Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
völlig isoliert auf der anderen Seite des Atlantiks.
    Natürlich hängt die Realisierung der Möglichkeiten, die ich in diesem Memorandum beschrieben habe, von einem Sieg der Labour Party ab, und dafür könnten die nächsten, im Frühjahr 1988 stattfindenden Wahlen die vielleicht letzte Gelegenheit bieten.
    Das alles wollte ich ausdrücken mit meiner während des Abendessens bei General Kryutschow gemachten Bemerkung, die politische Stabilität Großbritanniens werde in Moskau dauernd überschätzt, »und heute mehr denn je«.
    Hochachtungsvoll!
    Harold Adrian Russell Philby
    Die Antwort des Generalsekretärs kam überraschend schnell. Einen Tag, nachdem Philby den Bericht an Major Pawlow ausgehändigt hatte, stand der undurchdringlich und kalt blickende junge Offizier vom Neunten Direktorat schon wieder vor seiner Tür. Er hatte einen Umschlag aus Manilapapier in der Hand, den er Philby wortlos reichte. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand.
    Es war wieder ein Handschreiben vom Generalsekretär persönlich, kurz und sachlich wie immer.
    Der Sowjetführer dankte darin Philby für seine Mühe. Er könne die Richtigkeit von Philbys Ausführungen im großen und ganzen bestätigen. Der Sieg der Labour Party bei den nächsten allgemeinen Wahlen sei daher für die UdSSR eine Sache von vordringlicher Wichtigkeit. Er werde einen kleinen, nur ihm persönlich verantwortlichen Ausschuß ins Leben rufen, der ihn über eventuell zu treffende Maßnahmen beraten solle. Er fordere Harold Philby auf, sich diesem Ausschuß als Berater zur Verfügung zu stellen.

 
4. Kapitel
     
    Die Männer, die Raoul Levy aufsuchten, waren zu viert; große, schwere Männer, die in zwei Autos vorfuhren. Das erste hielt nach einigem Suchen vor Levys Bungalow an der Molenstraat, während das zweite hundert Meter weiter parkte.
    Dem ersten Wagen entstiegen zwei Männer, die rasch, aber lautlos über die kurze Zufahrt zur Haustür gingen. Die beiden Fahrer warteten bei ausgeschalteten Scheinwerfern und laufenden Motoren. Es war ein bitterkalter Abend, kurz nach neunzehn Uhr, stockfinster, und niemand sonst war um diese Zeit am 15. Januar in der Molenstraat unterwegs.
    Die Männer, die an die Haustür klopften, traten energisch und bestimmt auf, wie Leute, die keine Zeit zu verlieren, eine Aufgabe zu erfüllen und die Absicht haben, sie so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Sie stellten sich nicht vor, als Levy öffnete. Sie traten einfach ins Haus und drückten die Tür hinter sich zu. Levy hatte noch kaum den Mund aufgemacht, als vier steife Finger, die ihm in den Magen gerammt wurden, seinen Protest im Ansatz erstickten.
    Die großen Männer stopften ihn in seinen Mantel, stülpten ihm den Hut auf, schoben ihn aus der Tür, die sie ins Schloß schnappen ließen, und steuerten ihn geschickt zum Wagen, dessen rückwärtige Tür aufging, kaum daß sie bei ihm angelangt waren. Als sie, Levy auf dem Rücksitz zwischen sich geklemmt, abfuhren, waren zwanzig Sekunden vergangen.
    Sie brachten ihn zur Kesseise Heide, einem großen öffentlichen Park nordwestlich von Nijlen, der aus fünfzig Hektar Gras- und Heideland besteht, auf dem Eichen und verschiedene Nadelbäume wachsen. Der Park lag völlig verlassen da. Ein gutes Stück abseits der Fahrstraße, inmitten der Heide, hielten die beiden Wagen. Der Fahrer des zweiten Autos, der das Verhör führen sollte, rutschte auf den Beifahrersitz.
    Er drehte sich zum Fond des Wagens um und nickte seinen beiden Kumpanen zu. Der rechts von Levy sitzende Mann schlang die Arme um den schmächtigen Diamantenschleifer, so daß der sich nicht mehr bewegen konnte, und eine behandschuhte Hand preßte sich auf Levys Mund. Der andere Mann brachte eine starke Drahtzange zum Vorschein, packte Levys linke Hand und zerquetschte blitzschnell drei Fingerknöchel, einen nach dem anderen.
    Daß sie ihm nicht einmal Fragen stellten, setzte Levy noch schlimmer zu als der rasende Schmerz. Sie schienen völlig uninteressiert. Als der vierte Fingerknöchel zu Brei gequetscht wurde, hatte Levy nur noch einen Wunsch: Er wollte gefragt werden.
    Der Inquisitor auf dem Vordersitz nickte lässig und sagte: »Wollen wir reden?«
    Hinter dem Handschuh nickte Levy frenetisch. Der Handschuh wurde weggenommen. Levy stieß einen langen gurgelnden Schrei aus. Als er verstummte, sagte der Inquisitor:
    »Die Diamanten. Aus London. Wo sind sie?«
    Er sprach flämisch, aber mit starkem ausländischem Akzent. Levy sagte es ihm

Weitere Kostenlose Bücher