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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Orangenhaine im Osten bis hin zum See Genezareth, der von hier oben deutlich zu erkennen war. Verheißungsvoll lag das blau schimmernde Wasser vor mir, und ich wünschte mir in diesem Augenblick nichts sehnlicher, als jetzt dort hineinzutauchen, von dem Wasser zu trinken, soviel es mir beliebte, und den Schweiß, den Schmutz und das Blut der Schlacht von mir abzuwaschen. So nahe schien der See und war doch unerreichbar. Zwischen mir und ihm lag die Armee Saladins.

    Ich gab mir einen Ruck und wandte mich von dem verführerischen Anblick ab, um den Wasserschlauch vom Rücken meines erbeuteten Falben zu nehmen. Das Wasser darin war warm und schal, aber in unserer gegenwärtigen Lage war es kostbarer als ein Sack voller Gold. Nach kurzem Überlegen gab ich auch dem Pferd etwas zu trinken. Es hatte mir treu gedient, und ich würde vielleicht schon bald darauf angewiesen sein, daß es die Strapazen weiterer Kämpfe überstand. Die Johanniter, die sich auch in ihrem Jerusalemer Hospital der Krankenpflege widmeten, hatten einen Verbands-platz eingerichtet. Dort traf ich Gilbert und Udaut wieder, und wir ließen unsere Wunden von den Brüdern in den schwarzen Waffenröcken versorgen. Kaum ein Mann auf dem Hügel war unverletzt. Den Johannitern mangelte es an so gut wie allem, besonders natürlich an Wasser.
    Ich überließ ihnen meinen kostbaren Schlauch, woraufhin Udaut sagte: »Ich fürchte, das wirst du noch bereuen. In unserer Lage Wasser wegzugeben ist, als gäbe man sein Leben weg.«
    »Ja«, seufzte ich und blickte sehnsüchtig zu dem Schlauch, der sich vor meinen Augen leerte. »Aber haben wir nicht geschworen, unser Leben für die Sache Christi hinzugeben?«
    Udaut nickte. »Recht hast du, Bruder. Da siehst du, auf welche Gedanken der Durst selbst einen gottesfürchtigen Mann bringen kann.«
    Was der Durst noch alles anrichten konnte, sollten wir kurze Zeit später sehen, als Saladins Truppen einen Großangriff auf das nördliche Horn begannen. Jener Hügel war schroffer als der unsrige. Ein Umstand, der im Verein mit den alten Wallanlagen den Verteidigern gute Aussichten bot. Unsere verbliebenen Fußtruppen, die sich dort verschanzt hatten, mußten immerhin noch einige tausend Mann stark sein. Gespannt verfolgten wir den entbrennenden Kampf in der Hoffnung, Zeugen einer sarazenischen Niederlage zu werden. Statt dessen aber wurde eine Verteidigungsstellung nach der anderen von den Ungläubigen überrannt, und bei jedem neuen Sturmangriff stießen sie auf weniger Gegenwehr.
    Fassungslos blickten alle Ritter auf dem südlichen Horn nach Norden. Rufe der Verwunderung und des Unmuts ertönten. »Es sieht so aus, als liefen unsere Soldaten freiwillig zu den Ungläubigen über!« ereiferte sich Gilbert. »Ja, seht nur, dort links, eine ganze Hun-dertschaft verläßt kampflos ihre Stellung und wirft ihre Waffen weg! Welch eine Schande!«
    »Die Sarazenen geben ihnen zu trinken«, sagte ich.
    »Sie reichen den Einheiten, die sich ergeben, prall ge-füllte Wasserschläuche.«
    Mit zornigem Blick verfolgte Gilbert das Treiben auf dem nördlichen Horn. »Wie kann ein Soldat Christi seine Ehre und seine Seele für einen Schluck Wasser verkaufen?«
    »Ihr Kampfesmut ist erloschen«, erwiderte ich. »So, wie die Schlacht bisher verlaufen ist, kann ich es sogar verstehen. Sie haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie bleiben auf dem Hügel, um niedergemetzelt zu werden oder zu verdursten, oder aber sie retten ihr Leben und trinken Wasser, soviel sie wollen. Da fällt es nicht schwer, sich für letzteres zu entscheiden.«
    Gilbert drehte sich zu mir um und sah mich an, als hätte ich einen Verrat begangen. »Wie kannst du so reden, Roland? Du bist ein Ritter vom Templerorden!«
    »Das bin ich, genauso wie du und dein Bruder Udaut. Wir haben geschworen, unser Leben im Kampf für die Sache Christi zu wagen und, wenn es sein muß, zu opfern. Wir haben es geschworen, und wir haben uns darauf vorbereitet.«

    Ich zeigte zum nördlichen Hügel, wo eine Hundert-schaft nach der anderen in die Gefangenschaft und, wie ich annahm, anschließend in die Sklaverei ging. »Aber die dort sind keine Ritter, die ihr Leben dem Dienst an Gott und dem Kampf geweiht haben. Sie sind einfache Soldaten, auf die zu Hause vielleicht Frau und Kinder warten. Sie haben noch ein anderes Leben, das sie wei-terführen möchten. Selbst wenn sie jetzt verkauft werden, dürfen sie hoffen, eines Tages fliehen zu können oder freigekauft zu werden. Diese Hoffnung

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