Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
allgemeinen, über eine Erziehung, die mich nicht richtig auf die jetzigen Ereignisse vorbereitet hatte, und über ähnliche Widrigkeiten, meine am Sattel wundgescheuerten Schenkel eingeschlossen.
Chance überging mein Geplapper und kam gleich zur Sache. »Dieser Queynt ist mir schon einer«, sagte er. »Sagt mehr, als er will, und weiß mehr, als er sagt.«
»Erspar mir deine Epigramme«, bat ich. »Kann ich dem Mann vertrauen? Mehr ist im Augenblick nicht wichtig. Er hat offenbar nicht vor, uns irgendwie zu schaden, aber trotzdem verhält er sich in keiner Weise ehrlich …«
»Ebensowenig wie wir uns ihm gegenüber«, sagte Chance. »Wahrscheinlich fragt er sich auch, ob er uns trauen kann. Ich würde es an seiner Stelle tun.«
Meine eigene Ehre und Vertrauenswürdigkeit war nicht das Thema, über das ich nachzudenken wünschte. Nur indem ich es verdrängte, war ich imstande, die Reise fortzusetzen. Ich versetzte meinem Pferd einen leichten Schlag und ritt vorneweg bis zu der Stelle, wo der Engpaß abzweigte. Die riesigen knochenhaften Formen ragten zu beiden Seiten an der Kante des Berggrates hoch. Ich stieg vom Pferd und schaute staunend nach oben, während die anderen herbeikamen.
Queynt sprang vom Kutschbock und dehnte und streckte sich, ein wenig atemlos in der dünnen Luft. »Sie waren nicht hier«, sagte er. »Diese Knochenformen waren vor der Katastrophe noch nicht hier. Sie waren tief vergraben, verborgen seit Tausenden und Abertausenden von Jahren. Als dieser kleine Mond vom Himmel stürzte, wurde die Erde, die sie vorher bedeckte, fortgeblasen und fiel auf die Gärten des Nußlandes oder wurde von den Winden bis zum Ende der Welt getragen.«
Die riesigen Formen umgaben uns von allen Seiten, Norden, Süden, Westen, so weit das Auge reichte. Sie ähnelten tatsächlich den Skeletten ungeheuer großer Tiere, Pombis oder Fustigare. Hier und da waren die Formen fünfeckig, sternenförmig, wie die Skelette unserer schwanzlosen Tiere, einem Pombi so ähnlich, daß ich nicht glauben konnte, daß sie vom Wind geformt worden sein sollten. Wenn man gegen sie schlug, fühlten und hörten sie sich an wie Stein. Jinian kam aus dem Fuhrwerk, um ihre kleinen Hände neben meine zu legen. Die Spione waren weit hinter uns. Sie konnte diese kurze Flucht ins Freie riskieren. Wir blieben lange Zeit staunend stehen, bevor wir uns abwandten.
Der König trat mit seinen Drachen zu uns. Ich hatte bemerkt, wie sie sich während des Rittes untereinander besprachen, und nun kam er zu mir, um meine Meinung einzuholen. »Ich habe zwei Drachen, die als Boten fungieren könnten. Was haltet Ihr davon?«
Ich hatte mir schon den Kopf darüber zerbrochen, ob es gut sei, Hafnor in die Hand zu nehmen und mich zur Leuchtenden Domäne zu portieren, um Hilfe zu holen. Ich war mir aber nicht ganz sicher, ob ich mich an die Gegend, in der wir uns befanden, so genau erinnerte, daß ich auch sicher zurückkehren konnte. Kelvers Angebot kam mir gelegen, und ich dankte ihm. Plötzlich sehnte ich mich richtig nach Mavin und Himaggery, mehr aber noch nach Himaggerys Heer.
»Wenn Huld zu Ohren kommt, daß wir gefunden haben, was er sucht«, sagte ich, »wird er erscheinen. Wir könnten die Suche einfach abbrechen und verschwinden. Doch Huld würde die Welt und uns früher oder später doch angreifen. Wir könnten unseren Fund geheimhalten. Doch Huld wird kommen, früher oder später. Der Portierer, der uns folgt, sagte, daß sich vor dem Höllenschlund Gruben befänden, die so tief seien, daß noch niemand ihren Grund ausgemacht hätte, bis zum Rand mit Knochen gefüllt. Huld wird kommen, und mit ihm Knochentänzer und Ghule und Prinzen aus dem Norden, die seine Ambitionen teilen. Er wird mit einer mächtigen, furchtbaren Armee erscheinen. Wenn man dieser Armee hier in der Einöde begegnen und sie besiegen könnte …«
»Oder sie wenigstens aufhalten«, warf Jinian ein. »Vielen Menschen bliebe dadurch Leid erspart.«
»Außer uns«, sagte der König.
»Außer uns«, stimmte ich bei. »Obwohl wir also auf mächtige Verbündete hoffen, sollten wir doch zunächst nur auf uns selber bauen.«
König Kelver musterte mich eindringlich. »Welche Verbündete, Spieler? Offiziell habe ich noch nichts von ihnen gehört.«
Ich lief rot an und drehte mich weg. Hatte Seidenhand ihm etwas angedeutet? Hoffnungen mit ihm geteilt? Gut möglich. Hinter mir sagte Jinian: »Vielleicht gibt es gar keine, König Kelver. Wir hoffen, das ist alles.«
Er lachte,
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