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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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fünfhundert Mann rein gar nichts. Nimm sie alle mit, Vater.«
    Sie irrte sich nicht, das wusste er. Aber wie konnte er sie so gänzlich ungeschützt zurücklassen? Dann kam ihm ein Gedanke. Er schreckte einen Augenblick lang davor zurück, doch dann wurde der Vater in ihm besiegt, und der Aven sagte: »Tabor.«
    »Ja, Vater«, meldete sich sein jüngstes Kind.
    »Wenn ich alle anderen mitnehme, werdet ihr dann die Lager bewachen? Ihr beide?«
    Er hörte Leith scharf einatmen. Er grämte sich um ihretwillen, um ihrer aller willen.
    »Ja, Vater«, versprach Tabor, so blass wie Mondschein. Ivor trat zu ihm und blickte seinem Sohn in die Augen. Schon jetzt war er weit von ihm entfernt.
    »Möge der Weber euch gnädig sein«, murmelte er. »Euch allen.« Noch ein letztes Mal packte er den jungen bei den Schultern wie einen Mann, dann wandte er sich wieder an den Herzog von Rhoden. »Wir reiten in einer Stunde«, setzte er ihn von seinem Entschluss in Kenntnis. »Wir werden vor dem Andein nicht anhalten, es sei denn, wir treffen auf ein Heer. Folgt Cechtar – Eure Männer werden ausgeruhte Pferde brauchen.« Er erteilte Levon seine Befehle und den versammelten Auberei, die bereits zu Pferde saßen, um die Nachricht zu den übrigen Stämmen zu tragen. Rings umher brach im Lager fieberhafte Geschäftigkeit aus.
    Er fand einen Moment Zeit, um Leith anzusehen, und schöpfte unendlich viel Trost aus der Ruhe ihres Blicks. Sie sprachen nicht miteinander. Es war alles gesagt zwischen diesen beiden, zum einen oder anderen Zeitpunkt.
    Tatsächlich dauerte es weniger als eine Stunde, bis er seine Finger in ihr Haar schlang und sich im Sattel niederbeugte, um sie zum Abschied zu küssen. Ihre Augen waren trocken, ihr Gesicht ruhig und zuversichtlich, genau wie das seine. Es mochte durchaus sein, dass er aus Freude oder häuslicher Sorge oder aus Liebe zu leicht in Tränen ausbrach, doch es war der Aven der Dalrei, der erste, seit Revor die Ebene überlassen worden war, der nun in der Dunkelheit sein Pferd bestieg. Er trug den Tod im Herzen und erbitterten Hass und finstere, eiskalte Entschlossenheit.
    Sie würden Fackeln benötigen, bis der Mond aufging. Er schickte die Auberei mit Feuer voraus, um ihnen den Weg zu weisen. Sein älterer Sohn ritt an seiner Seite und der Herzog von Rhoden und die sieben Häuptlinge, alle bis auf den Alten in Celidon, wohin sie unterwegs waren. Hinter ihnen saßen fünfhundert Mann aus Brennin wartend zu Pferd und dazu jeder einzelne Reiter der Ebene bis auf den einen. Er verbat sich, an diesen einen zu denken. Er sah Davor und Torc, und er kannte das Glitzern in den Augen des dunkelhaarigen Mannes.
    Er erhob sich im Sattel. »Im Namen des Lichts«, rief er, »nach Celidon!«
    »Nach Celidon!« brüllten sie im Chor.
    Ivor wandte sich nach Norden. Weiter vorn blickten die Auberei aufmerksam zu ihm hin. Er nickte einmal. Sie ritten los.
     
    Tabor beugte sich schweigend dem Willen der Schamanen, die sich ihrerseits dem seiner Mutter beugten. Am Morgen befolgten sie die Anweisungen des Aven und zogen über den Fluss in das letzte Lager am äußersten Rand der Ebene, wo das Land zu den Bergen hin anzusteigen begann. Der Fluss würde ihnen ein Mindestmaß an Schutz bieten und die Berge eine Möglichkeit, sich zu verstecken, falls es erforderlich werden sollte.
    Es ging alles sehr rasch vonstatten, unter wenig Tränen, selbst von Seiten der ganz Kleinen. Tabor bat zwei ältere jungen, ihm mit Gereint behilflich zu sein, doch sie fürchteten sich vor dem Gesicht des Schamanen, und er konnte ihnen das nicht ernsthaft übel nehmen. Er fertigte ohne fremde Hilfe die Hängematte, dann holte er seine Schwester, um Gereint mit ihr gemeinsam zu tragen. Sie überquerten den Fluss zu Fuß an einer seichten Stelle. Gereint ließ nicht erkennen, dass er einen von ihnen wahrnahm. Liane erwies sich als tüchtig, und er sagte es ihr. Sie bedankte sich. Nachdem sie gegangen war, blieb er bei dem Schamanen in dem neuen Haus, wo sie ihn abgesetzt hatten. Er dachte daran, wie er Liane gelobt und wie sie sich bei ihm bedankt hatte, und daran, wie viel doch anders geworden war.
    Später entfernte er sich, um nach seiner Mutter zu sehen. Doch es gab keine Probleme zu lösen. Am frühen Nachmittag waren sie alle in dem vorgesehenen Lager angelangt, dicht gedrängt, aber nachdem die Männer fort waren, gab es ausreichend Platz in einem Lager, das für vier Stämme gebaut war. Es war geradezu schmerzlich still. Die Kinder lachten

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