Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
mit der Zeit kam noch ein Fieber dazu. Dumm wie wir waren, hatten wir keinen Heiler mitgenommen, und viele Nächte lag ich schwitzend und nach Luft ringend da und wünschte mir einen herbei. Die Schattenmänner griffen uns an. Ich sah niemals einen, hörte nur ihr hohes Pfeifen und Flöten in den Bäumen und fühlte, wie Pfeile um meinen Kopf schwirrten. Einige von uns erwischten sie, und einige verfehlten sie. Diejenigen, die getroffen wurden, waren tot, und die anderen, die sie verfehlten, marschierten weiter, ich dabei.
    Nun, bald danach trafen wir auf ein Lager von großen Männern, die uns einluden und uns zu essen gaben, als sie sahen, wie abgerissen und in welch schlechter körperlicher Verfassung wir waren. Sie gaben uns eine Landkarte, damit wir auf den richtigen Weg zurückfanden. Weil sie gerade dabei waren, gaben sie mir auch etwas, was ich auf mein Auge tun sollte, damit es heilte. Nächsten Morgen verschwanden sie wieder in Richtung Norden, woher sie gekommen waren, und wir nahmen die Karte und fingen an, uns den Weg zurück in die Zivilisation zu suchen.
    Wir waren Narren, Spieler, Narren. Jung, unerfahren und ohne Gespür für irgendwelche Gefahren. Die Karte war falsch, und die Salbe für mein Auge ebenso – als wir beides ausprobiert hatten, war ich blind, und wir hatten uns irgendwo in den Dorborbergen verlaufen und zwar so sehr, daß wir dachten, nie wieder herauszufinden. Es waren Schenker gewesen, versteht Ihr.«
    »Schenker?« murmelte ich.
    »Jawohl, Schenker.« Teufel in Menschengestalt, großzügig mit Geschenken, die aber nur Zerstörung verursachen. Wir starben allerdings nicht, nicht einmal ich, obwohl ich blind war wie ein Höhlenmolch. Wir schlugen uns nach Süden durch, so gut es ging. Nahrung fanden wir genug. Wir jagten Bergzeller und aßen Beeren, und überall zwischen den Felshängen gab es Quellen und Bäche, so daß wir nicht hungern oder dursten mußten. Schließlich erreichten wir einen einigermaßen breiten Fluß, der nach Süden führte. Wir bauten uns ein Floß, jagten die paar Pferde, die wir noch hatten, fort – die armen Geschöpfe, wenn sie nicht den Pombis zum Opfer gefallen sind, leben sie vielleicht immer noch dort – und ließen uns flußabwärts treiben.
    Wir erlebten die Hölle, Spieler, die reinste Hölle, Tag um Tag ohne Ende. Im Fluß gab es Klippen und Wasserfälle, unser Floß mußte auseinandergenommen und um die Hindernisse herumgetragener, dann wieder zusammengesetzt werden. Ein- oder zweimal bemerkten meine Gefährten Rauch in den Wäldern, aber wir wagten nicht nachzuforschen, wer dort wohnte, aus Angst, noch einmal Schenkern zu begegnen. Wir ließen uns einfach weiter treiben, immer weiter, bis wir zu einem langen, ruhigen Teil des Flusses kamen, und dort rollten wir uns auf dem Floß zusammen und schliefen. Ich glaube, wir schliefen tagelang, denn als wir erwachten, erreichten wir gerade die Stadt Zebit, nicht weit südlich von hier.
    »Südlich von hier?« fragte ich verwundert. »Bannerwell liegt südlich von hier.«
    »Nein, nein, Spieler. Bannerwell liegt südöstlich von hier. Wenn Ihr die Westseite der Berge hinuntersteigt, kommt Ihr nach Zebit, und das liegt genau südlich von hier. Der Fluß macht eine lange Schleife, und wir waren in der Nacht bei Betand vorbeigekommen. Der Fluß, den ich meine, fließt westlich an Betand vorbei, über eine sanfte Hügelwelle.
    Jedenfalls hatten wir erst einmal für lange Zeit genug von Abenteuern, und ich hatte nur den Wunsch, einen Heiler zu finden, der etwas für meine Augen tun konnte. Die in Zebit konnten überhaupt nichts tun, empfahlen mir aber eine Heilerin hier in Betand, von der man sagte, sie sei sehr mächtig. Also kaufte ich mir einen kleinen Bauernjungen, der mich hierherführte, und wir überquerten den Fluß dort in Zebit und fanden den Pfad, der zwischen den Bergen hindurch und dann nördlich nach Betand führt. Das mit der Heilerin stimmte überhaupt nicht. Sie konnte nicht mehr tun als die anderen auch. Seitdem bin ich also hier. Für ein Bett oder eine warme Mahlzeit beschwöre ich kleine Visionen. Das ist das Ende meines großen Abenteuers, das einzige, das ich je erlebt haben werde …«
    Ich schüttelte den Kopf und überlegte, während er nickte, in Erinnerungen und den Klang seiner Stimme verloren. »Also«, sagte ich schließlich, »seid Ihr von Süden gekommen.« Das half mir nicht weiter.
    »Kann man vielleicht so sagen, Spieler. Aber ich kam auch aus dem Osten und aus dem Norden.

Weitere Kostenlose Bücher