Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
Vom Netzwerk:
er herbei. Torc spähte dem Schwan hinterher, wobei er den Bogen mit leichenblassen Fingern hielt. Dave bemerkte, dass sie zitterten: Er hatte Torc noch nie so gesehen.
    Er stellte fest, dass seine Beine bereit waren, ihren Dienst zu verrichten, und er stand auf. Mabon von Rhoden erhob sich langsam und mit gerötetem Gesicht; ihm war die Luft aus den Lungen gepresst worden.
    Einen Moment lang sagte niemand ein Wort. Avaia war längst außer Sicht. Flidais, dachte Dave, während er sich bemühte, seinen Pulsschlag unter Kontrolle zu bringen. Hüte dich vor dem Eber, hüte dich vor dem Schwan … .
    »Du hast mir das Leben gerettet«, sagte er.
    »Ich weiß«, erwiderte Mabon gelassen. Keinerlei Heuchelei. »Ich habe gerade hochgeblickt, um nach der Sonne zu sehen, und ich habe ihn entdeckt, wie er sich herabstürzte.«
    »Hast du ihn getroffen?« fragte Levon Torc.
    Torc schüttelte den Kopf. »Den Flügel, vielleicht. Aber nur vielleicht.«
    Es war ein so plötzlicher, entsetzlich brutaler Angriff gewesen. Der Himmel war jetzt wieder leer, der Wind blies so sanft wie zuvor über das wogende Gras. Doch neben ihnen lag ein totes Pferd, dem die Eingeweide hervorquollen, und obendrein war ein Geruch von Verwesung geblieben, der nicht von dem Pferd ausging.
    »Warum?« fragte Dave. »Warum ich?«
    Levons braune Augen blickten zunächst bestürzt, dann auf ernste Weise wissend. »Ich kann mir nur eines denken«, vermutete er. »Der Schwan hat dadurch, dass er auf diese Weise herabgestoßen ist, sehr viel riskiert. Es muss so gewesen sein, dass er etwas gespürt und entschieden hat, dass es hier eine Menge zu holen gibt.« Er zeigte auf Dave.
    Der legte die Hand auf seine Seite und berührte die geschwungene Form von Oweins Horn.
    In seiner eigenen Welt war es öfter vorgekommen, dass das gegnerische Team in einem Basketballspiel Dave Martyniuk als den gefährlichsten Spieler seiner Mannschaft ausmachte. Dann wurde ihm besondere Aufmerksamkeit zuteil: doppelte Deckung, verbale Sticheleien und häufig Einschüchterungen, die weit über das Erlaubte hinausgingen. Als er älter wurde und ein besserer Spieler, war das mit wachsender Regelmäßigkeit geschehen.
    Und es funktionierte nie.
    »Lasst uns dieses Pferd vergraben«, schlug Dave nun mit einer Stimme vor, die so grimmig klang, dass es selbst die beiden Dalrei überraschte. »Gebt mir einen Sattel für eines der anderen, und dann wollen wir weiterreiten, Levon!« Er trat vor und zog seine Axt aus dem zerfetzten Sattel. Sie war über und über mit Blut beschmiert. Mit großer Sorgfalt wischte er sie ab, bis die Schneide blitzte, als er sie ans Licht hob.
    Sie vergruben das Pferd, sie gaben ihm einen Sattel und ein anderes Pferd.
    Sie ritten weiter.
     
    Ivor hielt sich bei Sonnenuntergang im Schamanenhaus auf, als sie ihm die Nachricht überbrachten.
    Er war am Ende des Tages gekommen, um nach seinem Freund zu sehen, und war geblieben, hilflos und bestürzt über das, was er an Gereints Gesicht ablas. Der Körper des Schamanen auf seiner Matte war ruhig und unbeweglich, doch sein Mund war verzerrt vom geräuschlosen Entsetzen, und selbst die dunklen Höhlen seiner Augen zeugten von einer Reise, die ihn in Schrecken versetzte. Ängstlich besorgt um den betagten Schmanen blieb Ivor bei ihm, als könnte er dadurch, dass er an ihr teilnahm, Gereints Reise auf wie auch immer unvollkommene Weise erleichtern. Der Alte hatte sich verirrt, das wusste Ivor, und er sehnte sich von ganzem Herzen danach, ihn heimzurufen.
    Stattdessen beobachtete er ihn.
    Dann kam Cechtar. »Levon ist da«, meldete er von der Tür aus. »Er hat den Herzog von Rhoden und fünfhundert Mann mitgebracht. Und da ist noch etwas, Aven.«
    Ivor drehte sich um.
    Im Gesicht des stämmigen Reiters arbeitete es auf merkwürdige Weise. »Zwei andere sind von Norden gekommen. Aven … . es sind Lios Alfar, und O, komm und überzeuge dich selbst, worauf sie reiten!«
    Er hatte noch nie die Lios zu Gesicht bekommen. Unter allen lebenden Dalrei war das nur Levon und Torc vergönnt gewesen. Und Levon war ebenfalls wieder da, mit fünfhundert von des Großkönigs Mannen. Sein Herz beschleunigte seinen Schlag, und Ivor erhob sich. Er warf einen letzten Blick auf Gereint, dann ging er hinaus.
    Levon führte seine Männer von Südwesten heran, er konnte sie gegen die untergehende Sonne erkennen. Doch auf dem weiten Platz vor ihm warteten ruhig zwei der Lios Alfar, und sie saßen auf Raithen, und Ivor hätte nie geglaubt, zu

Weitere Kostenlose Bücher