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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
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ganzen Welt hat so viel Zeit mit Henry LaMarcks Werk verbracht wie ich.
    Als ich auch den zweiten doppelten Espresso gekauft, zu meinem Platz getragen und getrunken hatte, ging ich wieder zur Theke und fragte, ob dieses Cafe wirklich Caribou hieß, obwohl das auf jedem Becher stand und die Bedienung mich mit »Willkommen im Caribou« begrüßt hatte. Ich sah auf die Uhr. Sieben. Jetzt musste ich in die Pension und meine Sachen holen, Jaspers BlackBerry anstatt einer Bezahlung dort zurücklassen und zum Flughafen fahren. Doch was, wenn er sich einfach nur verspätet hatte? Er war zurzeit so durcheinander, da durfte ich nicht so streng sein. Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob ich wirklich sechs Uhr gesagt hatte, vielleicht hatte ich auch achtzehn Uhr gedacht und dann acht Uhr gesagt? Es wurde halb acht, acht, halb neun. Draußen schneite es sehr, Flocken flogen kreuz und quer, von oben nach unten nach oben über die LaSalle Street, als sei sie mit den Menschen, den Taxis und Lichtern in einer Schneekugel, die gerade jemand geschüttelt hatte.
    Wenn ich meine Sachen im Kloster Zur siegreichen Jungfrau Maria zurückließ, konnte ich es immer noch schaffen - vorausgesetzt, ich fuhr sofort zum Flughafen. Sonst wäre das Flugzeug weg, das Ticket wertlos und ich ohne Geld in dieser fremden Schneekugelstadt. Walter Benjamin hatte Schneekugeln gesammelt. Walter Benjamin, der nach dem Übersetzen von Marcel Proust über innere Vergiftungserscheinungen geklagt hatte.
    Ich ging. Ohne nach links und rechts zu sehen, nahm ich die Stufen hinab zur U-Bahn . Ich war viel zu höflich gewesen. Viel zu lange hatte ich alles dem Zufall überlassen.
    Da fiel mir etwas ein. Die Wasabinüsse, die er mir gestern angeboten hatte, waren aus einem Tütchen gewesen, auf dem Estana Hotel & Spa stand.
    Der Rezeptionist im Estana Hotel & Spa war ein Halbchinese. Er lächelte mich freundlich an und legte eine Hand mehr auf als an seine gegel ten Haare, während er auf den Monitor schaute und sagte:
    »Hier wohnt leider niemand, der so heißt.« »LaMarck, in einem Wort?«
    »Tut mir leid.«
    Ich setzte mich in die Hotelhalle, blätterte durch eine Klatsch-Zeitschrift, las einen Artikel über Brad Pitt und Angelina Jolie, die sich getrennt und wieder zusammengerauft hatten, und fand die Probe einer Feuchtigkeitscreme, die ich herausriss und einsteckte.
    Bestimmt hatte Henry sich unter einem anderen Namen angemeldet. Welcher konnte das sein? Mir fiel auf, wie wenig ich aus seinem Privatleben wusste. Eigentlich fast nichts, und auch das Gespräch bei unserem ersten Treffen war nicht gerade aufschlussreich gewesen.
    Das Einzige, worüber er in fast jedem Interview sprach, war der Roman, der ihm am meisten bedeutete. Egal, ob er danach gefragt wurde oder nicht, Unterm Ahorn erwähnte er immer. Er hatte dem Helden aus diesem Roman sogar mal einen seiner anderen Romane gewidmet. Also ging ich wieder zur Rezeption und sagte:
    »Suchen Sie noch mal unter dem Namen Santos. Graham Santos. « Diesmal musste er gar nicht im Computer nachsehen, griff gleich zum Telefon, fragte:
    »Wen darf ich melden?« »Ich bin seine Verlegerin.«
    Er sagte es, nickte und legte auf.
    »Zimmer 3303, die Fahrstühle für die oberen Etagen sind dort hinten.«
    Ich drehte mich um und lief auf eine Fahrstuhlkabine zu, die mit offenen Türen wartete. Ich drückte die 33, dann hektisch auf den Knopf mit den zwei zueinander zeigenden Pfeilen, in der Hoffnung, dass die Tür sich ein wenig schneller schloss, bevor noch jemand anders kam. Endlich schlossen sich die Türen und öffneten sich wenig später auf Henry LaMarcks Etage.
    Als ich vor seiner Tür stand und die Hand zum Klopfen erhob, riss er die Tür bereits auf. Das Bitte-nicht-stören-Schild wehte von der Klinke. Henry stand mir gegenüber, unrasiert und mit nichts bekleidet als einem Bademantel und einer verspiegelten Sonnenbrille. Er sah grässlich aus. Nicht nur die Haare, auch das Gesicht war nun grau. Mehr denn je hatte ich das Gefühl, das Richtige getan zu haben. Er brauchte meine Hilfe.
    »Sie?«
    »Ja. Warum nicht?«
    »Was wollen Sie?« Offensichtlich hatte er nicht vor, mich reinzubitten. So standen wir einander gegenüber, er in der Tür und ich auf dem Flur.
    »Ich würde gern kurz mit Ihnen reden«, sagte ich.
    »Ich bin gerade ... «, er zögerte. Da auch ich nichts sagte, setzte er den Satz nach einer Weile fort: » ... nicht zu sprechen.«
    »Sie können doch reden.« Ich spürte, dass meine Stimme

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