Das Wagenrennen
ein paar Tagen werden die Straßen Kanälen ähneln, und kein Fahrzeug mit Rädern wird sie noch passieren können. Ich stehe auf, zünde meine Laterne an und gehe nach nebenan. Sarija schläft immer noch auf dem Sofa. Ein Maskierter mit einem Schwert in der Hand beugt sich über sie und will ihr gerade die Kehle durchschneiden. Das habe ich nicht erwartet.
Ich werfe meine Lampe in seine Richtung. Er wehrt sie mit dem Arm ab, und sie zersplittert am Boden. Jetzt ist es stockdunkel im Zimmer, und ich bin mit einem bewaffneten Widersacher eingesperrt. Bevor meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, höre ich, wie er mich anspringt. Also werfe ich mich zur Seite, stoße gegen etwas und stürze schwer zu Boden.
Im nächsten Moment bin ich wieder auf den Füßen, und da meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehe ich, wie mein Angreifer versucht, mich zu umgehen. Ich lasse ihn in dem Glauben, dass ich ihn nicht gesehen habe. Er stößt mit dem Schwert nach mir, aber ich bin darauf vorbereitet und weiche ihm aus. Dann packe ich sein Handgelenk, und er knurrt überrascht. Ich ziehe ihn heran.
»Du kämpfst besser, als du aussiehst, Fettsack«, knurrt er und versetzt meinem Schienbein einen Tritt. Das tut weh, aber ich lasse ihn nicht los, bis ich ihn zu mir hochgezogen habe. Dann schlage ich ihm ins Gesicht. Er schreit vor Schmerz, als seine Nase bricht. Das gefällt mir.
Er fuchtelt mit dem Schwert herum, ist jetzt aber unkonzentriert. Ich warte ruhig auf meine Chance. Erneut stürzt er sich auf mich. Ich springe geschickt über die reglose Gestalt von Sarija, und er stolpert über sie. Dann schnappe ich mir einen Dolch von meinem Schreibtisch und schleudere ihn gegen den Kerl. Er trifft ihn in der Brust, und er fällt tot um.
Ich betrachte den Leichnam. Er war kein guter Kämpfer und hätte es sich überlegen sollen, bevor er sich mit mir anlegt. Schließlich habe ich viel Erfahrung.
Makri stürmt herein, nackt und nur mit ihrem Schwert in der Hand. Anscheinend hat der Lärm sie alarmiert.
»Wer ist das?«
»Das weiß ich nicht.«
Ich zünde eine Lampe an, damit wir besser sehen können. Aber klüger werde ich nicht. Es ist irgendein unbekannter Kerl, den ich noch nie zuvor gesehen habe.
»Was ist passiert?«
»Ich habe ihn dabei überrascht, wie er Sarija töten wollte.«
Die ist nicht einmal aufgewacht. Dieses Boah scheint ziemlich wirkungsvoll. Vielleicht würde ich ja besser schlafen, wenn ich es auch nähme.
Ich schleppe den Leichnam aus meinem Büro auf die Straße, wo ich ihn in einer Gasse liegen lasse. Ich will diesen Vorfall nicht der Zivilgarde melden, weil die das nur als Vorwand nehmen würde, mir das Leben noch schwerer zu machen. Der Regen wäscht sofort alle meine Fußspuren weg, was nicht etwa heißen soll, dass die Gardisten sich lange damit aufhalten würden, nach Spuren zu suchen. In ZwölfSeen ist es ganz normal, ab und zu einen Toten in einer Gasse zu finden. Als ich zurückkomme, hat Makri sich ein Wams übergezogen.
»Hättest du das nicht schon tun können, bevor du hereingekommen bist?«
»Warum denn?«
»Das ist wieder so eine Frage der Etikette. Hier bei uns stürmen junge Frauen nicht splitternackt in die Räume von irgendwelchen Männern.«
»Das würdest du nicht sagen, wenn sie zu viert gewesen wären und du meine Hilfe gebraucht hättest.«
»Wahrscheinlich nicht. Trägst du denn nie etwas, wenn du schläfst?«
»Nein. Du?«
»Natürlich. Nackt schlafen nur die Barbaren. Das ist so, als wenn du mit den Fingern essen würdest.«
»Und wenn du mit jemandem im Bett bist?«
»Nimmt man trotzdem Besteck.«
Makri meint, wenn sie schon wach ist, kann sie auch die wenigen Stunden bis zum Tagesanbruch nutzen, um ein bisschen Philosophie zu lernen. Sie besucht eine öffentliche Vorlesung von Sermonatius im Forum. Seitdem rätselt sie über die ewigen Formen.
»Glaubst du, dass wirklich irgendwo im Universum eine große, perfekte Axt existiert, von der meine eigene nur ein blasses Abbild ist?«
»Nein.«
»Sermonatius behauptet das aber. Und er ist der weiseste Mann im Westen.«
»Wer sagt das?«
»Alle sagen das.«
Ich will einen Witz machen, verkneife mir die Bemerkung aber lieber. Makri liebt ihre Philosophievorlesung und regt sich mächtig auf, wenn ich mich darüber lustig mache. Da sie mir eben noch zu Hilfe kommen wollte, sollte ich wohl eine Weile nett zu ihr sein. Sie will wissen, ob ich Sarijas Fall übernehme. Das werde ich, falls Sarija
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