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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Land,
    Darfst du sie dennoch niemals bannen,
    Die verlassen zu Pferde Oweins schützende Hand
    Und sich zum Führer ein Kind ersannen.
     
    Levons Stimme verklang. In der Stille wurde Kim das gleiche knisternde Rauschen recht unangenehm bewusst, das sie zwei Abende zuvor gehört hatte; wieder kam es von Osten her. Gwen Ystrat, schloss sie.
    Mit der Zeit wurde sie immer empfänglicher für die zahlreichen Gedankenbotschaften, die zwischen den Priesterinnen dort draußen hin und her gingen. Sie empfand das als lästig, und sie verdrängte sie aus ihrem Kopf. Sie hatte auch so genug Sorgen, angefangen bei dieser Ansammlung von Männern in ihrem Schlafzimmer. Der Traum jeder gehemmten Frau, dachte sie, schaffte es jedoch nicht, sich darüber zu amüsieren.
    Die Männer warteten auf sie. Sie schwieg und ließ sie warten. Nach einer Weile war es Levon, der zu sprechen fortfuhr – schließlich ging es um seine Idee. Er sagte: »Diesen Vers habe ich als Kind von Gereint gelernt. Er ist mir wieder eingefallen, als Davor das Horn entdeckt hat. Dann haben wir auch noch den Baum und den Felsen ausfindig gemacht. Und darum wissen wir, wo Owein und die Schläfer sind.« Es gelang ihm nicht, die Erregung aus seiner Stimme herauszuhalten. »Wir besitzen das Horn, das sie herbeiruft und … . und ich vermute, dass der entfachte Baelrath die Flamme ist, die sie weckt.«
    »Möglich wäre es«, stimmte Diarmuid zu. Er hatte sich seiner Stiefel entledigt und lag auf ihrem Bett. »Auch der Kriegsstein ist ein ungezügeltes Ding. Loren?«
    Der Magier hatte unter Berufung auf sein Alter Anspruch auf den Lehnsessel erhoben, der am Fenster stand. Er zündete sich umständlich seine Pfeife an und paffte ausgiebig vor sich hin, ehe er antwortete.
    »Es ist möglich«, bestätigte er schließlich. »Ich will ganz ehrlich sein und gestehen, dass ich nicht weiß, was sich daraus ergeben könnte.«
    Dieses ruhige Eingeständnis ernüchterte sie allesamt. »Kim?« fragte Diarmuid und riss, breitbeinig auf ihrem Bett liegend, die Initiative an sich.
    Sie hatte nach wie vor größte Lust, es ihnen schwer zu machen, war jedoch zu stolz, um ihre Launen auszuleben. »Ich habe das nicht gesehen«, sagte sie leise. »Überhaupt gar nichts von dieser Sache.«
    »Bist du ganz sicher?« fragte Paul Schafer, der mit Matt Sören in der Nähe der Tür stand. »Du hast doch auf Levon gewartet, oder etwa nicht?«
    Er war einer von der ganz schlauen Sorte. Andererseits war er ihr Freund, und er hatte ihre anfängliche böse Vorahnung, was Diarmuid anging, nicht weitererzählt. Kim nickte und zeigte ein angedeutetes Lächeln. »Ich habe gespürt, dass er kommt. Und ich habe dem Vorangegangenen entnommen, was er fragen wollte. Ich glaube nicht, dass sich daraus viel schließen lässt.«
    »Viel nicht«, stimmte Diarmuid zu. »Dennoch müssen wir eine Entscheidung treffen.«
    »Wir?« Das war Kevin Laine. »Kims Ring, Daves Horn. Sie haben zu entscheiden, meint ihr nicht auch?«
    Levon warf ein: »Die Gegenstände gehören ihnen doch gar nicht wirklich. Nur –«
    »Hat einer von euch vor, sie ihnen wegzunehmen und sie selber zu benutzen?« fragte Kevin kurz und bündig. »Hat einer vor, Gewalt auf sie auszuüben?« fuhr er fort, um seinen Standpunkt ganz deutlich zu machen. Schweigen breitete sich aus. Noch ein Freund, dachte Kim.
    Jemand hüstelte verlegen. »Also«, erklärte Dave. »Ich habe nicht vor, dagegen anzugehen, was hier beschlossen wird, aber ich wüsste schon ganz gern etwas mehr über das, womit wir es hier zu tun haben. Wenn ich das Horn habe, das diese … . äh, Schläfer herbeiruft, wäre es mir, äh, lieber, ich wüsste, wer das ist.«
    Er blickte befangen zu Loren hinüber. Sie wandten sich alle dem Magier zu. Die Sonne stand hinter ihm und erschwerte es, sein Gesicht zu sehen. Als er sprach, geschah dies mit irgendwie körperloser Stimme.
    »Es wäre insgesamt besser«, sagte er, umgeben vom Licht der untergehenden Sonne und vom Pfeifenqualm, »wenn ich auf Daves Frage eine angemessene Antwort geben könnte. Ich kann es nicht. Owein und die Wilde Jagd wurden vor unendlich langer Zeit zur Ruhe gebettet. Hunderte und Aberhunderte von Jahren, ehe Iorweth über das Meer kam oder die Dalrei von Osten her die Berge überquerten oder gar Menschen aus den fernen Ländern im Südosten ins grüne Cathal vorstießen.
    Selbst die Lios Alfar waren im Lande noch kaum bekannt, als aus der Wilden Jagd die Schläfer wurden, und Brendel hat mir berichtet, und

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