ich weiß, Sie können nichts dafür, Charlie. War nur eine Frage; kommt ein bißchen überraschend, weiter nichts.«
Er legte den Hörer auf und versank wieder in Gedanken. Gedanken, die man nicht über einen Vorgesetzten hegen darf, auch wenn die gegenseitige Sympathie gleich Null ist. Aber die Gedanken ließen sich nicht verdrängen. Zugegeben, wäre der Report weitergeleitet worden, so hätte man sich höheren Orts auch Gedanken über den Fraktionsführer der Labour-Opposition Neil Kinnock gemacht, der darüber nicht gerade entzückt gewesen wäre.
Es war ferner möglich, daß die nächsten, spätestens in siebzehn Monaten fälligen Wahlen die Labour Party gewinnen würde und daß Brian Harcourt-Smith sich in der Hoffnung wiegte, die neue Regierung werde nichts Eiligeres zu tun haben, als ihn zum Generaldirektor von MI5 zu ernennen. Daß man keine amtierenden oder vielleicht bald amtierenden einflußreichen Politiker vor den Kopf stoßen wollte, war alt wie die Welt. Ein Mann von schwachem und schwankendem Charakter oder von hochfliegendem Ehrgeiz mochte, um sich nicht durch Überbringung schlechter Nachrichten unbeliebt zu machen, durchaus die ganze Geschichte unter den Teppich kehren.
Jeder in der Dienststelle erinnerte sich noch an den Fall eines früheren Generaldirektors, Sir Roger Hollis. Das Rätsel war bis auf den heutigen Tag nicht völlig gelöst, obgleich Parteigänger beider Seiten ihre festumrissenen Ansichten hatten.
Damals, in den Jahren 1962 und 1963, hatte Roger Hollis die Affäre Christine Keeler bereits
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