Das wandernde Feuer
die Tränen liefen ihm über das blutverschmierte Gesicht.
Dann sah er, wie die Wilde Jagd sich aufteilte und vier von ihnen mit dem Kind, das einmal Finn gewesen war, ungestüm und aus der Luft die Verfolgung des Heers der Finsternis aufnahmen. Die anderen Könige, und Owein gehörte dazu, blieben am Adein zurück, und im Abendlicht begannen sie die Lios und die Dalrei zu ermorden, einen nach dem anderen.
Dave Martyniuk schrie auf. Er sprang vom Pferd.
Er fing an zu laufen. »Nein!« brüllte er. »Nein, nein, O nein! Bitte!« Er stolperte und fiel in den Schlamm des Flusses. Unter ihm regte sich ein Körper. Er hörte Entsetzensschreie und das ungezügelte Lachen der Wilden Jagd. Er sah Owein grau wie Rauch auf seinem schwarzen, schattenhaften Pferd über Levon dan Ivor aufragen, der sich vor seinen Vater gestellt hatte, und er hörte Owein wieder lachen vor lauter Freude. Er versuchte aufzustehen; spürte, wie in seiner Seite etwas nachgab.
Hörte eine Stimme den Lärm übertönen, derer er sich nur undeutlich entsann, und sie rief: »Himmelskönig, stecke dein Schwert in die Scheide! Ich zwinge dir meinen Willen auf.« Dann brach er blutend und mit gebrochenem Herzen im dreckigen Schlamm zusammen und hörte nichts mehr.
Er erwachte bei Mondschein. Er war sauber und vollständig bekleidet. Er stand auf. Er empfand keine Schmerzen. Er befühlte seine Seite und ertastete durch das Hemd hindurch, das er trug, die Linie einer verheilten Narbe. Er blickte sich um. Er befand sich auf einem Hügel inmitten der Ebene. Im Norden, in etwa achthundert Meter Entfernung, sah er den Fluss im Mondlicht silbrig glitzern. Er erinnerte sich nicht an diesen Hügel, auch nicht, hier vorbeigekommen zu sein. Weiter östlich waren Lichter zu sehen: Celidon. Kein Geräusch in der Nacht, keine Bewegung in der Nähe des Flusses.
Er legte die Hand auf seine Hüfte.
»Ich habe es mir nicht wiedergeholt«, hörte er sie sagen. Er wandte sich nach Westen, wo sie stand, und als er sich umgedreht hatte, kniete er nieder und senkte den Kopf.
»Sieh mich an«, gebot sie, und er tat es.
Sie war grün, wie damals an dem Tümpel im Faelinnhain. Ihr Gesicht war von einem Leuchten durchzogen, doch es war gedämpft, damit er sie ansehen konnte. Auf ihrem Rücken hingen Bogen und Köcher, und sie streckte ihm Oweins Horn entgegen.
Er fürchtete sich und gelobte: »Göttin, wie könnte ich sie je noch einmal rufen wollen?«
Ceinwen lächelte. Sie entgegnete: »Niemals, es sei denn, es ist jemand da, der stärker ist als die Wilde Jagd, um sie in ihre Schranken zu weisen. Ich hätte nicht tun dürfen, was ich getan habe, und ich werde dafür bezahlen. Aber du hattest das Horn von mir erhalten, wenn auch zu einem unbedeutenderen Zweck, und ich bin nicht bereit, dabeizustehen und zuzuschauen, wenn Owein durch keinerlei Schranken gehindert wird.«
Er schluckte. Sie war sehr schön, sehr groß überragte sie ihn, sehr strahlend war sie. »Wie könnte man eine Göttin dazu bringen, für ein Vergehen zu bezahlen?« fragte er.
Sie lachte. Er erinnerte sich. Sie erwiderte: »Die rote Nemain wird schon einen Weg finden, oder Macha, falls sie es nicht tut. Sorge dich darum nicht.«
Die Erinnerung kehrte zurück. Und mit ihr entsetzliche Verzweiflung.
»Sie waren dabei, jedermann zu töten«, stammelte er. »Uns alle.«
»Aber natürlich«, sagte die Grüne Ceinwen, schimmernd auf dem Hügel. »Wie kannst du davon ausgehen, dass die ungezügeltste Magie so zahm deinem Willen folgen wird?«
»So viele Tote«, klagte er. Das Herz tat ihm um ihretwillen weh.
»Ich habe sie aufgesammelt«, erklärte Ceinwen ruhig. Und plötzlich begriff er, woher dieser Hügel stammte.
»Levon?«, fragte er ängstlich. »Der Aven?«
»Nicht alle müssen sterben«, tröstete sie ihn. Das hatte sie ihm schon einmal gesagt. »Ich habe die Lebenden am Fluss zum Schlaf niedergelegt. Auch in Celidon schlafen sie, obwohl ihre Lichter brennen. Doch am Morgen werden sie sich erheben und ihre Wunden tragen.«
»Ich nicht«, widersprach er mühsam.
»Ich weiß«, bestätigte sie. »Ich wollte es nicht.«
Er richtete sich auf. Er wusste, dass sie das von ihm erwartete. Im hellen Mondschein standen sie auf dem Hügel. Ihm zuliebe leuchtete sie sanft wie der Mond. Sie trat vor und küsste ihn auf die Lippen. Sie vollführte eine Geste und stand nackt vor ihm, und ’er war wie geblendet von ihrer Herrlichkeit. Wieder bewegte sie die Hand, und er war ebenfalls nackt, auf der
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