Das volle Risiko
wir hier klären konnten; gehen wir jetzt. Ich muß schon sagen, die beiden Damen wohnen recht luxuriös, wenn man bedenkt, daß sie Krankenschwestern von Beruf sind.“
Josephine begann jetzt zu weinen.
„Sie dürfen dieses Wäschereizeichen nicht benutzen“, jammerte sie. „Das...“
„Ja, ja, ich weiß“, antwortete Bertha besänftigend, „Ihr Vetter, der auf Reisen ist... Also gut, solange Sie kein Aufsehen von unserem Besuch machen, werden wir der Sache nicht weiter nachgehen.“
Sie schob sich zur Wohnungstür hinaus, und ich folgte ihr.
Im Flur fuhr ich Bertha an: „Diesmal hast du aber verdammt viel riskiert. Du hattest kein Recht, in die Schlafzimmer zu gehen und dort alles durchzuwühlen.“
„Vergessen wir das“, antwortete sie. „Ich sehe auf den ersten Blick, ob mit so einem Flittchen alles in Ordnung ist oder nicht.“
„Manchmal sind es aber auch Flittchen, die in Prozessen wichtige Aussagen machen.“
„Ich weiß, aber alle diese Mädchen haben ihren wunden Punkt. Was für eine Type ist denn diese Melita?“
„Sie wirkt ziemlich demütig und bescheiden. Man könnte fast annehmen, sie gehört einem Kirchenchor an, und mit ihren Reizen operiert sie auch nicht.“
„Quatsch!“ antwortete Bertha. „Entweder macht sie Geld auf die Sexmasche, oder sie kassiert für die abhanden gekommenen Röntgenaufnahmen. Mag sein, daß ihre Fähnchen zeitweise einfach und auch tugendhaft aussehen; es hingen aber auch reichlich teure Kleider in ihrem Schrank, die könnten sogar aus Paris stammen. Und erzähle mir nur nicht, der Freund von Josephine bezahle ein Doppelapartment mit diesem Luxus auch für Melita, nur weil Josephine gern Gesellschaft hat.“
Wir schepperten mit dem Fahrstuhl nach unten bis zum Erdgeschoß. Am Wagen angelangt, zwängte sich Bertha seufzend in den Fond und knallte dann die Tür so zu, daß die Scheiben klirrten. „Ich verstehe dich nicht, Donald. Wozu hast du mich eigentlich den langen Weg hierhergeschleppt und unsere kostbare Zeit vergeudet? Du hättest doch beim ersten Besuch sofort sehen müssen, daß diese teure Wohnung nicht mit ehrlich verdientem Geld bezahlt wird. Eine kranke Mutter! Daß ich nicht lache!“
Ich fuhr Bertha zu ihrer Wohnung, setzte sie dort ab und fuhr sofort zu Beckinridge.
Er öffnete bereits die Tür, noch ehe ich auf den Klingelknopf gedrückt hatte.
„Guten Tag, Donald“, begrüßte er mich herzlich. „Ich hatte mehrfach versucht, Sie telefonisch zu erreichen.“
„Man hat es mir ausgerichtet. Ich war aber der Ansicht, Sie hätten unsere Agentur von jeder Verantwortung in der Sache Bruno entbunden, so daß ich —“
„Das war ein Fehler von mir, Donald“, gestand er. „Und ich gebe das auch ehrlich zu.“
Ich folgte ihm ins Wohnzimmer und fragte ihn. „Bin gespannt, was sich Neues ereignet hat.“
„Ich habe einen Bericht aus Arizona erhalten.“
„Haben Sie schon einen Inspektor mit dem Geld hingeschickt?“
„Das nicht. Inzwischen erhielt ich einen wichtigen Telefonanruf; hiernach erscheint es mir völlig zwecklos, zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Beauftragten zu Bruno zu schicken, um eine Einigung zu erzielen.“
„Nanu, was liegt denn vor?“
„Vielleicht sollte ich es Ihnen so erklären: Wenn man nach einem gut ausgetüftelten Plan mehrmals erfolgreich vorgegangen ist, scheint es sich eines Tages nicht mehr auszuzahlen, es weiter auf dieselbe Weise zu versuchen.“
Da ich ihm auf diese allgemein gehaltene Formulierung zunächst nichts erwidern konnte, wartete ich ab, was er noch zu sagen hatte.
„Setzen Sie sich doch, Lam; was darf ich Ihnen zu trinken anbieten? Einen Whisky mit Soda, oder lieber einen Bourbon und Seven-up?“
„Danke, im Augenblick möchte ich nichts trinken. Für den Fall, daß wir nicht mehr viel Zeit haben, offen miteinander zu reden, würde ich vorschlagen, daß Sie gleich zur Sache kommen.“
„Sie haben vollkommen recht“, pflichtete er mir bei. „Also hören Sie zu, die Lage ist folgende: Meine Idee mit dem vorgetäuschten Preisausschreiben hat sich in zwei Fällen, die wir vor Gericht austragen mußten, ausgezeichnet bewährt. Auch in drei anderen Fällen, in denen wir uns außergerichtlich auf einen Kompromiß einigten, hatte ich damit Erfolg. Als unsere in diese Sache eingewiesenen Mitarbeiter dann zueinander mehr persönlichen Kontakt gewonnen hatten, klappte es leider nicht mehr so gut.
„Wie Sie wissen, bestand die Idee darin, den Simulanten, der eine hohe
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