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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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dieser beiden törichten Jünglinge sehen.« Damit ritt er weiter, beinahe über mich drüber, während ich, nicht gewillt aufzugeben, mit den beiden Portieren rang. Bei dem Körper des Jünglings hielt er inne und sprach mit Seidenhand. Ein Magier trat aus dem Troß heraus und bot der Heilerin die Hand, damit sie Macht aus seinen gespeicherten Kräften ziehen konnte. Sie schüttelte den Kopf. Zu spät. Der Zauberer wendete sein Pferd und kam wieder zu uns. »Hör auf zu zappeln, Junge«, sagte er. »Man wird dir Gerechtigkeit zuteil werden lassen.« Mit diesen Worten ritt er auf den Wald zu.
    In der Hoffnung, daß die Duellanten in der Lage seien, heimzureiten, hatte man zwei zusätzliche Pferde mitgebracht. Chance und Seidenhand bekamen das eine, Yarrel und ich das andere. Die Körper der beiden Duellanten erhoben sich in die Luft und schwebten hinter uns her. Vor jedem ritt ein Tragamor und dazwischen ein Magier. Trotz meiner Verstörtheit bewunderte ich, wie gekonnt diese Handlung durchgeführt wurde, wie jeder genau wußte, was er zu tun hatte und es auch tat. Yarrel bemerkte es überhaupt nicht. Er zeigte einen entrückten Gesichtsausdruck. Es würde niemals etwas auf der Welt geben, was ihm wichtiger war als Pferde.
    Der Spieler, der neben mir ritt und den ich nicht erkennen konnte – eine goldene Tunika, bestickt mit spinnwebhaftem Muster, Elsterhelm und grauem Umhang –, fing an, über die beiden zu sprechen, die hinter uns schwebten. »Der junge Yvery und der noch jüngere Yniod«, sagte er. »Die beiden hatten eine Leidenschaft für die Seherin Yillen aus Pouws entwickelt, und durch die Beschäftigung mit den Ritualen der höfischen Liebe (eine Beschäftigung, der sie sich wie noch ein paar andere Dummköpfe aus Himaggerys Reich ausgiebig hingaben) kamen sie auf die Idee, sich gegenseitig einer Beleidigung der Seherin zu beschuldigen. Sie selbst konnte dazu nichts sagen, weil sie sich schon seit sieben Monaten in Trance befindet. So wurde die Herausforderung ausgesprochen, und niemand konnte die beiden davon abhalten. Himaggery meint, daß jeder tun kann, was ihm beliebt, und so nahm das Unglück seinen Lauf.«
    Ich fand meine Stimme irgendwo zwischen meinen Innereien wieder und stieß mühsam hervor:
    »Und wen der beiden liebte die Seherin?«
    »Keinen. Sie kannte sie überhaupt nicht. Sie hatten sie nur schlafend gesehen.«
    »Was ist diese höfische Liebe, von der Ihr sprecht?«
    Der Spieler wies auf Seidenhand. »Frag deine Heilerin, sie weiß Bescheid.«
    Seidenhand wandte mir ein beschämtes, betrübtes Gesicht zu. »Ja, der Ranzelmann hat recht. Ich weiß Bescheid. Es ist wie eine um sich greifende Bösartigkeit, die Dazzle aufgebracht und unter den leicht beeinflußbaren Jugendlichen verbreitet hat. Vielleicht hat sie davon in einem uralten Buch gelesen, oder es ist ihr bei ihren Vergnügungen selbst eingefallen. Niemand kann der Sache entrinnen, bevor es nicht zum Kampf oder Streit kommt. Aus diesem Grund sind wir in die Ruinen verbannt worden. Dreimal haben wir bereits in der Leuchtenden Domäne gelebt, und stets war Dazzle für irgendeine Dummheit verantwortlich. Immer endet es in Schwierigkeiten, Duellen, Tod, Irrsinn. Jedesmal hat Himaggery sie fortgeschickt …«
    »Sie? Dich nicht?«
    »Nein.« Sie wirkte über diese Frage beinahe ärgerlich. »Mich nicht. Und Borold auch nicht. Aber wir können sie doch nicht alleinlassen …«
    »Ich könnte schon«, knurrte Yarrel. Nun, er hatte sie auch noch nie gesehen. »Warum sollte sie ihr Benehmen ändern, solange ihr sie so hätschelt?«
    »Dasselbe sagt Himaggery auch«, stimmte Seidenhand zu. »Diese Sache hier muß aber schon vor langer Zeit angefangen haben. Dazzle kann nicht bereits wieder neues Unheil ausgebrütet haben. Dafür ist die Zeit zu kurz gewesen.«
    Ich murmelte etwas Beruhigendes. Wir ritten aus dem Wald hinaus und erblickten das klare, blauschimmernde Seeufer. Einen Augenblick lang begriff ich überhaupt nicht, was da vor uns aus der Erde herauswuchs. Nebel wirbelte spiralförmig aus dampfendheißen Quellen, deren Wasser den See speiste. Zwischen diesen Nebeln lag die Stadt, und ich begriff jetzt, warum Himaggery den See Yost gewählt hatte und warum sich so viele Spieler hier versammeln konnten.
    »Hier ist Kraft«, sagte ich, als ich die Hitze spürte.
    »O ja«, stimmte Seidenhand zu. »Sehr viel Kraft, mehr, als hier gebraucht wird. Außerhalb, wo sie benötigt wird, gibt es keine. Dort, wo ich sie brauche, gibt es niemals

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