Das Wagenrennen
beeindruckend. Sie sind gewaltig und pechschwarz, rollen wild ihre Augen und haben lange, perfekt gepflegte Mähnen.
»Sie sind da«, sagt jemand an meinem Ohr.
Es ist Kemlath. Für ihn muss das wirklich merkwürdig sein. Er war einer der berühmtesten Orgk-Schlächter und ist nun gezwungen mit anzusehen, wie seine ehemaligen Feinde als Gäste des Königs in die Stadt einziehen.
Melis. Zitzerius und die Orgks fahren in einem langen Konvoi von Kutschen davon. Die Soldaten rücken vor, um die Menge auseinander zu treiben. Wir gehen zur Rächenden Axt zurück und machen vorher noch einen kleinen Abstecher beim Ehrlichen Mox.
In dem Moment, in dem wir seine Wettbude betreten, weiß ich, dass wir verloren haben. Das habe ich im Gefühl. Immer. Ich werfe einen Blick auf die Tafel, auf die Mox soeben die Rennergebnisse notiert. Sie sind direkt von dem Zauberer in Simnia gekommen. Sieg oder Tod hat um eine Kopflänge verloren.
Makri lässt den Kopf hängen, und wir gehen hinaus.
»Wart ihr am Hafen bei euren Orgk-Freunden?«, verhöhnt uns ein großer Hafenarbeiter. Er hat Arme wie Baumstämme und dazu passende Fäuste. Makri wirbelt so schnell auf ihrem Absatz herum, dass man nicht genau sehen kann, was sie eigentlich tut. Aber die Wirkung sieht man. Sie hat ihren Arm beinah bis zum Ellbogen in der Magengrube des Hafenarbeiters versenkt. Er reißt den Mund auf, aber kein Laut kommt heraus. Schließlich bricht er auf dem Boden zusammen. Makri geht langsam und würdevoll hinaus. Ich haste hinter ihr her. Kemlath ist beeindruckt.
»Sehr gute Technik«, sagt er. Aber Makri hat zu schlechte Laune, um das Kompliment anzunehmen. Stattdessen verwünscht sie wortreich den Regen.
»Morgen wird es wieder sonnig«, verspreche ich ihr.
»Aber Geld habe ich dann trotzdem nicht«, erklärt Makri. »Ich kann nicht glauben, dass ich all das durchgemacht habe und jetzt trotzdem wieder an dem Punkt stehe, an dem ich angefangen habe. Bei diesen Wagenrennen wird betrogen.«
Eine Frau mit einem Korb taucht vor uns auf. Makri taucht rasch in eine Seitengasse ab, damit sie von ihr nicht gesehen wird.
»Ein Mitglied der Vereinigung der Frauenzimmer?«, erkundige ich mich, als sie weg ist.
»Das war Coxi, die Fischfrau. Sie ist sehr militant.«
Wir kämpfen uns durch den Schlamm nach Hause. Ich biete Makri sogar meinen magischen Regenmantel an, aber sie lehnt ab. Sie wäre so nass, sagt sie, dass es jetzt auch keine Rolle mehr spielt.
14. KAPITEL
In der Rächenden Axt warten schon zwei Nachrichten auf mich. Die eine ist in magischen Buchstaben in meiner Haustür eingebrannt und lautet: Sieh dich vor, dein Tod ist nah. Jetzt muss ich auch noch die Tür neu streichen lassen. Wenigstens hat der Regen das Feuer gelöscht.
Die andere kommt von Zitzerius. Darin informiert er mich, dass Lord Rezaz erneut damit gedroht hat, die Stadt zu verlassen, wenn er nicht schnellstens den Gebetsteppich seines Wagenlenkers zurückbekommt. Da sein Wagen jetzt da ist, möchte er schließlich auch etwas trainieren.
Ich stoße eine Verwünschung aus. Wir haben die letzte Nacht der Heißen Regenzeit. Alle feiern. Können sie einem denn nicht einmal einen Tag Ruhe gönnen? Und wie soll ich diesen verdammten Gebetsteppich finden? Wenn er für die Orgks so wichtig ist, warum haben sie dann nicht besser darauf aufgepasst? Zitzerius lässt mir ausrichten, dass es noch zwei Wochen dauern wird, bis die drei Monde wieder in der richtigen Konstellation stehen, damit der Alte Hasius Brillantinius einen Blick zurück in die Zeit werfen kann.
Ich bin unterwegs in der Oberstadt und überlege, was ich als Nächstes tun soll. Erst mal genehmige ich mir ein paar Bier in einer kleinen Taverne, die von den jungen Schülern der örtlichen Silberschmiede besucht wird. Aber die Inspiration lässt auf sich warten. Also beschließe ich, Makri einen Besuch in der Bibliothek abzustatten. Vielleicht hat sie ja eine gute Idee. Sie hockt vor einem Haufen alter Schriftrollen, ist aber noch immer nicht über den Verlust ihres Geldes hinweg, sodass ihr nichts einfällt.
»Das ist der letzte Tag der Regenzeit. Heute Nacht wird mächtig gefeiert.«
»Mir ist nicht nach Feiern zumute«, erwidert Makri.
»Mir genauso wenig.«
Ein Gelehrter mit einem Vollbart am Nebentisch sieht uns strafend an, und wir senken unsere Stimmen. Ich werfe einen Blick auf die Rolle, die vor Makri liegt. Sie heißt Vergleichende Religion und ist eine tödlich langweilige Abhandlung über die Unterschiede der
Weitere Kostenlose Bücher