Das volle Risiko
wird.“
„Sie sind noch immer der Ansicht, daß Bruno ein Simulant ist, nicht wahr, Donald?“
Ich dachte einen Augenblick über diese Frage nach. „Nein. So genau möchte ich mich im Augenblick nicht festlegen. Ich habe so das Gefühl, daß bei allen Beteiligten irgend etwas nicht stimmt. Mir schwant, als ob sie alle etwas am Stecken haben und ein ganz bestimmtes Spiel treiben.
„Dieser Bruno ist möglicherweise ein ganz ausgekochter Bursche, der vielleicht in Erfahrung gebracht hat, daß diese zwei Wochen Gratisaufenthalt auf der Gästeranch eine Falle für ihn sein soll, und diese Melita Doon hat ihm eventuell eine Röntgenaufnahme gegeben, die er im weiteren Verlauf dieses Falles zu verwenden gedenkt. Außerdem vermute ich, daß Beckinridge vielleicht auf einen smarteren Verhandlungspartner gestoßen wäre als erwartet, wenn er versucht hätte, den Fall schon heute zu regeln.
„Wir haben noch nicht genug Material, um etwas unternehmen zu können. Ich werde aber den Freund von Melita Doon, diesen Marty Lassen, aufsuchen und sehen, ob ich etwas aus ihm herausquetschen kann.
„Wenn man jemanden einer Gaunerei verdächtigt und dann feststellt, daß dieser Mann auf irgendeine Weise mit einer Krankenschwester liiert ist, mit der er sich zu nächtlicher Stunde heimlich trifft, dann bricht man die Nachforschung mittendrin nicht gern ab. Verstehen Sie das, Elsie?
„Gefühlsmäßig beschäftige ich mich vordringlich mit diesem Chester. Ich ergreife aber nicht deshalb für ihn Partei, weil er offensichtlich in Frank Sellers’ Zwinger der räudige Hund ist. Es hat sich zu oft gezeigt, daß sich Seilers eine feste Meinung bildet, selbst wenn er noch nicht einmal die Hälfte der Tatsachen beisammen hat. Er hat schnell einen Hauptverdächtigen zur Hand, und dann hängt er dem Unglücklichen jeden Fetzen Beweismaterial an, den er ergattern kann, um dessen Schuld zu beweisen; daß auch eine verdächtige Person unschuldig sein kann, zieht er kaum in Betracht.“
„Nun, Donald, daß die Indizienbeweise gegen Chester recht eindrucksvoll sind, werden Sie doch zugeben müssen.“
„Das schon“, bestätigte ich. „Aber wir wissen immer noch nicht, wie die Zusammenhänge aus Chesters Perspektive aussehen. Für einen unvoreingenommenen Menschen sind das alles keine Beweise gegen ihn.“
„Aber wie soll man es sich sonst erklären, daß Mrs. Chesters Wagen von der Fahrbahn den Abhang hinuntergedrückt wurde? Das muß doch ihr Mann gewesen sein.“
„Moment mal, Elsie. Woher wissen Sie, daß Chester den Wagen gefahren hat?“
„Nun, das steht doch außer Frage. Da ist das Stückchen Glas vom Scheinwerfer und da ist außerdem —“
„Sie könnten höchstens sagen, daß es möglicherweise der von Chester gemietete Wagen gewesen ist, der den anderen von der Straße abdrängte ; aber Sie können nicht behaupten, daß es der von Chester gefahrene Wagen war.“
Sie dachte einen Augenblick darüber nach und gab dann zu: „Sie haben recht, wenn man es sich richtig überlegt, dann ist das wohl das einzige, was beweisbar ist.“
„Und was Beckinridge betrifft“, klärte ich sie weiter auf, „so baut sich seine Handlungsweise nicht etwa auf gründlichen Untersuchungen des Schadenanspruches von Bruno auf — er geht einfach davon aus, daß Chester in eine verteufelte Lage zu geraten droht.
„Das bedeutet aber doch keineswegs, daß Brunos Anspruch vollauf gerechtfertigt ist. Ebensowenig erklärt es seine Bekanntschaft zu einer Krankenschwester, der Röntgenaufnahmen abhanden gekommen sind.“
„Donald, wenn Sie mir das alles so erklären, klingt es ganz logisch.“
„Sehen wir uns doch einmal das Verbrechen an, das Chester begangen haben soll. Er soll seiner Frau nach San Bernardino gefolgt sein; dann weiter nach Tehachapi; dann hat er sie samt Wagen angeblich an einer gefährlichen Stelle über die Böschung gedrückt. Als der Wagen dann doch noch nicht so abstürzte, daß sie dabei umkam, parkte er sein eigenes Fahrzeug, nahm einen Schraubenschlüssel, ging zu ihr hinunter und beförderte sie ins Jenseits. Dann wartete er eine geraume Zeit, bis er sich entschloß, den Wagen weiter den Abhang hinunterrollen zu lassen. Und als er das schließlich getan hatte, wartete er noch, bis es Tag wurde, kam zurück und steckte die Karre in Brand.
„Man kann so ein Verbrechen aber auch aus anderer Sicht sehen. Kommt man erst hinter das eigentliche Motiv, das die Handlungen eines Menschen bestimmt, dann wird sich meistens
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