Das volle Risiko
Schuldbeweise ist.“
Der stellvertretende Sheriff nickte zustimmend mit dem Kopf.
Seilers wurde wütend. „Hör nicht auf den Burschen, Jim. Wenn du ihn eine Weile hast reden lassen, dann glaubst du nachher, es habe nie eine Leiche, nie einen verbrannten Wagen, nie Spuren und die anderen Beweise gegeben.“
Da ich merkte, daß der Sheriff vernünftigen Argumenten zugänglich war, ließ ich nicht locker. „Meine Herren, wir wollen doch realistisch bleiben. Der Sachverhalt ist folgender: Foley Chester hat eine Geschäftsreise angetreten und für die Zeit seiner Abwesenheit keine Anschrift hinterlassen. Das machen viele Vertreter so. Nichts, aber auch gar nichts weist darauf hin, daß es sich nicht um eine seiner regulären Geschäftsreisen handelt. Was haben Sie denn schon für Beweise? Ein paar Farbkratzer an dem Mietwagen und ein Stückchen Scheinwerferglas. Das ist aber auch alles.“
„Sprechen Sie nur weiter“, ermunterte mich der Sheriff. „Wenn Sie eine fundierte Theorie haben, würde ich sie gern kennenlernen.“
„Wenn ich richtig informiert bin, sind die Polizeibeamten dort auf den Grund des Canyons gestiegen, um sich den ausgebrannten Wagen anzusehen“, fuhr ich fort.
„Richtig.“
„Wenn ich aber die Spuren richtig deute, ist man diesen sandigen Flußgrund nicht entlanggegangen.“
„Stimmt auch.“
„Dann sind Sie also wieder den gleichen Weg bis zur Chaussee emporgeklettert?“
„So war es.“
„Und wie lange haben sie dafür gebraucht?“
Sheriff Dawson grinste und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Ich bin nicht gerade mehr der jüngste. Mir ist beinahe die Luft weggeblieben, bis wir wieder oben waren.“
„Würden Sie sagen, daß Sie dazu eine halbe Stunde gebraucht haben?“ fragte ich.
„So lange ganz bestimmt“, bestätigte er.
„Gut. Dort, wo der Wagen von der Straße abkam, ist eine Kurve, und die Fahrbahn ist sehr schmal.“
„Eine so lange Stelle mußte Chester sich doch auch aussuchen“, sagte der Sheriff. „Hätte es dort keine Kurve gegeben und wäre die Straße nicht so schmal, dann hätte seine Frau doch ausweichen, auf die Bremse treten oder mit Vollgas weiterfahren können. Jedenfalls hätte sie Gelegenheit gehabt, auf irgendeine Weise dem Anschlag zu entgehen.“
Ich entwickelte diese Theorie weiter. „Sie sind doch der Ansicht, der Wagen der Frau sei dort oben von der Straße gedrückt worden. Er ist dann den Abhang hinuntergerollt und vor einem Felsblock zum Stehen gekommen. Dann hat — immer Ihrer Theorie folgend — Chester seinen Mietwagen angehalten und ging zum Wagen seiner Frau hinunter, um den Mord an ihr zu begehen. Dann machte er den Wagen vom Felsblock frei und ließ ihn den Hügel weiter hinunterrollen, eine ziemlich lange Strecke.“
„Ja, so muß es gewesen sein.“
„Und danach kletterte Chester wieder den Abhang hoch, stieg in seinen Wagen und fuhr irgendwohin, um das Tageslicht abzuwarten. Als es hell war, kam er zurück, parkte seinen Wagen, kletterte erneut zu dem Wrack hinunter, träufelte Benzin in das Wageninnere, ließ den Verschluß des Tanks offen und steckte die Karre in Brand.“
„Was soll daran nicht stimmen?“ fragte der Sheriff.
„Dann muß Chester also den Abhang wieder hinaufgeklettert sein?“
„So nehmen wir es an.“
Seilers spie verächtlich auf den Boden.
„Folglich muß er seinen Wagen oben in der engen Kurve etwa anderthalb Stunden geparkt haben. Sie wissen doch sicher, daß dort oben Halteverbotsschilder angebracht sind. Was glauben Sie, wie lange wohl ein Auto da geparkt stehen kann? Bei der Enge dieser Kurve? Schon der erste nachfolgende Verkehrsteilnehmer würde dies dem nächsten Verkehrspolizisten melden.“
Dawson leuchtete das ein. „Junger Mann, mir scheint, Sie haben da wirklich auf einen wichtigen Punkt gewiesen.“
Er wandte sich an Seilers. „Wir sollten uns oben die Verkehrsschilder einmal ansehen; es kann doch sein, daß wir da etwas übersehen haben.“
Seilers wehrte müde und geringschätzig ab. „Wenn du dem Burschen noch eine Minute zuhörst, dann glaubst du, da oben gäbe es überhaupt keine Chaussee. Der flunkert dir noch vor, du hättest nur ein Stückchen Faden gesehen und hieltest das für eine Straße.“
Dann drehte sich Seilers unwirsch zu mir um. „Sie haben stets Ihr Köpfchen voller Theorien, Däumling. Ich gebe zu, daß ab und zu auch brauchbare darunter waren. In diesem Falle haben wir aber keinen Bedarf dafür. Unsere Indizien sind
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