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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Verzichtete Kevin auf eine Erklärung, dann hatte er dafür einen Grund und ein Recht darauf.
    »O Abba«, flüsterte er in die grausam kalte Nacht hinaus. Und dort im Lande der Mutter wurde sein Ausdruck für das Wort Vater zu einer Art Talisman, der ihn aus dem schneidenden Wind heraus zu jenem Haus führte, das Diarmuid in Morvran zugewiesen worden war.
    Wer von königlichem Geblüt war, genoss gewisse Vorrechte. Nur Coll und Kevin und Brock hatten sich diese Unterkunft zu teilen. Coll befand sich in der Schenke, und der Zwerg schlief, und Diarmuid hielt sich Gottweißwo auf.
    Mit der leisen Belustigung, die sich bemerkbar machte, als er sich Diarmuid in der folgenden Nacht vorstellte, und der tiefergreifenden Tröstung, die er immer dann empfand, wenn er an seinen Vater dachte, begab Kevin sich zu Bett. Er hatte einen Traum, doch er erwies sich als flüchtig, und gegen Morgen hatte er ihn bereits vergessen.
     
    Sie brachen bei Sonnenaufgang auf. Der Himmel über ihnen war leuchtend blau, und die ersten Sonnenstrahlen glitzerten auf dem Schnee. Außerdem war es milder, zumindest nach Daves Ansicht, als machte sich die Tatsache der Sommersonnenwende irgendwie bemerkbar. Unter den Jägern herrschte eine geradezu elektrisierende Betriebsamkeit, die beinahe schon zu sehen war. Die erotischen Anwandlungen, die begonnen hatten, sobald sie nach Gwen Ystrat gekommen waren, hatten sich jetzt noch verstärkt. Dave hatte etwas Derartiges in seinem ganzen Leben noch nicht empfunden, und es hieß, dass heute Abend die Priesterinnen zu ihnen herauskommen würden. Es machte ihn schwach, auch nur daran zu denken.
    Daher zwang er sich, sich wieder auf das zu konzentrieren, was es an diesem Morgen zu tun gab. Er hatte mit dem kleinen Aufgebot der Dalrei zusammen jagen wollen, aber Pferde würden ihnen im Wald nur wenig nützen, und Aileron hatte die Reiter gebeten, sich den Bogenschützen anzuschließen, die rings um den Wald Stellung beziehen und sämtliche Wölfe niedermachen sollten, die versuchen würden zu entkommen. Dave sah Diarmuids massigen Stellvertreter Coll einen enorm großen Bogen von der Schulter nehmen und mit Torc und Levon über die Brücke nach Nordwesten davonreiten.
    Damit blieb ihm nur eines übrig, nahm er an, und er ging irgendwie widerstrebend mitsamt seiner Axt dorthin, wo Kevin Laine stand und mit zwei weiteren Angehörigen aus der Schar des Prinzen scherzte. Es hielt sich das Gerücht, sie hätten gestern Nacht ein wenig verfrüht mit den Feierlichkeiten zur Sommersonnenwende begonnen und somit die Befehle der zwei Könige missachtet. Dave konnte nicht von sich behaupten, dass ihn das beeindruckte. Es war eine Sache, auf Zechtour zu gehen, wenn man sich in der Stadt aufhielt, aber eine ganz andere, am Vorabend einer Schlacht über die Stränge zu schlagen.
    Andererseits schien keiner von ihnen an diesem Morgen darunter zu leiden, und er kannte nun einmal niemand sonst, dem er sich hätte anschließen können, daher stellte er sich linkisch neben dem Prinzen auf und wartete ab, dass ihm jemand Beachtung schenken würde. Diannuid überflog soeben rasch die schriftlichen Anweisungen seines Bruders. Als er damit fertig war, schaute er auf und nahm Daves Gegenwart mit einem Blick seiner verwirrend blauen Augen zur Kenntnis.
    »Noch Platz für einen weiteren Mann?« fragte Dave.
    Er war gefasst auf eine Stichelei, doch der Prinz erwiderte nur: »Natürlich. Schließlich habe ich dich kämpfen gesehen, erinnerst du dich?« Er hob ein klein wenig seine Stimme, und die annähernd fünfzig Mann um ihn herum verstummten. »Kommt her, Kinder, und ich erzähle euch eine Geschichte. Mein Bruder hat sich wieder einmal selbst übertroffen bei der Vorbereitung dieses Unternehmens. Folgendermaßen werden wir vorgehen … .«
    Trotz dieses leichtfertigen Tonfalls waren seine Worte entschieden. Hinter dem Prinzen konnte Dave alsbald die Männer aus Cathal mit Shalhassan an der Spitze in nordöstlicher Richtung davonreiten sehen. Ganz in der Nähe war Aileron selbst gerade damit beschäftigt, zu einer weiteren Ansammlung von Männern zu sprechen, und ein Stück dahinter tat Arthur das gleiche. Das Ganze würde wohl auf eine Umklammerungsaktion hinauslaufen, schlussfolgerte Dave, wobei die beiden Kampfgruppen aus Südwesten und aus Nordosten sich vereinigen würden. Die etwa zweihundert Bogenschützen sollten einen geschlossenen Ring um den Wald herum bilden, und die Hunde sollten losgelassen werden, damit sie versuchen

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