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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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ich dich vergewaltige und somit das Gesetz der Stadt breche?«
    »Oh, Ihr begreift wirklich überhaupt nichts, werter Herr. Niemand wird das Gesetz brechen. Haben sie Euch nicht gesagt, daß Ihr niemand seid? Wie kann ein Niemand das Gesetz brechen? Es ist praktisch unmöglich, meint meine Mutter. Wir hier in Betand ändern unsere Gesetze nicht leichtfertig, aber wir legen sie zu unseren Zwecken aus.«
    »Verstehe. Wenigstens nehme ich an, daß ich es verstehe.« Ich war mir nicht ganz sicher, aber das Ganze ergab auf eine seltsame Art langsam einen Sinn.
    »Ich hoffe es«, sagte sie und zog zögernd ihre Jacke aus. »Ihr wirkt weit weniger schmutzig als der Viehhändler.« Und indem sie ihre Bluse ablegte: »Wenn man überhaupt die Wahl hat, zwischen Niemanden zu wählen.«
    Mein Mund war trocken. Mir fiel nichts ein, was ich hätte zu ihr sagen können, nicht das geringste. Während ich Wein einschenkte und trank, entledigte sie sich all ihrer Kleidungsstücke bis auf ein hauchdünnes Etwas, das irgendwo auf der Hälfte ihres Oberkörpers begann und über dem Knie endete. Es verbarg nicht viel von ihr. Wer meine Geschichte kennt, wird mir glauben, wenn ich sage, daß dies die erste weibliche Person war, die ich bis dahin so entblößt gesehen hatte. Seidenhand, die Heilerin, hatte sich – selbst während sie mit uns über Land reiste – nie so weit entkleidet. Als Sylbie nun so gut wie nackt dastand, wußte sie offenbar nicht mehr weiter. Ich bot ihr Wein an und wir tranken zusammen, uns beide gleich unbehaglich fühlend.
    »Hast du schon viele Frauen gehabt?« flüsterte sie in einem Ton, in dem die Hoffnung auf eine bejahende Antwort schwang.
    »Uhmm«, würgte ich mit einer halbwegs couragiert klingenden Stimme heraus.
    »Ich möchte nämlich nicht von einem Tolpatsch befummelt werden«, sagte sie unter Tränen.
    »Uhmm.« Mitfühlend.
    »Es würde alles leichter machen, wenn ich deinen Namen wüßte.«
    »P-Peter.«
    »Ach, Peter, es beruhigt mich so, daß du über … alles Bescheid weißt. Meine Mutter meint, dann ist es viel einfacher«, sagte sie und warf sich schluchzend in die Kissen.
    Ich war – bin ein entsetzlich dummer Mensch. Bis zu diesem Augenblick hatte ich gar nicht daran gedacht, daß die Spielfiguren von Barish sich in dem Beutel in meinem Gürtel befanden. Unter ihnen war auch Trandilar, die große Königin, Göttin der Betörung und Leidenschaft. Einmal zuvor hatte ich ihr Abbild in die Hand genommen, draußen vor den eingestürzten Mauern von Bannerwell. Seitdem hatte ich nicht mehr daran gedacht, hatte es abgelehnt, sie zu gebrauchen, hatte versucht, so zu tun, als wäre es nie geschehen. Jetzt, mit diesem heulenden Elend vor Augen, konnte ich Trandilar nicht länger guten Gewissens übergehen. Peter, der Ahnungslose, würde Sylbie in der Tat wie ein Tolpatsch befummeln. Einzig Trandilar bot Hoffnung auf etwas weniger Pein für uns beide. Ich fand die Figur wie von selbst, als zwänge sie sich in meine Hand. Dann wußte ich, was ich tun mußte, ebenso wie die Sonne den Weg über den Horizont kennt.
    »Komm«, sagte ich lachend zu dem Mädchen. »Wir essen erst etwas von dieser leckeren Abendmahlzeit, die die Matrone für uns bereitgestellt hat. Erzähl mir von deiner Familie. Augen wie deine sind zu schön, um zu weinen.« (Sagte das Peter? Natürlich. Wenn nicht Peter, wer dann? Etwa niemand?)
    Die Tränen wurden fortgewischt, Wein getrunken, man aß und erlaubte dem Feuer, die Haut zu rosigem Glühen zu erwärmen. Körper durften sich, als das Heulen wieder einsetzte, zum Trost aneinanderkuscheln, die Weichheit der Matratze und der Decken suchen, sich darin vergraben, durften erkunden, berühren, wundern, murmeln. Allein hätte ich alles nur schwieriger, verkrampft und verabscheuenswürdig gemacht, aber mit Trandilar geschah es einfach. Ich glaube mich auch an eine Art Geheule im Zimmer selbst zu erinnern, doch ich bin mir nicht sicher. Es war auch gleichgültig.
    Als ich erwachte, sah ich, daß Sylbie mich anstarrte. Die Tränen flossen wieder über ihre Wangen.
    »Warum weinst du? Was ist geschehen?«
    »Sie werden eine Heirat für mich arrangieren«, schluchzte sie. »Mit irgend jemand Abscheulichem – und es wird nie, nie wieder so werden wie heute nacht.«
    O Trandilar. Kann nichts einmal so sein wie es sollte?
    Später am Morgen kam, wie es die Matrone angekündigt hatte, die Hebamme zur Tür unseres Zimmers. Die Kleidung einer Hebamme ist rot, mit einer weißen, von einem

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