Das Wagenrennen
einen Senator in einem Korruptionsfall, also kann ich Euch leider nicht allzu viel Zeit widmen. Habt Ihr den Gebetsteppich gefunden?«
»Fast.«
»Fast reicht nicht.«
Ich berichte ihm die ganze Geschichte von Litanex und Gabrielius.
Zitzerius nickt.
»Die Wahre Kirche wird lernen müssen, dass sie sich nicht in Staatsangelegenheiten mischen darf. Und wer hat Eurer Meinung nach Litanex den Teppich entwendet?«
»Ich habe keinen Verdächtigen. Das alles ist sehr merkwürdig, Vizekonsul. Wer nur kann noch von der Bedeutung dieses Teppichs gewusst haben?«
Der König übt immer mehr Druck auf Zitzerius und den Konsul aus. Zitzerius ist zwar objektiv genug, anzuerkennen, dass ich mein Bestes gegeben habe. Aber er braucht jetzt mehr als das.
»Wir müssen diesen Teppich bis morgen finden. Wenn Ihr es nicht schafft, verlieren wir die Kupferminen.«
Bevor ich gehe, verrate ich ihm ein paar Einzelheiten vom Fall Mursius. Er nimmt die Neuigkeiten über den Senator und dessen Betrugsversuch gelassen auf.
»Früher einmal hätte mich das schockiert. Aber das tut es heute nicht mehr. In Turai kann mich nichts mehr überraschen.«
Letzten Sommer habe ich Zitzerius geholfen, als sein Sohn Boah an Prinz Frisen-Lackal geliefert hat, unseren Thronfolger. Natürlich hegt Zitzerius keine Illusionen mehr über den Zustand unserer Nation. Anders gesagt: Er hält sie für verrottet.
Auf meine Bitte hin hat der Vizekonsul einen Angestellten angewiesen, Mursius’ Finanzen unter die Lupe zu nehmen. Wie sich herausstellt, steckte der Senator in großen finanziellen Schwierigkeiten. Er hatte eine große Summe Geldes bei Spekulationen verloren und wurde schwer getroffen, als einige Schiffe, die er zusammen mit anderen versichert hatte, in einem der Stürme letztes Jahr gesunken sind. Der größte Teil seines Landes war mit einer Hypothek belastet, und er hatte mehr Schulden, als er jemals bezahlen konnte.
Armer Senator Mursius. Der Mann hat die Orgks aus unserer Stadt vertrieben und ist ein Held geworden. Fünfzehn Jahre später ist er pleite und seine Frau boahsüchtig. Kein Wunder, dass er versucht hat, beim Wagenrennen zu betrügen.
Als ich anschließend wieder bei Zitzerius auftauche, lässt er seine Staatskarosse vorfahren, und wir kutschieren zur Wahre-Schönheit-Chaussee, wo die Zauberer wohnen. Hier besitzt Melis eine große Villa. Sie ist zwar luxuriös, aber nicht protzig.
Melis entstammt einem alten Zauberergeschlecht und ist selbst eine mächtige Vertreterin ihrer Zunft. In der Öffentlichkeit wurde sie bekannt, als sie zur Stadionzauberin berufen wurde. Seitdem hat sie sich auch zum Liebling der Massen gemausert. Alle vertrauen Melis. Sie ist etwa so alt wie ich und hat auch im letzten Krieg mitgekämpft. Das haben alle unsere Zauberer, selbst die Zauberlehrlinge. Sie stand neben ihrem Vater, als er von einer Drachenflamme getötet wurde, also kann ich mir vorstellen, dass es ihr nicht besonders gefällt, dem Orgk-Lord zu helfen. Ich erkläre Melis, der Reinen, Mursius’ Pläne, beim Rennen zu betrügen, und gebe ihr ein Blatt von der Pflanze. Sie ist zwar sehr dankbar, gibt allerdings nicht zu, dass sie sich davon hätte täuschen lassen können.
»Ich hätte bestimmt gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Das ist für mich so einfach, wie einen Senator zu bestechen.«
Zauberer haben immer eine sehr hohe Meinung von ihren eigenen Fähigkeiten.
»Wen seht ihr beim großen Rennen vorne?«, frage ich sie.
Sie lacht. »Es ist mir nicht erlaubt, zu spekulieren.«
Ich informiere sie über die neuesten Entwicklungen und gebe zu, dass ich immer noch nicht weiß, wo ich als Nächstes nach dem Gebetsteppich suchen soll.
»Vermutlich ist Rezaz, der Schlächter, nicht sonderlich erfreut«, sage ich.
»Das ist er ganz und gar nicht«, antwortet Lord Rezaz Caseg, während er den Raum betritt.
Ich werfe Melis einen strafenden Blick zu. Sie hätte mir sagen müssen, dass der Orgk-Lord im Nebenraum steht und lauscht. Wenn ich gewusst hätte, dass er mich hört, hätte ich seinen korrekten Titel und nicht seinen Kosenamen benutzt.
»Also, Detektiv, bisher habt Ihr den Gebetsteppich meines Wagenlenkers nicht finden können?«
»Das stimmt.«
»Dann werden wir die Stadt morgen verlassen.«
»Dafür besteht keine Notwendigkeit«, erwidert Zitzerius ruhig. »Ihr könnt Thraxas vertrauen. Er wird den fraglichen Gegenstand finden.«
Zitzerius verkündet das zwar vollkommen zuversichtlich, aber ich weiß, dass er es nicht
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