Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wagenrennen

Das Wagenrennen

Titel: Das Wagenrennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Scott
Vom Netzwerk:
Grundstücksspekulationen verloren. Mursius und er waren Vettern. Also hat er sie aufgenommen.«
    Verstehe. Ich habe mich schon gefragt, warum eine so offensichtlich aristokratische Frau wie Carilis als Kindermädchen arbeitet.
    »Habt Ihr jemals daran gedacht, vom Boah loszukommen?«
    »Jeden Tag. Aber das ist nicht so einfach.«
    Ich unterhalte mich noch eine Weile mit ihr. Jetzt, da sie bei klarem Verstand ist, wirkt sie gar nicht mehr so unsympathisch. Im Gegenteil, ich mag sie sogar, vor allem, als sie mir erzählt, welche Schwierigkeiten sie nach der Hochzeit mit Mursius’ Verwandtschaft hatte. Sarija stammt aus einer deutlich niederen Klasse als der Senator, und seine Verwandten konnten sie ganz und gar nicht leiden.
    »Meine Mutter war eine Tänzerin aus Simnia. Ich habe die Tradition beibehalten und in der Meerjungfrau gearbeitet. Die Kaschemme war damals ein ziemlich rauer Platz für ein Mädchen.«
    »Das ist sie immer noch. Es ist so ziemlich die rüdeste Kaschemme in ganz ZwölfSeen. Ich verstehe jetzt, warum Mursius’ Sippe Euch nicht mochte. Wann habt Ihr Euch kennengelernt?«
    »Während der Orgk-Kriege. Ihr wisst ja, dass die Klassentrennung eine Weile aufgeweicht war, als die Orgks vor den Toren standen. Mursius kam mit einigen seiner Untergebenen in die Kaschemme, wenn sie dienstfrei hatten. Dort haben wir uns ineinander verliebt. Als der Krieg zu Ende war, kam er nach ZwölfSeen zurück, entführte mich in seiner Kutsche und heiratete mich. Das hatte ich nicht erwartet. Eine Weile ging alles gut…« Sie hob die Hände. »Aber seine Familie hat mich niemals akzeptiert.«
    Das kann ich nachfühlen. Ich habe unter den Verwandten meiner Frau ebenso gelitten. Man kann den Geburtsstand der Turanianer an ihren Namensendungen erkennen. Die Namen von vornehmen Frauen enden normalerweise auf »is«, wie zum Beispiel in Carilis. Niemand würde Sarija für eine Aristokratin halten, nicht einmal, wenn sie sich wie eine benehmen würde.
    »Habt Ihr ein Bier?«
    Ich reiche ihr eins.
    Sie trinkt es genüsslich. »Wusstet Ihr, dass die Oberklasse nur Wein trinkt? Ich habe seit Jahren kein Bier mehr getrunken.«
    Ich sage ihr nichts von dem Mann, den ich überrascht habe, als er versuchte, ihr die Kehle durchzuschneiden. Vielleicht war es ja nur ein Einbrecher mit einer besonders miesen Angewohnheit. Aber ich bezweifle es.
    Sie leert die Flasche zügig und bittet um eine zweite. Sie wird mir immer sympathischer. Jeder Bierfreund ist auch mein Freund. Hoffentlich hat nicht sie Mursius umgebracht. Wir plaudern noch eine Weile über ihn. Plötzlich fängt sie an zu weinen. Nicht hysterisch, sondern einfach nur ruhig und traurig.
    Ich hasse es, wenn meine Klienten heulen, vor allem, wenn es sich um Frauen handelt. Ich weiß dann nie, was ich machen soll. Ich tätschele ihre Hand. Aber das ist nicht besonders wirkungsvoll.
    »Ich werde den Mörder finden«, verspreche ich ihr.
    Das scheint sie ein bisschen zu trösten, aber es kann ihre Tränen nicht stoppen.
    Ein offizieller Bote vom Senat trifft ein. Ich reiße die Schriftrolle auf und lese sie müde.
    Kommt sofort zum Stadion Superbius, steht da. Zitzerius hat unterschrieben. Vermutlich hat er schlechte Nachrichten für mich, aber eigentlich bin ich ganz froh, dass ich jetzt einen Grund habe, vor Sarijas Tränen zu flüchten.

9. KAPITEL
    Das Stadion Superbius liegt direkt vor dem Osttor außerhalb der Stadtmauern. Es ist die größte Arena von allen Städten in der Liga der Stadtstaaten. Die Wagenrennbahn ist die längste in diesem Teil der Welt. Natürlich ist die von Samserika länger, aber Samserika liegt im Weiten Westen und ist viel größer als Turai.
    Ich reite durch die Lustgärten zum Osttor. Normalerweise genieße ich diese Strecke, aber da die Lustgärten zur Hälfte unter Wasser stehen, bieten sie einen ziemlich armseligen Anblick. Außerdem bedrücken mich die Gedanken an den Grund, aus dem Zitzerius mich zu sich gerufen haben könnte. Ich vermute stark, dass ich einem Orgk vorgestellt werden soll. Darüber hinaus bin ich mittlerweile so nass wie die Decke einer Meerjungfrau, weil ich auf meinen magischen Regenmantel verzichtet habe. Stattdessen habe ich meine zauberischen Fähigkeiten damit erschöpft, mir den Schlafzauber ins Gedächtnis zu rufen. Lord Rezaz mag ja auf Einladung des Königs hier sein, aber ich werde trotzdem keinem Orgk ohne geeignete Vorsichtsmaßnahmen entgegentreten.
    Prinz Frisen-Lackal besitzt eine Villa direkt neben dem

Weitere Kostenlose Bücher