Das wandernde Feuer
ihm in die Hocke. »Torc hat sie jedenfalls gefunden«, meinte er und wies mit einem Rucken seines Kopfes nach hinten.
Mabon kicherte. »Ich bin froh, dass wenigstens einer von euch normal reagiert. Ich dachte schon, ihr hättet die Absicht, ohne Unterbrechung bis zum Latham durchzureiten.«
Levon schüttelte den Kopf. »Ich hätte selber eine Ruhepause gebraucht. Torc dagegen hätte das geschafft. Er ist nicht müde, nur schlauer als wir.«
»Weißt du«, sagte Mabon, »ich glaube, du hast recht.« Und er drehte sich auf den Rücken, breitete ein Tuch über seine Augen und fing innerhalb einer Minute an zu schnarchen.
Levon grinste und machte eine Kopfbewegung. Er und Dave standen auf und entfernten sich ein Stück von den anderen.
»Wie weit ist es denn noch?« fragte Dave. Er drehte sich einmal im Kreis herum: In sämtliche Himmelsrichtungen konnte er nichts sehen als die Ebene.
»Wir werden heute Abend am Ziel sein«, erwiderte Levon. »Vielleicht bekommen wir die Vorposten noch vor dem Dunkelwerden zu Gesicht. Wir haben gestern ein wenig Zeit verloren, weil Mabon noch in der Nordfeste zu tun hatte. Ich nehme an, das war der Grund, warum ich so antrieb.«
Der Herzog war gezwungen gewesen, sie allesamt aufzuhalten, um eine Reihe von Anweisungen Ailerons an die Besatzung der Nordfeste weiterzugeben. Außerdem hatte er eigene Befehle gehabt, welche die Straße entlang nach Rhoden gebracht werden mussten. Dave war beeindruckt gewesen von Mabons gleich bleibender Tüchtigkeit – das war eine Eigenschaft, hatte man ihm erzählt, auf welche die Männer Rhodens stolz waren. Die aus Seresh, entnahm er daraus, neigten dagegen eher zu Sprunghaftigkeit.
Er sagte: »Ich habe uns dort auch aufgehalten. Tut mir leid.«
»Ich wollte schon fragen. Worum ging es denn?«
»Ein Gefallen, den ich Paul erwiesen habe. Aileron hatte es angeordnet. Erinnerst du dich an den jungen, der dazukam, als wir Owein angerufen haben?«
Levon nickte. »Das werde ich nicht so leicht wieder vergessen.«
»Paul wollte, dass dessen Vater wieder zurück nach Paras Derval versetzt wird. Ich hatte versprochen, ihn ausfindig zu machen. Das hat eine Weile gedauert.« Dave erinnerte sich, wie er unbehaglich dabeigestanden hatte, als Shahar geweint hatte über das, was seinem Sohn zugestoßen war. Er hatte versucht, sich etwas einfallen zu lassen, was ihn hätte trösten können, und hatte natürlich wieder einmal versagt. Es gab einfach, gestand er sich ein, Dinge, mit denen er nie richtig würde umgehen können.
»Hat er dich eigentlich an Tabor erinnert?« fragte Levon unvermittelt. »Dieser Junge?«
»Ein wenig«, sagte Dave.
Levon schüttelte den Kopf. »Bei mir war es mehr als nur ein wenig. Ich denke, ich möchte mich wieder auf den Weg machen.«
Sie wandten sich zurück. Torc, sah Dave, war bereits auf den Beinen. Levon machte eine Handbewegung, und der dunkelhaarige Dalrei steckte die Finger in den Mund und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. Das Aufgebot machte sich zum Weiterritt bereit. Dave erreichte sein Pferd, stieg auf und trabte nach vorn, wo Levon und Mabon warteten.
Die Männer Brennins waren sehr rasch im Sattel und aufgereiht. Aileron hatte ihnen Männer geschickt, die wussten, was sie taten. Torc kam heran und nickte. Levon schenkte ihm ein Lächeln und hob die Hand, um ihnen das Zeichen zum Abmarsch zu geben.
»Mörnir!« rief der Herzog von Rhoden aus.
Dave erblickte einen Schatten. Er roch Verwesung.
Er hörte einen Pfeil schwirren. Doch inzwischen flog er auch schon in hohem Bogen durch die Luft, geschickt aus dem Sattel gerissen von Mabons Sprung. Der Herzog stürzte neben ihm ins Gras. Das , dachte Dave widersinnigerweise, hat Kevin mit Coll genauso gemacht.
Dann entdeckte er, was der schwarze Schwan seinem Pferd angetan hatte. Inmitten des fauligen Gestanks und des krankhaft süßlichen Geruchs von Blut bemühte er sich, sein Mittagsmahl bei sich zu behalten.
Avaia hatte sich bereits wieder weit in den Himmel aufgeschwungen und beschrieb einen Bogen nach Norden. Daves braunem Hengst war von der alles zerschmetternden Wucht, mit der der Schwan niedergesaust war, das Rückgrat gebrochen worden. Seine Klauen hatten sein Fleisch in einzelne Streifen zerfetzt. Der Kopf des Pferdes war beinahe völlig abgerissen. Blut schoss wie eine Fontäne aus seiner Kehle. Auch Levon war vom Schlag der riesigen Flügel aus dem Sattel gehoben worden. Inmitten der Schreie der entsetzten Pferde und der Rufe der Männer eilte
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