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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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drei Nächten Musâfir und den anderen Mann wegrei-ten sahen, wußten wir, daß Allâh unsere Gebete erhört hatte. Wir sind ihren Spuren gefolgt und haben die Burg unserer Feinde gefunden.«
    Weitere Abnaa Al Salieb kamen in den Kerker und verkündeten den Sieg über die Kreuzritter. Die meisten Beduinen waren verletzt, und drei hatten ihr Leben gelassen. Wir verließen den Keller und gingen hinaus auf den Burghof, wo wir gierig die frische Luft einsaug-ten. Der leuchtende Sonnenball stieg über die umliegenden Hügel und tauchte die bizarre Landschaft in ein unwirkliches orangefarbenes Licht. Die Männer, die auf dem Burghof lagen, erlebten den Sonnenaufgang nicht mehr.

    Die meisten Kreuzritter und ihre stummen Helfer waren regelrecht zerstückelt worden. Es war ein absto-
    ßender Anblick, aber in Anbetracht des Gemetzels, das de Montjean und seine Brüder im Wüstentempel angerichtet hatten, verstand ich den Rachedurst der Abnaa Al Salieb. Ibrahim war ebenso unter den Toten wie der Großmeister des Ordens, Thibaut du Lac. Keiner der letzten sechs Ritter vom Verlorenen Kreuz hatte den Kampf überlebt. Der geheime Orden, der seit mehr als sechshundert Jahren auf der Suche nach dem Wahren Kreuz gewesen war, hatte aufgehört zu existieren. Ich hätte Erleichterung empfinden müssen, konnte es aber nicht. Zu viele Menschen waren während der vergangenen Wochen gestorben, als daß ich den Tod weiterer hätte gutheißen können, ganz gleich, wieviel Leid und Unglück sie über andere gebracht hatten. Ich war mü-
    de, spürte eine Müdigkeit, die nicht nur dem Schlaf-mangel geschuldet war, sondern auch dem, was ich hinter mir hatte. Wenn ich bedachte, wie viele Menschen auf der Jagd nach dem Wahren Kreuz ihr Leben gelassen hatten, schien mir, es wäre lieber in der Schlacht von Hattin tatsächlich in Saladins Hände gefallen.
    Vor der Festung bestatteten die Beduinen ihre Toten.
    Der Boden war zu hart, um auf die Schnelle Gräber auszuheben. Deshalb wurden einfach Steinhaufen über den drei Gefallenen errichtet, die man so bettete, daß sie gen Mekka blickten. Die anderen Toten legten wir in einen Stall, wo Onkel Jean ein Gebet für sie sprach.
    Wenn Bonapartes Soldaten hier auftauchten, und das würden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit, konnten sie sich um die Leichen kümmern. Nachdem alles erledigt war, sagte Ourida: »Wir sollten aufbrechen, solange der Morgen noch jung ist und die Luft kühl. Das Wahre Kreuz ist in seinem Versteck nicht mehr sicher. Wir müssen es an uns nehmen und an einen anderen Ort bringen.«
    Ich warf einen Blick auf meinen Onkel und fragte Ourida:
    »Was soll mit ihm geschehen?«
    »Das fragst du mich? Er ist dein Onkel, das mußt du entscheiden.«
    Onkel Jean, der unser Gespräch mit angehört hatte, sagte: »Wenn ich euch von Nutzen sein kann, möchte ich gern mit euch kommen!«
    »Du könntest uns wirklich helfen«, erwiderte Ourida. »Vielleicht will er nur mit uns kommen, um das Wahre Kreuz doch noch an sich zu nehmen«, gab ich zu bedenken. »Warum sollte er uns helfen wollen?«
    Mein Onkel kam auf mich zu und streckte die Hän-de nach mir aus, wie um mich zu berühren.
    Doch er tat es nicht und sagte statt dessen: »Ich wollte dir kein Leid zufügen, Bastien, und schon gar nicht wollte ich dich in Gefahr bringen. Vielmehr glaubte ich dich in Gefahr, als du im Lager der Abnaa Al Salieb warst. Ich wußte doch nicht, daß sie dich vor den Ordensrittern gerettet hatten. Ich dachte, sie hätten dich entführt. Und was ich dir vorhin gesagt habe, ist wahr: Bonaparte hat das Lager entgegen unserer Ab-sprache angegriffen. Du warst für mich stets der Sohn, den ich nie haben durfte. Und ich wollte, du wärst es noch!«
    »Und Sie wären bereit, das Kreuz Jesu bei seinen Hütern zu lassen?« fragte ich zweifelnd.
    »Ich gebe zu, das Wahre Kreuz in den Händen von Muslimen zu wissen ist für einen gläubigen Christen wie mich eine befremdliche Vorstellung. Aber nach allem, was ich gesehen und gehört habe, halte ich es für möglich, daß das die beste Lösung ist. Ich hatte mit dem Kreuz letztlich nichts anderes vor als damals die Kreuzritter bei Hattin. Ich wollte es für meine Zwecke benutzen, wollte mit seiner Hilfe einen Sturm der Ge-genrevolution entfachen.« Sein Blick fiel auf den Stall, in dem die Toten lagen, und er seufzte schwer. »Jetzt sehe ich ein, daß ich verblendet gewesen bin. Es muß einen anderen Weg geben, der französischen Kirche wieder zu ihren angestammten Rechten zu

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