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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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wenn ihr meint, daß die Sache dort schlecht steht, zieht weiter, falls nötig, bis nach Jerusalem!«
    Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Oder noch weiter!«

    Einer der Johanniter rief mit sich überschlagender Stimme.
    »Aber, Herr, glaubt Ihr etwa, daß die Heilige Stadt fallen wird? Das wäre …«
    »Das wäre wohl das Ende meines Königreiches.«
    Guido nickte. »Und vielleicht auch das Ende der Christen hier im Heiligen Land. Ich habe viel gewagt, als ich fast alle waffenfähigen Männer des Landes bei Saffuriya zusammenrief. Jetzt sieht es ganz so aus, als hätte ich zuviel gewagt. Meine Soldaten sind gefallen oder ergeben sich den Ungläubigen. Wer soll unsere Städte und Festungen verteidigen, wenn Saladin aus dieser Schlacht siegreich hervorgeht und danach unsere Siedlungen angreift?«
    »Meint Ihr, das wird er tun?« fragte ich. »Er wäre ein schlechter Feldherr, wenn er es unterließe. Und er ist kein schlechter Feldherr, wie wir heute gesehen haben.«
    Der Johanniter, der eben schon gesprochen hatte, fragte: »Aber wie sollen wir mit dem Kreuz von hier entkommen?« De Châtillon ging zur einer großen Kiste neben dem Zelteingang und öffnete sie. »Hier haben wir Kleider, die gefangenen oder gefallenen Sarazenen gehörten. Mit ihrer Hilfe werdet ihr euch als Ungläubige ausgeben und euch durch Saladins Linien schleichen, während wir unseren Ausfall wagen. Unser Angriff wird die Sarazenen beschäftigen und eure Aussichten verbessern.«
    Die Johanniter, meine beiden Templerbrüder und ich betrachteten den Kleiderhaufen wenig erfreut.
    Dem Bischof war das nicht entgangen, und er sagte:
    »Es ist nicht ehrlos, was wir von euch verlangen. Damit verleugnet ihr euren Glauben und euren Heiland nicht.
    Im Gegenteil, es ist der größte Dienst, den ihr Gott erweisen könnt, wenn ihr das Kreuz, an dem sein Sohn für unsere Sünden starb, rettet! Seid ihr dazu bereit?«
    Wir waren es, auch wenn es uns schwerfiel, nicht mit unseren Brüdern in die Schlacht zu reiten. Aber wir hatten geschworen, immer gehorsam unsere Pflicht zu tun, und das galt um so mehr in dieser Stunde der Not.
    »So kniet nieder«, sagte der Bischof, sprach ein Gebet für uns und segnete uns im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
    Danach zogen wir die Sarazenenkleider an und kamen uns darin äußerst seltsam vor. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, wir wären in lautes Gelächter ausgebrochen. Der Meister der Johanniter reichte uns ein Ge-fäß mit einer dunklen Salbe, die wir auf Gesicht, Hals und Hände strichen und verrieben. Sie färbte unsere Haut dunkler und ließ uns noch mehr wie Orientalen wirken.
    »Und nun zum Kreuz des Herrn«, sagte der Bischof.
    »Könnt ihr es sehen?«
    Wir bejahten.
    »Ihr habt recht, und gleichzeitig befindet ihr euch im Irrtum.« Der Bischof legte seine Hände auf das Kreuz vor ihm auf dem Tisch. »Nur ein Teil des Kreuzes Jesu wurde in der Grabeskirche zu Jerusalem gefunden. Diese Hülle ist geschaffen worden, um ihm wieder die Form eines Kreuzes zu verleihen und eine Gestalt zu geben, die Gottes Ruhm und Glanz entspricht. Aber es ist nur eine Hülle, belegt mit Gold und Silber.«
    Seine Finger glitten über das Metall, verharrten an bestimmten Stellen und übten dort einen leichten Druck aus. Dann faßte er mit beiden Händen zu und öffnete das Kreuz, indem er einen Teil des Goldbelags im Längsbalken verschob. Verblüfft blickten wir auf eine unterarmlange Öffnung, in der ein samtenes Tuch lag.
    Dieses Tuch nahm der Bischof hervor, legte es vorsichtig auf den Tisch und schlug es auseinander. Wir starrten auf einen großen Holzsplitter, wie wir ihn unter anderen Umständen wohl achtlos ins Feuer geworfen hätten.
    »Dieses Stück Holz ist das Wahre Kreuz Jesu«, er-klärte der Bischof feierlich. »So unscheinbar es euch auch vorkommen mag, es verkörpert all das, wofür unser Heiland gestorben ist. Mehr noch, es verkörpert seine und damit Gottes Macht. Haltet es in Ehren und beschützt es mit eurem Leben!«
    Hin- und hergerissen zwischen Verwunderung und Ergriffenheit, versprachen wir es.
    Der Bischof schloß die Öffnung in dem großen Kreuz wieder. »Das hier ist nur eine Hülle, deren einziger Wert sich in der Menge an Gold und Silber bemißt, die darin verarbeitet wurde. Aber nur wenige wissen das. Alle anderen halten dies für das Wahre Kreuz, auch die Sarazenen. Mögen sie es nun, da es seines Inhalts entledigt ist, ruhig erobern und sich darüber freuen!«
    Gérard de

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