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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Ganz in der Nähe waren Rufe und Gelächter zu hören, doch Kevin war nun endgültig zur Ruhe gekommen, und er lenkte sein Pferd gen Osten und ritt davon.
     
    Sie wachte am späten Nachmittag auf. Sie befand sich in der Kammer, die sie ihr zugewiesen hatten, und Jaelle saß schweigend neben dem Bett.
    Kim richtete sich ein wenig auf und reckte die Arme. »Habe ich den ganzen Tag geschlafen?« erkundigte sie sich.
    Jaelle lächelte, was gänzlich unerwartet kam. »Darauf hattet ihr Anspruch.«
    »Wie lange habt ihr mich schon beobachtet?«
    »Nicht lange. Wir haben nach euch allen hin und wieder gesehen.«
    »Nach uns allen? Nach wem sonst?«
    »Gereint. Die zwei Quellen.«
    Kim setzte sich auf. »Ihr habt es gut überstanden?«
    Jaelle nickte. »Keiner von uns ist so weit vorgedrungen wie Ihr. Auch den Quellen ging es gut, bis sie ein zweites Mal in Anspruch genommen wurden.«
    Kim blickte sie fragend an, und die rothaarige Priesterin erzählte ihr von der Jagd und dann von dem Eber. »Keiner von beiden hat sich bleibenden Schaden zugezogen«, schloss sie, »obwohl Kevin nahe dran war.«
    Kim schüttelte den Kopf. »Ich bin froh, dass ich das nicht mit ansehen musste.« Sie atmete tief ein, dann fragte sie: »Aileron hat gesagt, ich hätte euch etwas übermittelt. Was war es, Jaelle?«
    »Der Kessel«, erwiderte die andere, und als Kim abwartete, fügte sie hinzu: »Der Magier ist der Überzeugung, dass Metran damit von Cader Sedat aus, draußen auf See, den Winter hervorruft.«
    Es herrschte Stille, während Kim das Gehörte in sich aufnahm. Als sie es endlich verarbeitet hatte, empfand sie nichts als Verzweiflung. »Dann habe ich nichts erreicht! Wir können nichts dagegen unternehmen. Wir können im Winter nicht dorthin!«
    »Hübsch ausgedacht, nicht wahr?« bemerkte Jaelle trocken, auch wenn ihr Tonfall ihre Angst nicht verbergen konnte. »Was machen wir nun?«
    Jaelle bewegte sich unruhig. »Heute Nacht nicht viel. Spürt Ihr es nicht?«
    Und auf die Frage hin merkte Kim, dass sie es sehr wohl fühlte. »Ich dachte, das seien bloß irgendwelche Nachwirkungen«, murmelte sie.
    Die Priesterin schüttelte den Kopf. »Maidaladan. Es hat uns später erreicht als die Männer, und eher als Unruhe denn als körperliches Verlangen, denke ich, aber die Sonne geht bald unter, und wir haben Mittsommernacht.«
    Kim blickte sie an. »Werdet Ihr mit hinausgehen?«
    Jaelle stand abrupt auf und tat einige Schritte zur gegenüberliegenden Wand. Kim glaubte, sie beleidigt zu haben, doch gleich darauf wandte die hochgewachsene Priesterin sich ihr wieder zu. »Es tut mir leid«, sagte sie und überraschte damit Kim zum zweiten Mal. »Eine alte Geschichte. Ich werde zum Bankett gehen, aber hinterher wiederkommen. Die mit den grauen Gewändern müssen heute Nacht auf die Straße hinaus und sich jedem Mann hingeben, der nach ihnen verlangt. Die rotgewandeten Mormae gehen nicht hinaus, obwohl das ein Brauch ist, kein Gesetz.« Sie zögerte. »Die Hohepriesterin trägt weiß und darf am Maidaladan nicht teilhaben oder sich zu irgendeinem anderen Zeitpunkt mit einem Mann einlassen.«
    »Gibt es dafür einen bestimmten Grund?« fragte Kim.
    »Ihr solltet ihn eigentlich kennen«, meinte Jaelle.
    Und als sie in sich ging, dorthin, wo sich ihre zweite Seele befand, kannte Kim tatsächlich den Grund. »Ich verstehe«, murmelte sie sanft. »Ist das schwierig?«
    Einen Augenblick lang antwortete Jaelle nicht, dann erklärte sie: »Ich bin vom Braun der Tempeldienerin direkt zu Rot und dann zu Weiß übergegangen.«
    »Niemals die graue Tracht.« Kim erinnerte sich an etwas. »Ysanne übrigens auch nicht.« Und dann, als die andere sich versteifte, fragte sie: »Hasst Ihr sie denn so sehr?«
    Sie erwartete darauf keine Antwort, aber dieser Nachmittag war ohnehin seltsam, und Jaelle gestand ihr: »Früher einmal, ja. Jetzt fällt es mir nicht mehr so leicht. Vermutlich richtet sich aller Hass, der mir innewohnt, gen Norden.«
    Lange Zeit herrschte Schweigen. Jaelle sprach es in verlegenem Tonfall. »Ich wollte damit sagen … . zu Anfang … . Ihr habt gestern Nacht Großartiges vollbracht, was immer sich daraus ergeben mag.«
    Nach kurzem Zögern eröffnete ihr Kim: »Ich hatte dabei fremde Hilfe. Das werde ich nur Euch und Loren anvertrauen, denke ich, weil ich nicht sicher bin, was daraus wird, und weil ich achtsam vorgehen möchte.«
    »Was für fremde Hilfe?« wollte Jaelle erfahren.
    »Die Paraiko«, erwiderte Kim. »Die Riesen sind in

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