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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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ungläubig an.
    »Die Glen-Diamanten«, flüsterte er. »Sie haben glatt die Glen-Diamanten geklaut. Und noch kein Wort darüber in der Zeitung.«
    »Vielleicht sind die Leute immer noch verreist«, sagte Rawlings. »Kein Alarm losgegangen. Ich bin gut, wie Sie wissen.«
    »Der Beste, Jim, der Beste. Aber die Glen-Steine. Warum haben Sie mir nichts gesagt?«
    Rawlings wußte, daß es für alle Beteiligten leichter wäre, wenn man schon vor dem Diebstahl einen Absatzweg für die Glen-Diamanten ausfindig gemacht hätte. Aber er arbeitete nach seiner eigenen Methode und war äußerst vorsichtig. Er traute keinem, am wenigsten einem Hehler, auch nicht einem As unter den Nobelhehlern wie Louis Zablonsky. Wenn ein Hehler der Polizei ins Netz geht und lange Jahre im Knast gewärtigen muß, kann er sich durchaus durch einen Tip über einen geplanten Bruch loszukaufen suchen. Der Abteilung »Schwerkriminalität« drüben in Scotland Yard war Zablonsky bekannt, auch wenn er keines der Gefängnisse Ihrer Majestät je von innen gesehen hatte. Deshalb ließ Rawlings nie im vorhinein ein Wort von seinen Raubzügen verlauten und erschien auch stets unangemeldet. Er blieb also die Antwort schuldig.
    Zablonsky war ohnehin völlig in die Betrachtung der Juwelen versunken, die auf seiner Schreibunterlage funkelten. Auch er wußte, woher sie stammten, ohne daß es ihm hätte gesagt werden müssen.
    Der neunte Herzog von Sheffield, der 1936 den Schmuck geerbt hatte, besaß zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, Lady Fiona Glen. Als er 1980 starb, gingen die Juwelen nicht an seinen Sohn, den Erben des Titels, sondern an die Tochter.
    Der Herzog hatte, als sein Sohn 1974 das fünfundzwanzigste Jahr erreichte, zu seinem Kummer einsehen müssen, daß der exzentrische junge Mann das war, was in den Klatschspalten gern als »geborener Junggeselle« bezeichnet wird. Es würde keine hübschen Komtessen von Margate oder Herzoginnen von Sheffield mehr geben, die die berühmten Glen-Diamanten tragen könnten. Daher hatte er den Schmuck der Tochter vermacht.
    Zablonsky wußte, daß Lady Fiona seit dem Tod des Herzogs die Juwelen von Zeit zu Zeit, mit widerwilliger Zustimmung der Versicherungsgesellschaft, zu tragen pflegte, gewöhnlich bei Wohltätigkeitsgalas, die sie recht häufig besuchte. Die übrige Zeit verbrachten sie dort, wo sie so viele Jahre verbracht hatten: in den Tresorräumen von Coutts an der Park Lane. Er lächelte.
    »Die Wohltätigkeitsgala in Grosvenor House kurz vor Neujahr?« fragte er. Rawlings zuckte die Achseln. »Oh, Sie sind ein arger Schlingel, Jim. Aber so begabt.«
    Zablonsky sprach fließend Polnisch, Jiddisch und Hebräisch, aber das Englische beherrschte er auch nach vierzig Jahren in London noch immer nicht völlig und sprach es mit deutlich polnischem Akzent. Auch benutzte er veraltete Ausdrücke, die er längst überholten Lehrbüchern entnommen hatte und die leicht als tuntenhaft mißverstanden werden konnten. Rawlings wußte, daß Louis Zablonsky keine »Tunte« war.
    Zablonsky bewunderte noch immer die Diamanten, wie ein wahrer Kenner jedes Kunstwerk bewundert. Er erinnerte sich vage, irgendwo gelesen zu haben, daß Lady Fiona Glen Mitte der sechziger Jahre einen vielversprechenden jungen Staatsbeamten geheiratet hatte, der Mitte der Achtziger ein hohes Tier in einem Ministerium wurde, und daß das Paar irgendwo im West End dank Lady Fionas Privatvermögen auf großem Fuß lebte.
    »Nun, was meinen Sie, Louis?«
    »Ich bin beeindruckt, mein lieber Jim. Sehr beeindruckt. Aber auch ratlos. Das hier sind keine gewöhnlichen Steine. Jeder in der Diamantenbranche würde sie auf den ersten Blick erkennen.
    Was soll ich mit ihnen anfangen?«
    »Das frage ich Sie«, sagte Rawlings.
    Louis Zablonsky breitete die Hände weit aus.
    »Ich will Sie nicht belügen, Jim. Ich spreche frei heraus. Die Glen-Diamanten haben vermutlich einen Versicherungswert von siebenhundertfünfzigtausend Pfund, und etwa soviel brächten sie auch ein, wenn sie legitim durch Cartier verkauft würden. Aber das geht selbstverständlich nicht. Bleiben zwei Möglichkeiten. Zum einen, daß sich ein reicher Käufer findet, der die Glen-Diamanten haben will, obwohl er weiß, daß er sie nie zeigen kann oder zugeben, daß er sie besitzt - ein reicher Filz, der sich im stillen Kämmerchen an seinem Schatz berauscht. Solche Leute gibt es - aber sie sind rar. Sie würden vielleicht die Hälfte des Preises zahlen, den ich genannt habe.«
    »Wann könnten

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