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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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nicht«, beschied er ihr, »falls du damit meinst, ob ich noch mehr weiß. Dafür habe ich aber, wenn ich mich nicht irre, etwas gesehen, kurz bevor wir den anderen Raum verlassen haben.«
    Ganz schön schlau, dachte sie. Aber er hatte zu sprechen aufgehört und überließ es ihr. »Dir entgeht nicht gerade viel, stimmt’s?« flüsterte sie. Er gab keine Antwort. Sie holte Luft und gab zu: »Es stimmt. Der Baelrath hat einen Moment lang geglüht, als Levon auf mich zukam. Im gleichen Moment, als ich begriffen habe, weswegen er gekommen war. Das kann ich euch ruhig verraten, wenn ich, wie Paul es ausdrückt, mich nicht irre.«
    »Das ist doch schon etwas«, stellte Levon ernsthaft fest. »Wie ich bereits sagte: Warum sonst hätte man uns das Horn überlassen, uns die Höhle gezeigt? Warum, wenn nicht, um sie zu erwecken? Und jetzt fordert uns auch noch der Stein dazu auf!«
    »Ein ungezügeltes Ding zum anderen«, murmelte Loren. »Es wäre möglich, dass sie einander rufen, Levon, aber nicht zu einem Zweck, der uns etwas anginge. Hier geht es um ganz und gar ungezügelte Magie. Und außerdem heißt es in dem Vers: Darfst du sie dennoch niemals bannen. Owein und die Wilde Jagd sind so machtvoll, dass sie den Mond verschieben können, und so mutwillig, dass sie es zu ihrem Vergnügen auch tun. Wir dürfen einfach nicht davon ausgehen, dass sie willfährig unseren Zwecken dienen und dann ebenso willfährig wieder verschwinden.«
    Wieder Schweigen. Irgend etwas schwer Fassbares quälte Kim, etwas, von dem sie wusste, dass sie daran hätte denken sollen, aber das wurde mit der Zeit bei ihr geradezu chronisch, und der Gedanke ließ sich nicht zwingen, Gestalt anzunehmen.
    Zur allgemeinen Überraschung war es Dave Martyniuk, der dem Schweigen ein Ende machte. Verlegen wie immer in so einer Situation brachte der hünenhafte Mann vor: »Das mag dumm von mir sein, ich weiß es nicht … . aber mir ist aufgegangen – falls Owein soweit ist, dass er erlöst werden möchte, und uns die Mittel dazu in die Hand gegeben sind … . also, haben wir denn das Recht, ihm die Erlösung zu verweigern, egal, ob wir nun wissen, was sie dann vorhaben? Ich meine, macht uns das nicht zu Gefängnisaufsehern oder so was Ähnlichem?«
    Loren stand auf, als habe ihn jemand hochgezerrt. Sobald er aus dem schräg einfallenden Licht getreten war, konnten sie erkennen, dass seine Augen auf Dave gerichtet waren. »Das«, sagte der Magier, »ist nicht im entferntesten dumm gesprochen. Es ist sogar die tiefste aller hier ausgesprochenen Wahrheiten.« Dave lief hochrot an, während der Magier fortfuhr: »Es entspricht der wahren Natur aller Dinge, trifft in den Kern des Gewirks: Die ungezügelte Magie ist dazu gedacht, frei zu sein, ob sie nun unseren Zwecken dient oder nicht.«
    »Also tun wir es?« begehrte Kevin zu erfahren.
    Am Ende, genau wie am Anfang, fiel alles auf sie zurück, weil sie den Ring trug. Immer noch quälte sie etwas, aber die anderen warteten, und was Dave geäußert hatte, entsprach der Wahrheit. Soviel war ihr klar.
    »Also gut«, sagte sie, und bei diesen Worten glühte der Baelrath in ungestümem Verlangen auf wie ein Fanal.
    »Wann?« fragte Paul. Das leicht verfärbte Licht hatte sie allesamt zum Aufstehen veranlasst.
    »Sofort natürlich«, entschied Diarmuid. »Heute Nacht. Am besten machen wir uns gleich auf den Weg, das wird ein anstrengender Ritt.«
     
    Sie hatten Matt und Loren zurückgelassen, und Torc, den anderen Dalrei, mitgenommen, sowie Diarmuids Stellvertreter Coll.
    Der Magier hatte sich bereit erklärt, dazubleiben und die beiden Könige über die Ereignisse in Kenntnis zu setzen. Torc, wurde Kevin zu verstehen gegeben, war dabei gewesen, als sie das Horn und die Höhle entdeckten; er hatte ein Anrecht auf Teilnahme an diesem Unternehmen. Kevin hatte auch gar nicht vorgehabt, das in Frage zu stellen, da er der Ansicht war, er selber habe bei der ganzen Sache im Grunde genommen nirgendwo seinen Platz. Coll stand Diarmuid zur Seite, weil er das immer tat.
    Am Anfang ihres Weges ritt Kevin neben Paul, während Diarmuid ihnen in nordöstlicher Richtung durch ein liebliches Tal vorausritt. Es war recht seltsam, doch die Kälte schien hier erträglicher zu sein, der Wind weniger eisig. Und als sie um den Ausläufer einer Hügelkette bogen, erblickte er einen See, klein, wie ein Juwel in eine Fassung aus weiß verschneiten Hängen eingebettet – und das Wasser dieses Sees war nicht gefroren.
    »Ein Windbruch, oder

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