Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
den Wechsel von Tag und Nacht, und fragte mich, ob es das war, was Geister in den Gräbern fühlen mochten, getrennt nicht nur vom Leben, sondern auch von der Zeit selbst. Das führte mich zu weiteren düsteren Gedanken, aus denen Mavin mich aufschrecken mußte, als Manacle aus seinen Räumen kam, um endlich zur Tat zu schreiten.
    Für uns gab es keinen Zweifel, daß er wirklich zur Zeremonie ging. Goldene Streifen waren auf seinen Ärmeln angebracht, und seine hohe viereckige Kappe war ebenfalls mit Goldstreifen verziert. Riß und Flogshoulder kamen gleich danach, ebenso herausgeputzt, und wir gingen alle hintereinander Gänge um Gänge hinunter bis zu einem weit entfernten Tor. Es lag tatsächlich unten, und als wir heraustraten, befanden wir uns in einem Tal und erblickten den Schein der Morgenröte über den Gipfeln, während die Wälder noch im nächtlichen Dunkel lagen. Eine große Wiese lag vor uns, über die metallene Wege liefen, auf denen sich Wrackteile und Strandgut (es sah jedenfalls danach aus) häuften. Inmitten des Ganzen erhob sich ein schwarzer Turm, dessen Spitze silbern glänzte. An seiner Seite klaffte hoch oben ein kleines Loch wie ein fehlender Zahn, und eine lange spinnenartige Leiter reichte von dort hinunter. Auf der Wiese waren kleine Gruppen Techniks damit beschäftigt, Hüllen von Maschinen zu entfernen, die dadurch vor den Verheerungen durch Wind und Wetter geschützt worden waren. Neben dem Turm stand eine Maschine, die haargenau der ähnelte, die Himaggery und Windlow so verwandelt hatte.
    »Die Blauen«, flüsterte Mavin. »Schau, sie tragen die Blauen in den Turm.«
    Sie hatte recht. Ein paar Techniks trugen Schachteln mit Blauen in den Turm, in dem ein tieferliegender Teil geöffnet worden war, der eine Art Laderaum freigab. Kein einziger Langmann war zu sehen. Wir waren deshalb gezwungen, die Gestalt von Techniks anzunehmen, und ich betrachtete sie sehr genau mit meinen Wandleraugen, bevor ich mich in den Schatten zurückzog, um ihre Gestalt anzunehmen. Gerade als wir wieder auf der Wiese auftauchten, ratterten die mit den Körpern beladenen Karren aus dem Tunnel heraus in Richtung Turm. Wir liefen eifrig hinterher, sahen weder nach links noch rechts, als Techniks ganz und gar auf unsere bäurischen Aufgaben konzentriert.
    Am Turm angekommen, fingen wir an, beim Ausladen zu helfen. Mavin ging in den Laderaum, ich hinterher. Wir hoben einen Körper nach dem anderen hinein, stapelten sie und hörten innerhalb von Sekunden auf, an sie überhaupt als Körper zu denken. Es waren nur noch Gegenstände. Als mir der Technik draußen Windlows Füße in die Hand gab, vergaß ich einen Augenblick lang, was ich eigentlich tat. Mavin brachte mich wieder zu mir.
    »Hier, gib ihn mir. Ich habe einen Platz gefunden, wo wir die beiden verstecken können.«
    Also machte ich ihre Arbeit mit, während sie erst Windlow wegschleifte und dann Himaggery, nachdem er auf dem Haufen draußen erschienen war.
    Als der Technik mir den letzten Körper in den Laderaum hineingereicht hatte, sagte er: »Diejenigen, die Quench folgen, am südöstlichen Portal, sobald die Zeremonie beginnt …« Dann wandte er sich ab, als hätte er überhaupt nicht gesprochen, ohne auf eine Antwort zu warten. Ich war geistreich genug, sofort ins Dunkel des Laderaums zurückzutreten. Mavin stand hinter mir und nickte.
    »Ich habe es gehört«, sagte sie. »Ich sagte dir ja, Peter: Meuterei. Es wird während der Zeremonie passieren, wenn alle Zauberkünstler hier versammelt sind. Glaub mir, es wird passieren. Nun komm und sieh, wo ich sie hingetan habe.«
    Der Turm wirkte von außen schmal, aber innen bestand er aus einem Wirrwarr verschlungener Räume und winziger Kabinen, viele nicht größer als ein Schrank, mit Regalen, auf denen Matratzen lagen, offenbar Betten. Es war also ein Schiff. Ein Schiff. Wie konnte das sein? Ich wandte mich, die Frage auf den Lippen, nach Mavin um.
    »Kein Schiff, das auf dem Wasser schwimmt, Peter. Denk nach! Füge die Teile zusammen … Du warst doch lange genug bei Himaggery, um das gelernt zu haben …«
    Sie zeigte mir, wo sie die beiden versteckt hatte, in einer der kleinen Kabinen, halb verborgen durch eine dicke Röhre, die durch den ganzen Turm zu verlaufen schien, von unten bis ganz oben. In diesem Augenblick wünschte ich mir bloß, mich neben die kalten Körper legen und schlafen zu können, aber Mavin zerrte mich um die Röhre herum und hinein, wo sich Stufen höher und höher schraubten,

Weitere Kostenlose Bücher