Das Vortex Fiasko
zum ersten Mal fest, daß das gesamte Personal rote Schilder an den Jacken- oder Kittelaufschlägen stecken hatte. Er trug die Aktentasche mit Chilgers' Initialen darauf zur Schau, was für den Augenblick genauso gut war; doch für wie lange noch? Früher oder später würde ihn jemand ansprechen. Die daraus resultierende Konfrontation würde vielleicht alles verderben. Doch er hatte keine andere Wahl.
Dann kam Bane ein Mann entgegen, der einen grünen Chirurgenkittel trug und ihm flüchtig bekannt vorkam. Bane fühlte, wie Panik in ihm emporstieg, als sich ihre Blicke trafen und der Mann in einen Raum trat. Bane begriff, daß dies einer der Männer war, die an diesem Nachmittag in den Limousinen eingetroffen waren, und ging schnell in den Raum neben dem, den der Mann betreten hatte.
Der Raum roch stark nach Alkohol, woraufhin Bane sofort auffiel, daß die Gänge dieser Etage überhaupt keinen Geruch gehabt hatten, abgesehen von dem Parfüm oder Rasierwasser der Menschen, denen er begegnet war. Er sah sich um und stellte fest, daß er sich in einer Art Umkleideraum für Chirurgen befand. Es befanden sich lindgrüne Monturen hier, ganze Stapel von Mundmasken und zumindest fünf verschiedene Seifen. Auf einem Regal an der linken Wand lagen Tabletts mit sterilen Instrumenten. Bane sah, daß von einigen noch Dampf aufstieg, was bedeutete, daß sie erst kürzlich für eine noch durchzuführende Operation vorbereitet worden waren. Bane trat zur rechten Wand, die an den Raum grenzte, den der Mann aus der Limousine betreten hatte. Er nahm leise Stimmen wahr, drückte das Ohr gegen die Wand und konzentrierte sich auf die Worte.
»Dann sind wir uns also über die Vorgehensweise einig?« fragte eine nun deutlich auszumachende Stimme.
»Solange wir alle Schritte wie geplant durchführen können«, gab eine andere zurück. »Offen gesagt – ich bin skeptisch. Meine Erfahrungen mit der Gehirnchirurgie sagen mir, daß man sehr selten eine Operation beenden kann, ohne daß es dabei zu unliebsamen Zwischenfällen gekommen ist.«
»Wir können damit fertig werden«, gab die erste Stimme zurück.
»Wie alt war der Junge noch?« Eine dritte Stimme.
»Fünfzehn«, gab die erste zurück.
»Na ja, sein Schädelinnenraum und die Schläfenlappen dürften kein großes Problem darstellen. Und das Röntgenbild zeigt ein ausgesprochen leistungsfähiges Organ. Bei der Gehirnchirurgie müssen wir uns zumeist mit beträchtlichen Schwellungen befassen, und die halten einen so sehr auf.«
»Im Prinzip erwarte ich nicht die geringsten Schwierigkeiten«, meldete sich eine vierte Stimme zu Wort. »Meine Herren, wir alle haben uns darauf spezialisiert, beschädigte Gehirne in Ordnung zu bringen. Ein gesundes zu entfernen, sollte sich als Kinderspiel erweisen.«
»Aber nicht, wenn wir es am Leben erhalten müssen«, entgegnete die zweite Stimme, »denn das heißt, daß wir seine Sauerstoffversorgung nicht länger als fünfzehn Sekunden unterbrechen dürfen.«
»Mehr noch«, fügte die erste Stimme hinzu. »Wir können uns nicht die geringste Zellbeschädigung leisten.«
»Wo ist der Anästhesist?«
»Er bereitet den Jungen gerade vor«, erwiderte die erste Stimme. »Hoffentlich rasiert er ihm sein buschiges Haar ab, damit es uns nicht in den Weg kommt.« Unterdrücktes Gelächter folgte.
Bane spürte, daß er plötzlich fror. Er wurde sich bewußt, daß sich seine Hände um die Bretter des Regals krallten. Die Männer im Nebenzimmer – offensichtlich Chirurgen – sprachen über Davey Phelps. Sie wollten zu irgendeinem schrecklichen Experiment sein Gehirn entfernen! Für kurze Zeit ließ Bane die Vernunft im Stich. Seine Hände lösten sich von dem Regal und ballten sich zu Fäusten. Das war alles, was er tun konnte, um sich davon abzuhalten, in den Nebenraum zu stürmen und die Mitglieder des Chirurgenteams zu töten. Er wäre durchaus dazu imstande; es würde ihm keinerlei Schwierigkeiten bereiten. Doch er unterdrückte diesen Drang und ließ den Wintermann wieder die Führung übernehmen. Das Chirurgenteam zu töten, würde ihm nicht weiterhelfen; er würde damit allerhöchstem die Sicherheitsabteilung von COBRA mit der Nase darauf stoßen, daß ein Eindringling anwesend war. Chilgers würde wissen, daß man sein Reich infiltriert hatte, und wenn der Colonel ihn erwartete, würde Bane Vortex niemals aufhalten können. Nein, er durfte das Überraschungsmoment nicht aus der Hand geben.
Im Nebenraum wurde die Unterhaltung mit Begriffen
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