Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
daß ich Folter und Tod als Lohn wünschte. Er gehörte zu denjenigen, die lieber töteten, als einer Frau Freude zu bereiten. Ich kenne diese Art Menschen – oder vielmehr Trandilar kennt sie.
»Einer meiner Untertanen?« Er schwitzte einen Augenblick lang grübelnd. »Wollt Ihr mir sagen, wer?«
»Niemand, der Euch nahesteht, großer Herzog. Diese Kühnheit besäße ich nicht. Jemand Unwichtiges, der … meine Aufmerksamkeit erregt hat.«
Er sah zu seinen Beratern, bemerkte dort ein Nicken, hier einen versteckten Blick. »Weshalb glaubt Ihr fertigzubringen, woran die anderen gescheitert sind?«
Ich zuckte mit den Achseln und verlieh meiner Stimme einen Hauch Ärger. »Wenn ich es nicht kann, werdet Ihr meinen Lohn nicht zahlen. Wenn ich es kann, werdet Ihr bezahlen, oder ich kehre dreimal wieder – und dann wehe Euch. Reicht Euch das?«
Widerstrebend gab er sein Einverständnis. Ich bestand darauf, daß es auf Pergament geschrieben und vor Zeugen mit dem Spielereid besiegelt wurde. Ich traute ihm keine drei Meter weit.
Sylbie und ich verbrachten den Tag zusammen. Als der Abend kam, ging ich zur Stadtmitte, rief Dorn herbei und erklärte ihm Betands Problem. Ich vernahm ein tiefes, spöttisches Lachen in meinem Kopf, ein Ton, als steckte mein Kopf in einer Glocke, die jemand sanft anschlug. Als Dorn mit Lachen fertig war, wurde ich wieder zu seinem Schüler. »Innen nach außen.« Er zeigte es mir. »Kehre um, was getan worden wäre, ziehe, stopfe, drehe, damit es diese Gestalt bekommt anstatt jene. Ach, ein richtiger Spaß für einen Betrunkenen … Hier, dort drüben, unten hindurch und oben hinüber, und noch einmal darunter – hier ist dein Ungeborener, Peter. Bist du sicher, daß du ihn ruhen lassen willst? Nun gut – hinunter und drüber und noch einmal hindurch, und sende ihn zurück mit: Hinweg, hinweg, in eine noch nicht vorhandene Zeit. Hinweg, hinweg, in ein noch nicht gelebtes Leben. Gib Ruhe. Ruhe friedlich, ruhe still, ruhe ungeschehen.« Und tatsächlich, als Dorn verschwunden war und ich durch die Straßen wanderte, umgab mich nur Stille, Friede und Ruhe.
So kehrte ich zu dem Herzog zurück und wartete bei ihm, während seine Berater umherliefen und in die Stille lauschten. Sogar jetzt noch hätte er mich gern betrogen, wenn er gekonnt hätte, und sagte, daß niemand wüßte, ob mein Talent ausgereicht habe. Ich antwortete, daß wir mein Talent ja einmal dazu benutzen könnten, einen anderen Spuk herbeizurufen, und daraufhin willigte er ein, mir meinen Lohn zu geben.
»In dieser Stadt hier lebt die Tochter eines Kaufmannes, eine gewisse Sylbie, ein Mädchen mit guter Mitgift. Letzte Nacht wurde sie von niemandem geschwängert, und das Kind, das sie trägt, wird zur gegebenen Zeit zur Welt kommen. Es ist mein Wille, daß ihr gestattet wird, zu heiraten, wen sie möchte – oder überhaupt nicht, falls das ihr Wille sein sollte, gleichgültig, was es kostet.«
Er quoll auf wie ein Frosch, und ich befürchtete, er würde platzen, so rot und violett, wie er anlief. Dem Gemurmel hinter mir entnahm ich, daß er selbst ein Auge auf Sylbie geworfen hatte. Na gut – wenn sie ihn begehrte, meinetwegen. Wenn sie nicht wollte, sollte ihn der Teufel holen. Ich zeigte ihr das Pergament, das er unterschrieben hatte, sagte ihr die Namen der Zeugen und schwur, daß meine Familie dafür Sorge tragen würde, daß der Herzog seine Verpflichtung erfüllte. Es gab noch mehr Küsse und mehr Versprechungen, und dann verließ ich sie.
Jetzt war die Zeit gekommen, sich um die Umrundung einer Stadt zu kümmern, also marschierte ich den Ringweg innerhalb der Stadtmauern entlang. Die unkörperliche Schwängerung war erledigt, ein bloßes Wortspiel über die ›Vergewaltigung durch niemanden‹. Deshalb machte ich mich nun auf die Suche nach dem beschmutzten Kleidungsstück. Bei dem ganzen Spaziergang fand ich nur eine einzige Stelle, die dazu paßte, nämlich den Schmutzigen Gürtel, die Schenke, von der Sylbie mir erzählt hatte. Da es ohnehin fast Zeit zum Abendessen war, ging ich hinein. Der Name war viel schlimmer als die Schenke selbst. Sie befand sich nahe dem Gemüsemarkt, und die Bauern tranken dort. Ihren Namen trug sie von der Angewohnheit der Bauern, sich die erdverkrusteten Hände an den Enden ihrer geknoteten Gürtel abzuwischen. Das Essen war gut und nicht zu teuer, und die Menschen waren in überschäumender Stimmung, tranken auf das Ende des Spuks, das der Herzog sich natürlich selbst
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