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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Eulenfederbusch gekrönten Haube. Sie starrte mich an und legte mit einem Ausdruck grimmiger Konzentration die Hände auf Sylbie, um gleich darauf den Kopf zu schütteln und sich ohne ein Wort zu entfernen. Darauf geriet Sylbie so plötzlich, wie sie vorhin ins Weinen geraten war, in ungewohnte Begeisterung.
    »Du mußt noch eine Nacht bleiben«, triumphierte sie. »Es ist nichts passiert.«
    Ich antwortete seltsam pikiert, daß meines Erachtens ziemlich viel passiert sei, worauf sie richtig kicherte. Ich hatte bis dahin nicht gewußt, daß Mädchen kicherten. Jungen ja, kleine Jungen in den Schlafräumen der Schulhäuser. Vielleicht erlaubte man den Mädchen, ein paar Kindheitsgewohnheiten beizubehalten, die man den Jungen nicht gestattete. Oder vielleicht rührte es daher, daß männliche Spieler so sehr von ihrem Talent getrieben wurden, daß – nein. Die ganze Angelegenheit war zu verwirrend, um sie vollständig zu erforschen. Im übrigen erschien die Matrone wieder, um uns die Erlaubnis zu geben, auf den Markt zu gehen, während sie sich darum kümmerte, daß das Zimmer gesäubert und Essen gebracht wurde. So ging der Tag vorüber und eine weitere Nacht, in der ich Trandilar nicht mehr brauchte, und ein weiterer Morgen, an dem Sylbie weinte, denn dieses Mal nickte die Hebamme, wobei die Eulenfedern auf ihrem Kopf wippten. Ein Kind würde geboren werden, und der Zweck meines Daseins als Niemand hatte sich erfüllt. Wir saßen am Fenster über der Straße, die Vorderseite meines Hemdes durchnäßt von Sylbies Tränen.
    »Es gibt keinen Grund zur Annahme, daß du mit deinem Ehemann nicht auch viel Spaß haben wirst«, sagte ich. Insgeheim hielt ich es aber für unwahrscheinlich, falls er nicht in die Schule von Trandilar gegangen war, bis mir einfiel, daß Trandilar ja auch von jemandem gelernt haben mußte. »Wein doch nicht, Sylbie. Stell dich nicht albern an!«
    »Du verstehst überhaupt nichts«, wimmerte sie. »Man wird mich an irgend jemanden verheiraten, den ich nicht einmal kenne. Kahlköpfig oder alt oder fett wie eine Mastgans. Junge Männer bekommen keine Frauen mit solcher Mitgift wie ich sie habe, sagt meine Mutter. Sie besitzen nicht die erforderlichen Mittel. Nur alte Männer sind reich genug, sich eine begüterte Frau leisten zu können. O Peter, ich werde sterben, sterben, sterben …«
    Sie war ein so hübsches Ding, weich wie ein Kätzchen, warm wie ein ofenfrisches Brot. Ich fühlte mich dazu veranlaßt, etwas für sie zu tun und sagte zu mir selbst, daß ich diesmal die Möglichkeit zu helfen nicht vorüberstreichen lassen würde, indem ich murrte und maulte und Grimassen zum Himmel schnitt, wie ich es getan hatte, als Himaggery mich um Hilfe bat. Ab sofort würde ich nicht mehr so zögernd handeln.
    »Pscht, pscht …«, sagte ich. »Beruhige dich doch! Wenn ich mich darum kümmere, daß du niemanden zu heiraten brauchst, den du nicht wirklich willst, wirst du dann mit Weinen aufhören? Sylbie, sag, daß du aufhören wirst, zu weinen, und ich werde ein Wunder für dich bewirken.«
    Nach vielen Küssen und Versprechungen machte ich mich auf den Weg, den Herrn dieses Ortes aufzusuchen, einen Kaufmannsherzog, fett und massig wie ein Pombi, der von mehr Waffenträgern umgeben war, als es einem ehrlichen Spieler anstand. Es war nicht einfach, zu ihm vorzudringen, und ich benötigte den ganzen Einfluß meines Nekromatengewandes dazu. Er begrüßte mich sehr kühl, und ich entschied mich deshalb, die Angelegenheit für ihn schwieriger zu gestalten, als ich vorgehabt hatte.
    »Man hat mir erzählt, daß andere Nekromanten bereits versucht hätten, Betand von seinem Spuk zu befreien«, sagte ich in getragenem Ton. »Allerdings ohne Erfolg. Ich bin gekommen, um das zu tun, was andere nicht fertigbrachten, falls der Lohn nach meinem Geschmack ist.«
    Der Herzog rutschte auf dem Sitz hin und her und starrte über meine Schulter hinweg – so wie es die meisten tun. Er hatte nicht vor, meinen Augen hinter der Totenschädelmaske zu begegnen, als hätte er Angst, ich könnte sein Leben aus ihm herausziehen und es vor der angebrachten Zeit in ein anderes Reich transportieren.
    »An welchen Lohn dachtet Ihr?« Seine Stimme klang ölig und parfümiert, glitschig wie die Häute von Thrilps.
    »Nur eine Bitte. Nicht um Gold oder Schätze. Nur die Bitte, daß einer der Einwohner von Betand meinem Willen gemäß regiert wird. Sein ganzes Leben lang.« Ich ließ meine Stimme bedrohlich klingen. Er würde annehmen,

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