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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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bei mir nichts bewirkt außer Reizbarkeit und Verwirrung. Als Seidenhand später im Gästehaus in mein Zimmer trat, war die Irritation immer noch da, und ich überfiel Seidenhand damit, ohne zu merken, was ich tat. Ich sprach über das Mädchen, das an unseren Tisch gekommen war, darüber, was ich an ihr für ›unehrlich‹ hielt. Seidenhand war anderer Meinung.
    »Ach, Peter, du erwartest wirklich zu viel. Wer war an deinem Tisch? Lunette von Pouws? Dachte ich mir. Ihr Bruder will ein Bündnis mit den Schwarzen Basilisken in Breem schließen. Deshalb möchte er bei Burmor von Breem Interesse für Lunette wecken. Sie ist kein Dummkopf. Ein Talent scheint sich bei ihr zu offenbaren, das gut zu den Basilisken passen würde; nichtsdestotrotz möchte Burmor sicher niemanden in seiner Domäne haben, der es ihm an Betörung gleich tun kann. Also spielt sie das Närrchen vor denen, die er geschickt hat, um sie abzuschätzen. Was sollte sie sonst machen? Auf ihre Ehre und ihr Talent, das noch nicht ganz bewiesen ist, pochen und dadurch ihrem Bruder Kummer und Ärger bereiten? Wenn sie nach Burmor geht, wird sie als Zeichen des Bündnisses beider Domänen Wert besitzen. Sie wird geschützt sein und Zeit haben, ihr Talent zu entwickeln.«
    Dieser Einwand überzeugte mich nicht gerade, und das sagte ich auch im Zusammenhang mit den geweihten Monstern, die ich im Berg der Zauberkünstler gesehen hatte. »Auch sie werden dazu erzogen, passiv zu sein oder werden in den gräßlichen Laboren so verändert, daß sie nichts anderes sein können. Auch besteht ihr einziger Zweck nur darin, Söhne zu gebären …«
    »Du erinnerst dich vielleicht daran«, entgegnete sie, »wie Windlow uns einmal von den Regeln des Spieles erzählte? Wie diese Regeln ursprünglich als Schutz geschaffen wurden; wie sie langsam wichtiger wurden als das, was sie beschützten sollten; wie die Regeln zum Spiel selbst wurden? Nun, diese Regeln sind von Männern gemacht, Peter. Lunette hat beschlossen, für ihre eigene Sicherheit und Gerechtigkeit innerhalb des Spieles zu sorgen. Es ist ihre Entscheidung.«
    Sie war so verärgert über mich, daß ich es für klüger hielt, das Thema zu wechseln. »Wer war denn dieser Spielmann, der den Preis gewonnen hat? Habe ich es falsch verstanden oder sang er wirklich nur für dich und mich allein?«
    »Jinian, eine meiner Schülerinnen, meint dasselbe. Er hat dieses Windlied bereits vorher gesungen. Es scheint mich zu verfolgen, wohin ich auch gehe, im Obsthain, im Garten. Der Sänger heißt Rupert von Theel, und er ist ziemlich bekannt. Als ich gestern badete, vernahm ich: ›Hör den wilden Wind klagen, den kranken Wind stöhnen! Besitzt der Wind Muskeln und Sehnen? Hat er Auge, Hand oder Beine zum Gehen? Heiler, Heiler, versuch zu verstehen.‹ Es versetzte mich derartig in Wut, daß ich mich nackt aus dem Fenster beugte und ihm befahl, in meiner Hörweite nicht weiter ›Wind‹ oder ›Heiler‹ zu singen.«
    »Heute abend sang er ›Heiler‹, aber auch ›Spieler‹«, bemerkte ich. »Er hat es sowohl für dich als auch für mich gesungen.« Wir überlegten ein bißchen hin und her. Was bedeutete es eigentlich? Ein Lied … Seine Bedeutung lag für uns darin, daß es uns beide und Windlows Prophezeiung in einen Zusammenhang brachte. Während ich darüber nachgrübelte, zog ich Seidenhand in meine Arme. Sie seufzte an meiner Schulter, und wir saßen lange so im Kerzenschein und Sternenlicht, in unsere eigenen Gedanken versunken. Als sie sich mir schließlich entzog, begann ich ihr zu erzählen, was mich eigentlich nach Xammer getrieben hatte.
    So erfuhr Seidenhand alles über die Blauen und über Windlows Blauen, womit sie nun die einzige Person außer mir war, die davon wußte, der erste Mensch außer mir, der von dem Kummer darüber erfuhr.
    »Ich nehme den Blauen in die Hand«, flüsterte ich, »und dann erscheint Windlow in meinem Innern, ein freundlicher Besucher, leise, aber hartnäckig. Er kämpft, Seidenhand. Ich spüre, wie er kämpft. Er bewohnt meinen Geist wie ein Mann ein fremdes Haus – nein, ein fremdes Arbeitszimmer, in dem sich nichts an dem gewohnten Platz befindet. Ich spüre, wie er nach Worten sucht, die er nicht findet, nach Erklärungen für Dinge, die dort nicht vorhanden sind – Verbindungen und Inhalte, die für Windlow in seinem fleischlichen Dasein alltäglich waren, die er aber in mir nicht findet. Er kämpft, und es ist, als beobachte man, ohne ihm helfen zu können, wie er langsam

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