Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
drang nicht tiefer in das Thema ein, dachte aber mit einem kleinen Stich im Innern an das Mädchen, das mir jenen langen, verstehenden Blick beim Abendessen zugeworfen hatte. Sie hatte nicht ausgesehen, als ließe sie sich ohne Murren in ein solches Leben schicken. Na ja. Wer konnte es schon wissen?
    »Es wird ein paar Tage dauern, bis ich mit Jinian reisefertig bin«, fuhr Seidenhand fort. »Du hast deine eigene Route vor dir. Wie wollen wir denn unsere gemeinsame Reise später verbinden?« Sie schaute mich an, offen und voller Hoffnung im Feuerschein. Ich hätte ihr sogar eine gemeinsame Reise zu den Sternen versprochen, und sie schien es zu ahnen, denn sie schürzte spöttisch die Lippen. Ich deutete eine endgültige, unwiderrufliche Ergebung an, und wir verbrachten den Rest des Abends damit, über andere Dinge zu sprechen. Ich glaube, jeder von uns beiden dachte damals, daß wir ein Paar würden. Nein. Sie dachte es, und ich hoffte es. Wir unternahmen aber nichts in dieser Richtung – außer die Sterne zu betrachten. Wir dachten, wir hätten genügend Zeit vor uns, und es fiel uns kein Grund ein, warum diese Zeit eines Tages verronnen sein sollte. Ich kann mich noch immer an ihre Gestalt im Licht des Kaminfeuers erinnern, die eine Hälfte ihres Körpers in honigwarmem Glanz erhellt, die andere halb im Schatten.
    Der Morgen sah mich also im Gasthof bei Chance wieder. Der Oberexaminierer hatte sich etwas erholt. Er konnte sich aufsetzen, wenn man es ihm sagte, außerdem laufen, essen und seine Notdurft verrichten. Er tat allerdings nichts, ohne daß man es ihm sagte, und die seltsame Kappe hatte nur einen einzigen Tag auf seinem Kopf gesessen. Als Didir seinen Geist durchforschte, fand sie nur Leere. »Als wohne niemand darin«, sagte sie. Ich bedauerte, daß wir ihm das Ding aufgesetzt hatten. »Die Wirkung wäre vielleicht nicht so schlimm gewesen«, flüsterte sie, »wenn er die Kappe nicht so lang getragen hätte.«
    Das dachten wir auch. Meine Angreifer würden nicht gewollt haben, daß ich jeden Funken Verstand verlor. In dieser Verfassung wäre ich ihnen nicht mehr von Nutzen gewesen. Ich hätte nicht einmal mehr als Köder dienen können. Nein, der Oberexaminierer hatte sich schlichtweg in seiner eigenen Falle verfangen, aber ich bedauerte trotzdem zutiefst, daß sein Verstand gestorben war, während sein Körper weiterlebte.
    Bevor wir Xammer verließen, begaben wir uns in die Straße der Künstler, um die Karte zu kaufen, wie Spielmeisterin Joumerie es vorgeschlagen hatte, außerdem zur Spielgildehalle, um einen Tragamor anzuheuern. Seidenhand hatte die wenigen Blauen, die es in Vorboldhaus gab, einpacken lassen und zum Gasthof geschickt. Der Tragamor, eskortiert von einem Waffenträger, verschwand mit ihnen und einer Nachricht von mir in Richtung Leuchtende Domäne.
    »Ich gehe nach Norden«, schrieb ich, »und halte unterwegs bei den Ruinen von Dindindaroo. Von dort aus reise ich zu den Unveränderlichen, um die Nachrichten, die Himaggery mir anvertraut hat, zu überbringen, und dann die Große Straße nach Norden hoch in das Gebiet des Feuerdrachens, und zwar in der Gesellschaft von Seidenhand. Nachrichten für mich können in den Spielgildehallen, die auf dem Weg liegen, hinterlegt werden. Laßt es mich wissen, falls Ihr Quench oder Huld aufspürt. Ich habe etwas Seltsames gefunden, das Quench sicher interessieren wird.« Damit meinte ich natürlich die Kappe, die von einem Zauberkünstler oder Technik angefertigt worden war oder ich wollte nicht mehr Peter heißen. Ich versiegelte den Brief, öffnete ihn dann aber noch einmal und fügte einen Nachsatz hinzu: »Mit den herzlichsten Gefühlen für Mavin Vielgestalt und Mertyn, meinen thalan.«
    Insgeheim dachte ich, um wieviel leichter es mir fiel, herzliche Gefühle für die beiden zu empfinden, wenn ich so weit von ihnen entfernt war.

 
3
----
Dindindaroo
     
    Als wir aus Xammer hinausritten, trug ich wiederum die Gestalt des Unterherolds. Er war ein Mann mit tiefdurchfurchtem Gesicht gewesen, da er ständig finster dreingeblickt hatte, runden kräftigen Wangen und Augenbrauen, die sich über seiner Nase hochwölbten und ihm den Ausdruck falscher Besorgtheit verliehen. Es war kein Gesicht, das mir gefiel oder auf dem leicht ein Lächeln erschien, und nach einer Weile sagte Chance mir, ich solle aufhören, solche Grimassen zu schneiden und mir etwas Bequemeres für unterwegs aussuchen. »Du kannst immer noch düster dreinblicken, wenn wir bei den

Weitere Kostenlose Bücher