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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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lenken.
    Was den Rest von uns betraf, so fanden wir zwei aneinandergrenzende Zimmer über dem Stallgebäude und gönnten uns ein Bad in tiefen Blechwannen vor dem brennenden offenen Feuer. Danach, in große rauhe Tücher gehüllt, saßen wir am Fenster, nippten angewärmten Wein und hielten nach dem Knochentänzer Ausschau, in der Hoffnung, daß er nicht so bald käme. Es war schon dunkel, als er erschien, mit seinen Genossen. Sie zogen nicht weiter. Die Knochen ruhten als Haufen neben der Stallwand. Die Einwohner von Dreibuckel verkrochen sich in ihren Häusern. Die Knochenerwecker, Karl Schweinsgesicht bei ihnen, hockten in der Gaststube unten und tranken vergnügt. Wir, Jinian, Seidenhand und ich, blieben oben in den Zimmern, still und unauffällig.
    Was mich betraf, so war ich hin- und hergerissen. Einerseits war ich wie eh und je wütend auf Karl Schweinsgesicht, daß er so geruhsam unten in der Gaststube saß, sich bestimmt den Bauch mit Essen und Trinken vollschlug, ohne sich im mindesten verstecken oder herumschleichen zu müssen. Andererseits erinnerte ich mich nur zu gut, wie ich an jenem Baum gehangen hatte, während unten der Ghul nach mir hechelte und ich dem Tode so nahe war wie noch nie zuvor. Ich hatte kein Verlangen nach tollkühnen Taten, jedoch gierte es mich nach Rache gegen Huld und alle seine Untergebenen. Jinian saß mir gegenüber, am anderen Ende des Zimmers, und starrte mich an, während das Feuer in ihren Augen tanzte. Seidenhand schlief. Ich weiß nicht, wie ich auf den Gedanken kam, daß Jinian wußte, worüber ich nachdachte. Ich spürte kein Prickeln in meinen Kopf, als LÄSE mich ein Dämon, und es war bestimmt auch gar keine Art von Gedankenlesen. Ich dachte einfach, daß sie es wüßte. Ganz sicher war ich, als sie sagte: »Mich kennen sie nicht. Wenn sie heute nacht losreiten würden, könnte ich ihnen ein Licht mitgeben, das sie in einen … dunklen Tunnel weist.«
    Ich war mir nicht sicher, ob es mir gefiel, daß sie wußte, was ich dachte, aber es würde besser funktionieren, wenn sie half. »Heute nacht wäre geeignet«, stimmte ich zu.
    »Man muß sie dazu bringen, bald aufzubrechen«, sagte Jinian. »Vielleicht überzeugt es sie, wenn sie hören, daß das Pferd, dem sie folgen, bald verkauft oder getauscht wird? Wenn sie es von jemand Fremden hören?«
    »Jemandem wie dir?«
    Sie lächelte. »Oh, ich fürchte mich nicht vor dem Knochentänzer. Ich bin auch nicht hübsch genug, um eine Art von Aufmerksamkeit zu erregen. Ich kann es probieren.«
    »Sie könnten dich LESEN.«
    »Das bezweifle ich. Ich mache es ganz unauffällig. Aber nicht, bevor du nicht bereit bist.«
    Ich dachte darüber nach. »Dann um Mitternacht. Oder früher, falls es so aussieht, als wollten sie sich schlafenlegen.« Insgeheim hielt ich das Ganze für reichlich riskant, aber es war besser als nichts zu tun. Ich schlüpfte durch die Hintertür hinaus, ging die Straßenseite hinunter, die Chance auch genommen hatte, wo ich die Spuren der höckrigen Hufeisen sogar im Schein der Laterne erkennen konnte, die ich mitgebracht hatte. Der Weg machte eine Biegung und stieg hoch zu den Schluchten über der Stadt, sich hinter diesem Hügel und jenem Bachufer entlangschlängelnd. Ich war noch nicht weit gegangen, als ich fand, was ich suchte, eine schmale Stelle, wo der Weg in eine Uferböschung einschnitt. Ich löschte die Laterne und fing mit der Arbeit an.
    Dabei stellte ich mir vor, was wahrscheinlich inzwischen unten im Gasthof vor sich ging. Seidenhand schlief friedlich. Jemand in der Stadt mochte sie vielleicht als frühere Spielmeisterin von Vorboldhaus oder als Heilerin kennen. Jinian dagegen war ein unbekanntes Mädchen, ihrer Kleidung nach von Spielergeblüt. Sie würde in die Gaststube gehen, wo der Wirt in seiner Ecke saß, seine Einnahmen zählte und den Mann beobachtete, der Bier und Wein ausschenkte. Sie würde auf einen Augenblick warten, da die Unterhaltung ruhiger wurde, und dann sagen: »Wirt! Der Mann, der heute nachmittag fortgeritten ist, der, dem das hübsche gelbe Pferd mit den höckrigen Hufen gehörte – wißt Ihr, ob er wieder zurückkommt? Er sagte, er wolle das Pferd verkaufen oder tauschen, und ich würde gern mit ihn ins Geschäft kommen.«
    Daraufhin würde der Wirt etwas über das Pferd sagen oder über Chance. Sie würden darüber reden, daß er nach Norden geritten sei. Jinian würde Enttäuschung heucheln. »Tja, selbst wenn ich den Mann morgen noch einholen könnte, wird er das

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