Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug
ihre Lebenswärme von Spielern aufgesaugt wurde, langsam, Grad für Grad, bis sie in ihren letzten, endgültigen Schlaf fielen. Hier und dort hatten wir auf unserer Reise Knochen gesehen, verstreut am Wegrand, aufgehäuft um die Ruinen, wo ich Seidenhand gefunden hatte, Knochen derer, die während eines Spiels kalt und still geworden waren. Trotz allem war es ein faszinierender Anblick, die beiden Drachen kämpfen zu sehen, der erste eine einzige rollende, sich ringelnde Bewegung, Schwarz auf Schwarz mit frostklirrendem Atem, der andere wie ein Pfeil vorschnellend, hochsteigend und niederstoßend, Bernstein auf Gold mit dem Atem des Feuers. Als die Temperatur um uns herum sank, wurde es auch für die beiden Spieler mühsamer, genügend Hitze zu sammeln, und ihre Bewegungen wurden langsamer. Wir hofften weiterhin, daß sie wegfliegen würden, zu den sonnenüberfluteten Ebenen hinüber, aber sie blieben. Das sagte uns, daß sie sich duellierten, ein begrenztes Gebiet für ihr Spiel ausgewählt hatten und nicht eher aufzuhören gedachten, bis einer von ihnen oder beide tot waren.
Es endete so plötzlich, wie es begonnen hatte. Der Eisdrache ringelte sich um den anderen Drachen wie eine sich windende Schlinge, die sich immer fester zuschnürte. Der Drache brüllte. Ineinander verschlungen, stürzten beide hinab, schneller und schneller, mit schlaffen Flügeln, ein Streifen am klaren Himmel. Dann erreichten sie das Tal und verschwanden in einer aufwirbelnden Wolke aus eisigem Staub, die hoch in den Wind stob und sich dort auflöste. Die Heilerin kam schluchzend aus dem Versteck hervor und stolperte zu den entfernt liegenden Körpern hinüber, wir hinterher. Sie verweilte bei dem ersten Körper nur einen Augenblick lang und ging dann weiter zu dem anderen. Der Spieler, der jetzt seine ursprüngliche Gestalt wieder besaß, atmete nur schwach, ein schlanker Jüngling, der kaum älter aussah als ich, mit blasser Haut, schwarzem Haar und den länglichen Ohren der Südländer. Er versuchte, seinen schmerzerfüllten Blick auf die Heilerin zu richten, und sagte: »Bitte … Heilerin …« Seidenhand streckte die Hand aus, um ihn zu berühren, hielt dann aber inne.
»Zu kalt«, sagte sie und drehte sich weg. »Und nichts, womit man ein Feuer machen könnte. Wenn wir rasch ein Feuer machen könnten …« Wir schauten uns alle um, entdeckten aber auf der hartgebackenen Erde nichts, das man hätte verbrennen können. Der Jüngling, dem blutiger Schaum vor dem Mund stand, stieß einen Schrei aus und verstummte. Ich wandte mich um und sah, wie Seidenhand weinte. »Zu kalt, immer zu kalt, und ich kann nichts tun. Keine Macht, keine Möglichkeit, Kräfte zu sammeln. O Herr der sieben Höllen, ich wollte, du wärst ein Tragamor …« Schluchzend barg sie den Kopf wie ein Kind an Chances Brust. Den Blick auf den entfernten Waldrand geheftet, wünschte ich mir auch, einer zu sein, bezweifelte aber, daß selbst ein Tragamor bei dieser Kälte rechtzeitig Holz aus dem Wald hätte herbeischaffen können. Meine Augen bemerkten dort ein Funkeln, und im nächsten Moment starrten wir alle auf die sich nähernde Prozession. Sie war nicht lang, aber prächtig, und am prächtigsten war die große Gestalt auf dem mächtigen roten Pferd. Noch bevor Seidenhand auf die Knie sank und murmelte: ›Der Zauberer Himaggery‹, sagten mir sein pelzbesetztes Gewand mit den eingestickten Mondsternen, wer er war. Meine Augen ruhten nicht lange auf ihm, weil hinter ihm jemand ritt, an dessen Gesicht ich mich nur zu gut erinnerte, der Pfandleiher vom Stürmischen Meer, der mich gesucht hatte, mir gefolgt war. Tja, dachte ich, gleichgültig, wie schnell wir auch gerannt sind, jetzt hat er mich gefunden. Das Blut schoß mir in den Kopf, und ich sprang mit einem Schrei auf ihn zu.
Im nächsten Moment lag ich auf dem Boden, und zwei Männer hockten auf mir. Eine plötzliche Hitzewelle war von irgend jemandem aus dem Troß gekommen, wahrscheinlich von einem Magier. Die Portierer, die auf mir saßen, benötigten diese Unterstützung nicht. Meine Ungeschicklichkeit und ihre eigene Kraft hatten ausgereicht. Der Zauberer klang belustigt.
»Wodurch begründet sich denn diese Feindseligkeit, mein guter Pfandleiher? Ist es derjenige, von dem du mir erzählt hast?« Man hörte eine leise gemurmelte Antwort, bevor der Zauberer weitersprach. »Laßt ihn aufstehen, behaltet ihn aber im Auge. Im Moment haben wir keine Zeit für solche Sachen. Wir müssen zuerst nach den Körpern
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